Irans Satellitenstart ist eine Machtdemonstration gegen Jerusalem und WashingtonIrans Satellitenstart ist eine Machtdemonstration gegen Jerusalem und Washington
Kurz vor dem Treffen von Israels Premierminister mit dem US Präsidenten schickt Teheran neue Satelliten ins All. Der Schritt ist weniger technisch als politisch gemeint und wirft Fragen nach Irans strategischen Absichten nach dem Juni Krieg auf.
Mit auffälligem Timing hat der Iran am Sonntag drei neue Satelliten ins All gebracht. Der Start erfolgte von einem russischen Weltraumbahnhof und fiel exakt in die Phase, in der Israels Premierminister Benjamin Netanyahu auf dem Weg nach Washington ist, um mit US Präsident Donald Trump über die iranische Bedrohung und die sicherheitspolitische Lage im Nahen Osten zu sprechen. In Jerusalem wird dieser Schritt nicht als Zufall gewertet, sondern als bewusste Machtdemonstration Teherans.
Nach israelischer Einschätzung sollen die mehrfach vorab angekündigten Starts signalisieren, dass sich die Islamische Republik weder einschüchtern noch strategisch zurückdrängen lässt. Der Iran wolle zeigen, dass er trotz der militärischen Auseinandersetzung im Juni und der massiven Schäden an seinem Atomprogramm weiterhin handlungsfähig ist. Die Botschaft richtet sich gleichermaßen an Israel wie an die Vereinigten Staaten.
Vor dem Juni Krieg hatte Teheran in den vergangenen Jahren eine ganze Reihe von Satellitenstarts durchgeführt. Teilweise eigenständig, teilweise in enger Kooperation mit Moskau. In Israel und den USA galten diese Programme lange als hochgefährlich, da sie als sogenannte Dual Use Technologie verstanden wurden. Raketen, die Satelliten in den Orbit bringen können, sind technisch eng verwandt mit Trägersystemen für Interkontinentalraketen.
Nach dem Krieg bleibt die Bedeutung offen
Die strategische Ausgangslage hat sich jedoch verändert. Israels Militärschläge im Juni haben Irans Nuklearprogramm schwer getroffen. Nach westlichen und israelischen Einschätzungen liegt es weitgehend brach. Seit Monaten gibt es keine belastbaren Hinweise auf ernsthafte Fortschritte beim Wiederaufbau. Genau deshalb ist die Bedeutung der neuen Satellitenstarts weniger eindeutig als früher.
Dennoch sehen israelische Sicherheitskreise mindestens drei potenzielle Gefahren. Erstens könnte der Iran unabhängig vom eingefrorenen Atomprogramm seine Raketentechnologie weiterentwickeln. Fortschritte bei Trägersystemen würden bedeuten, dass Teheran im Falle einer späteren Rückkehr zum Nuklearprogramm schneller über einsatzfähige Langstreckenraketen verfügen könnte.
Zweitens hat der Iran zwischen April 2024 und Juni dieses Jahres Israel mit mehreren massiven Salven ballistischer Raketen angegriffen. Diese Angriffe haben das Bewusstsein für die konventionelle Raketenbedrohung geschärft, ganz unabhängig von nuklearen Fragen. Sollte der Iran seine Fähigkeiten im Bereich sehr großer Reichweiten ausbauen, könnte diese Bedrohung künftig auch Westeuropa und langfristig sogar die Vereinigten Staaten erreichen.
Der dritte Aspekt betrifft die Aufklärung. Satelliten dienen nicht nur der Forschung, sondern auch der Beobachtung. In Kombination mit Russland könnte der Iran seine Fähigkeit zur militärischen Überwachung erheblich verbessern. Für Israel wäre das besonders sensibel. Ein entscheidender Vorteil Jerusalems im Juni Krieg lag in der präzisen Aufklärung durch eigene Überwachungssatelliten.
Mehr Risiko für Israel bei künftigen Konflikten
Sollte es Teheran gelingen, diesen Rückstand zu verringern, würde sich das Kräfteverhältnis in einem zukünftigen Konflikt spürbar verschieben. Mehr iranische Aufklärung würde mehr Verwundbarkeit für Israel bedeuten. Militärische Bewegungen, Stellungen und Vorbereitungen könnten leichter erkannt werden. Das Risiko für israelische Soldaten und Zivilisten würde steigen.
Nach Angaben des Leiters des iranischen Weltraumforschungsinstituts Vahid Yazdanian handelt es sich bei den gestarteten Satelliten um Paya, Zafar 2 und einen zweiten Prototyp des Kowsar Systems. Sie seien von privaten Unternehmen entwickelt worden und gehörten zur wachsenden iranischen Satellitenflotte. Die Geräte sollen in einen niedrigen Erdorbit von etwa 500 Kilometern gebracht werden und Bilddaten mit einer Auflösung von bis zu unter fünf Metern liefern.
Auch wenn diese Zahlen technisch beeindrucken mögen, relativieren israelische Experten ihre Bedeutung. Bereits 2022 hatte der frühere Leiter des israelischen Raumfahrtprogramms, Generalmajor a D Isaac Ben Israel, darauf hingewiesen, dass hochauflösende Satellitenbilder heute weltweit kommerziell verfügbar sind. Für vergleichsweise geringe Summen lassen sich Bilder erwerben, die deutlich präziser sind als das, was der Iran selbst ins All bringt.
Russlands Rolle bleibt ein Unsicherheitsfaktor
Unterschätzt wird jedoch ein anderer Punkt. Die enge Kooperation zwischen Moskau und Teheran. Bereits 2022 hatte ein russischer Sojus Träger einen iranischen Aufklärungssatelliten ins All gebracht. Damals wuchsen in Israel und im Westen die Sorgen, Russland könne dem Iran nicht nur Startkapazitäten, sondern auch fortschrittliche Technologie zur Verfügung stellen. Berichte über mögliche russische Kamerasysteme mit hoher Auflösung sorgten in Jerusalem für Alarm.
Für Israel geht es daher weniger um einzelne Satellitenstarts als um die strategische Richtung. Der Iran versucht, trotz militärischer Rückschläge seine Fähigkeiten langfristig zu sichern und auszubauen. Der aktuelle Start ist ein politisches Signal der Trotzreaktion, aber auch ein Hinweis darauf, dass Teheran strategisch denkt und Geduld hat.
Das Treffen zwischen Netanyahu und Trump erhält vor diesem Hintergrund zusätzliches Gewicht. Es geht nicht nur um das beschädigte iranische Atomprogramm, sondern um die Frage, wie Israel und die USA verhindern können, dass der Iran auf anderen Wegen wieder strategisch Boden gutmacht. Der Blick richtet sich dabei zunehmend nach oben, in den Orbit.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Fars Media Corporation, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=99492660
Montag, 29 Dezember 2025