Machtkampf in Irans Führung: Parlamentspräsident deutet mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Peseschkian anMachtkampf in Irans Führung: Parlamentspräsident deutet mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Peseschkian an
Steigende Preise, wachsender Frust und ein offener Machtkampf in Teheran.
Irans Parlamentspräsident erhöht den Druck auf Präsident Peseschkian und bringt eine Amtsenthebung ins Spiel.
In Teheran verdichten sich die Zeichen eines offenen Machtkampfs. Irans Präsident Masoud Peseschkian sieht sich nur wenige Monate nach Amtsantritt massivem politischem Gegenwind ausgesetzt. Auslöser ist die dramatische wirtschaftliche Lage des Landes, doch hinter den Kulissen geht es um weit mehr als Preise für Brot, Benzin und Grundnahrungsmittel.
Parlamentspräsident Mohammad Bagher Ghalibaf ließ in ungewöhnlich scharfen Worten durchblicken, dass das Parlament seiner Verantwortung nachkommen müsse, falls die Regierung die wirtschaftliche Krise nicht in den Griff bekomme. In der politischen Sprache der Islamischen Republik ist das ein klares Signal. Die Möglichkeit eines Amtsenthebungsverfahrens steht erstmals offen im Raum.
Offiziell richtet sich die Kritik gegen die explodierenden Lebenshaltungskosten, die sinkende Kaufkraft und die wachsende soziale Unruhe. Inoffiziell geht es um Schuldzuweisungen und Machtverschiebungen. Ghalibaf versucht erkennbar, sich von der Mitverantwortung des Parlaments für die wirtschaftliche Misere zu lösen und den Präsidenten als Hauptverantwortlichen zu positionieren. Sollte es zu Reformen kommen, könnte das Parlament den Erfolg für sich reklamieren. Scheitert die Regierung, wäre der Weg für eine Absetzung bereitet.
Peseschkian, der ohne tief verankerte Netzwerke in den sicherheits- und machtpolitischen Zentren Irans antrat, steht dabei strukturell schwach da. Zwar gilt er als moderater Pragmatiker, doch seine politische Basis ist begrenzt. Viele Schlüsselressorts werden von Kräften dominiert, die ihm skeptisch oder offen ablehnend gegenüberstehen. Besonders konservative und radikale Abgeordnete sehen in ihm einen Präsidenten auf Zeit.
Der Druck richtet sich nicht nur gegen ihn persönlich, sondern auch gegen mehrere Minister seiner Regierung. Bereits im vergangenen Jahr wurde der Wirtschaftsminister aus dem Amt gedrängt. Nun geraten weitere Ressorts ins Visier, darunter Landwirtschaft, Verkehr, Industrie und Soziales. Auffällig ist, dass vor allem Minister unter Beschuss stehen, die als moderat oder reformorientiert gelten. Das deutet auf eine gezielte politische Strategie hin.
Im Hintergrund wirkt ein weiterer Faktor. Ghalibaf verlor die Präsidentschaftswahl gegen Peseschkian und gilt seither als einer der Verlierer des Machtwechsels. Viele Beobachter in Teheran sehen in seinem aktuellen Vorgehen den Versuch, sich frühzeitig für kommende politische Auseinandersetzungen neu zu positionieren. Verantwortung abstreifen, Distanz schaffen, Kontrolle demonstrieren. Das Parlament wird dabei zum Machtinstrument.
Entscheidend bleibt jedoch eine andere Figur. Ali Khamenei. Der oberste Führer bestimmt letztlich, wie weit ein solcher Machtkampf gehen darf. Noch gilt Peseschkian als jemand, der zumindest geduldet wird. Ohne ein klares Signal aus diesem Zentrum der Macht ist eine tatsächliche Amtsenthebung kaum denkbar. Doch die offene Drohung allein schwächt den Präsidenten spürbar.
Für die iranische Bevölkerung ist dieser Machtkampf ein weiteres Zeichen politischer Instabilität. Viele Menschen erleben täglich, dass ihr Einkommen an Wert verliert, während politische Eliten um Zuständigkeiten streiten. Vertrauen in staatliche Institutionen entsteht so nicht. Im Gegenteil. Die wachsende Kluft zwischen Führung und Gesellschaft vertieft sich weiter.
Der Konflikt zeigt auch die strukturellen Grenzen des iranischen Systems. Präsidenten tragen Verantwortung für Wirtschaft und Alltag, verfügen aber nur über eingeschränkte Machtmittel. Parlamente und Sicherheitsapparate können Druck ausüben, ohne selbst zur Rechenschaft gezogen zu werden. Dieses Ungleichgewicht prägt die aktuelle Auseinandersetzung.
Ob es tatsächlich zu einem Amtsenthebungsverfahren kommt, bleibt offen. Schon jetzt aber hat die Drohung ihren Zweck erfüllt. Peseschkian ist politisch geschwächt, seine Regierung steht unter Dauerbeschuss, und die wirtschaftliche Krise wird zum Hebel eines Machtkampfs, der weit über Sachfragen hinausgeht.
Iran erlebt damit erneut, wie innere Rivalitäten das Land lähmen, während die grundlegenden Probleme ungelöst bleiben. Für die Menschen im Land bedeutet das vor allem eines. Weitere Unsicherheit.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Mehr News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=164832542
Freitag, 26 Dezember 2025