Iran schlägt zu: Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi erneut brutal misshandelt und verschlepptIran schlägt zu: Nobelpreisträgerin Narges Mohammadi erneut brutal misshandelt und verschleppt
Die iranische Menschenrechtsikone wurde in Maschhad von zivil gekleideten Sicherheitskräften zusammengeschlagen und abgeführt. Die Gewalt ist ein politisches Signal – und richtet sich ausdrücklich gegen ihre angebliche „Nähe zu Israel“.
Was sich am Wochenende in Maschhad ereignet hat, markiert selbst nach iranischen Maßstäben eine neue Eskalation. Die Friedensnobelpreisträgerin wurde im Umfeld einer Gedenkveranstaltung schwer misshandelt, mit Schlagstöcken attackiert und unter Todesdrohungen festgenommen. Über Tage wusste niemand, wo sie sich befindet – bis sie ihrer Familie in einem kurzen, erschöpft klingenden Telefonat schildern konnte, was man ihr angetan hat.
Der Angriff erfolgte im Umfeld einer Trauerzeremonie für den Menschenrechtsanwalt Khosro Alikordi, dessen Tod sie öffentlich als „verdächtig“ bezeichnet hatte. Augenzeugen berichten von rund fünfzehn Männern in Zivil, die sie am Kopf, am Hals und am Oberkörper trafen, ihr an den Haaren rissen und sogar Tränengas einsetzten. Anschließend verschwand sie in den Händen eines unbekannten Sicherheitsdienstes – ohne Angabe von Gründen, ohne Haftbefehl, ohne Transparenz. Sie wurde nach Angaben der Familie zweimal in ein Krankenhaus gebracht, weil die Schläge so schwer waren, dass ihr Zustand sich verschlechterte.
Besonders perfide ist der Vorwurf, mit dem man sie zum Schweigen bringen will: „Zusammenarbeit mit Israel“. Wer das iranische Regime kennt, erkennt darin ein altbekanntes Muster. Immer dann, wenn Teheran Kritik, Mut oder Wahrheit bestrafen will, greift es zu der gleichen Konstruktion – angebliche Spionage, angebliche Kollaboration, angebliche Unterwanderung durch den „Feind“. Der Antisemitismus des Regimes ist fester Bestandteil seines Machtapparats. Dass nun sogar eine international ausgezeichnete Menschenrechtlerin als Werkzeug eines äußeren Feindes diffamiert wird, zeigt, wie tief dieser Reflex sitzt.
Mohammadi hatte bereits Monate zuvor berichtet, dass Vertreter eines Sicherheitsdienstes offen gedroht hätten, sie „physisch zu beseitigen“. Nun scheint diese Drohung beunruhigend real geworden zu sein. Nach Angaben ihrer Anwälte wissen sie nicht, wer sie festhält oder in welche Haftanstalt sie gebracht wurde – ein in Iran bekanntes Vorgehen, das Menschen gezielt verschwinden lässt, um Kontrolle, Angst und Isolation zu erzeugen.
Die Justiz in Maschhad rechtfertigte den Übergriff mit der Behauptung, die Aktivistin habe bei der Zeremonie „provokative Äußerungen“ gemacht und „normenbrechendes Verhalten“ unterstützt. In der Sprache des Regimes genügt das, um Härte zu legitimieren. Wer für Frauenrechte eintritt, wer Folter anprangert, wer Hinrichtungen dokumentiert, wer das Mullah-System infrage stellt, gilt automatisch als Gefährdung der öffentlichen Ordnung.
Mohammadi ist seit Jahrzehnten eine der unerschrockensten Stimmen gegen die Todesstrafe und die systematische Unterdrückung von Frauen. Ihr Einsatz hat sie unzählige Haftstrafen gekostet, getrennt von ihren Kindern, ihrer Familie und ihrem eigenen Leben. Dass sie 2023 den Friedensnobelpreis erhielt, während sie in Haft saß, war ein weltweites Signal – doch offenbar keines, das Teheran beeindruckt hat.
Der jetzige Angriff folgt einem erkennbaren Muster: Gewalt, Einschüchterung, Verschwindenlassen. Und immer wieder die gleiche Botschaft: In Iran darf niemand hoffen, dass internationale Anerkennung Schutz bietet. Das Regime straft sogar besonders jene, die außerhalb des Landes als moralische Instanz angesehen werden. Die Brutalität, mit der Mohammadi behandelt wurde, ist deshalb nicht nur ein Angriff auf eine einzelne Frau, sondern ein Statement nach innen und außen: Widerstand wird gebrochen. Kritik wird kriminalisiert. Und wer auf Menschenrechte besteht, wird zum Staatsfeind erklärt.
In diesen Tagen, in denen iranische Einflussnetze global für Unruhe sorgen und Ermittlungen zu Terrorstrukturen in mehreren Ländern laufen, wirkt der Vorwurf „Nähe zu Israel“ zusätzlich politisch kalkuliert. Er soll das gewünschte Feindbild bestätigen und gleichzeitig jeden möglichen Dialog über die Lage im Land vergiften. Was Mohammadi erlebt hat, sind nicht nur Schläge eines Schlägertrupps – es ist die Gewalt eines Staates, der seine Legitimität längst verloren hat und sich nur noch durch Angst behauptet.
Die Familie fordert nun eine internationale Intervention, die Freilassung der Aktivistin und eine unabhängige Untersuchung der Gewalt. Doch die Erfahrung lehrt: Ohne öffentlichen Druck, ohne unnachgiebige Aufmerksamkeit und ohne klaren politischen Willen wird das Regime diese Fälle im Dunkeln halten. Mohammadi selbst hat in ihrem kurzen Telefonat gesagt, sie wisse nicht, wie lange sie durchhält. Die Verantwortung liegt nun bei einer Welt, die oft zusieht – und zu oft vergisst, wie hoch der Preis für Menschenrechte andernorts ist.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von VOA - Voice of America, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=138544173
Dienstag, 16 Dezember 2025