Pezeshkians offene Worte – und der Zorn der Hardliner: Irans Präsident bricht das Tabu der Schwäche

Pezeshkians offene Worte – und der Zorn der Hardliner: Irans Präsident bricht das Tabu der Schwäche


Mit einem selten scharfen und selbstkritischen Ton sprach Irans Präsident Masoud Pezeshkian über Wasserknappheit, Wirtschaftskrise und den Zwang zum Hidschab. Noch brisanter: Er warf den Hardlinern vor, den Weg zu neuerlicher US-Aggression zu ebnen – und provozierte damit den Aufschrei der Revolutionsgarden.

Pezeshkians offene Worte – und der Zorn der Hardliner: Irans Präsident bricht das Tabu der Schwäche

In einer politischen Landschaft, in der offene Selbstkritik als Verrat gilt, hat Irans Präsident Masoud Pezeshkian am Sonntag einen rhetorischen Tabubruch begangen. Seine Rede, gehalten vor einem Publikum, das an Durchhalteparolen gewöhnt ist, klang wie ein Katalog der Staatskrisen: Wasserknappheit, Stromausfälle, Gasmangel, galoppierende Inflation. „Wo haben wir keine Probleme?“, fragte er sarkastisch – und stellte damit öffentlich die Regierungsbilanz in Frage, obwohl er selbst an ihrer Spitze steht.

Doch nicht die Wirtschafts- und Infrastrukturprobleme brachten die politischen Gegner in Rage, sondern zwei andere Punkte: seine deutliche Ablehnung einer erzwungenen Hidschab-Pflicht und seine Warnung vor einer Konfrontationspolitik gegenüber den USA und Israel. „Man kann Frauen nicht zwingen, den Hidschab zu tragen – ebenso wenig, wie man sie zwingen kann, ihn nicht zu tragen“, erklärte er. Das mag im Westen wie eine Selbstverständlichkeit klingen, in Teheran jedoch ist es ein direkter Affront gegen jene, die den Schleier zur ideologischen Kampfansage erhoben haben.

Pezeshkian betonte, seine Haltung stehe im Einklang mit den Grundlinien des Obersten Führers Ali Khamenei – eine Formulierung, die in der iranischen Politik oft als Schutzschild dient. Tatsächlich jedoch sprachen seine Worte die Sprache eines Politikers, der die gesellschaftliche Spannung zu entschärfen sucht, bevor sie in neuerlichen Massenprotesten explodiert. Die Erinnerung an den landesweiten Aufstand von 2022/23, ausgelöst durch den Tod von Mahsa Amini, ist noch frisch – und die Sicherheitskräfte wissen, dass die nächste Zündschnur kürzer sein könnte.

Besonders deutlich wurde Pezeshkian in der außenpolitischen Passage seiner Rede. An die Hardliner gerichtet, die Verhandlungen mit den USA ablehnen, fragte er: „Ihr wollt nicht reden – was wollt ihr dann? Wollt ihr Krieg? Trump kam und griff uns an. Wenn ihr die Anlagen wieder aufbaut, kommt er oder sein Nachfolger und greift erneut an.“ Die Botschaft war klar: Eine Politik, die allein auf Konfrontation setzt, riskiert nicht nur militärische Schläge, sondern auch den wirtschaftlichen und politischen Ruin.

Die Reaktion der konservativen Lager ließ nicht auf sich warten. Die Nachrichtenagentur Tasnim, Sprachrohr der Revolutionsgarden, warf Pezeshkian vor, „Schwäche zu zeigen“ und damit „die nationalen Interessen zu gefährden“. In der iranischen Machtarithmetik gilt bereits das Eingeständnis, dass man Probleme hat, als gefährlich – erst recht die Andeutung, dass man den Konflikt mit dem Westen vermeiden könnte.

Während der Präsident einen pragmatischeren Kurs andeutet, verdichten sich die Signale, dass Teheran und Washington möglicherweise in Oslo über das Atomprogramm sprechen wollen. Offiziell bestätigt wird nichts. Klar ist jedoch: Die inneriranische Auseinandersetzung zwischen Verhandlern und Konfrontationspolitikern wird härter – und Pezeshkian hat sich mit seiner Rede noch weiter aus dem Schutzraum der Zweideutigkeit herausgewagt.

Sein Problem: Wer in Teheran zu laut sagt, dass das System Risse hat, wird schnell selbst zum Riss in der Fassade. Und Hardliner sind geübt darin, solche Risse zu schließen – notfalls mit politischem oder persönlichem Beton.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Khamenei.ir, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=150832367


Montag, 11 August 2025

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