Liebe Leserinnen und Leser,

haOlam.de arbeitet ohne Verlag und ohne institutionelle Unterstützung.
Damit wir unsere Berichterstattung auch 2026 fortführen können, müssen wir bis Jahresende 6.000 Euro erreichen - ideal wären 10.000 Euro. Uns bleiben nur wenige Tage. Jede Unterstützung zählt jetzt besonders. Kontakt bei Fragen: kontakt@haolam.de
Kaution statt Freiheit: Irans Regime lässt junge Aktivistin frei und hält ihre Mutter als Geisel

Kaution statt Freiheit: Irans Regime lässt junge Aktivistin frei und hält ihre Mutter als Geisel


20 Jahre alt, sechs Wochen Isolationshaft, Foltervorwürfe und eine Kaution in astronomischer Höhe. Der Fall Bita Shafiei zeigt, wie das iranische Regime Angst, Familie und Justiz als Waffen einsetzt.

Kaution statt Freiheit: Irans Regime lässt junge Aktivistin frei und hält ihre Mutter als Geisel

Nach anderthalb Monaten Haft hat das iranische Regime die junge Aktivistin Bita Shafiei gegen eine Kaution von vier Milliarden Toman freigelassen, umgerechnet rund 760.000 US Dollar. Von Freiheit kann jedoch keine Rede sein. Ihre Mutter, Maryam Abbasi-Nikoo, sitzt weiterhin im Gefängnis. Für viele iranische Aktivisten ist klar: Die Mutter dient als Druckmittel, um die Tochter zum Schweigen zu bringen.

Shafiei wurde am 13. November in Shahinshahr im Zentraliran von Sicherheitskräften festgenommen. Ihr „Vergehen“ bestand darin, regimekritische Videos zu veröffentlichen und offen ihre Unterstützung für Reza Pahlavi zu bekunden. Wenige Tage später wurde auch ihre Mutter verhaftet, nachdem Einheiten der Revolutionsgarden das Haus der Familie durchsucht hatten.

Beide Frauen wurden in das Dowlatabad Gefängnis in Isfahan gebracht, wo sie nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten monatelangem Standardrepertoire der Islamischen Republik ausgesetzt waren. Isolationshaft, psychischer Druck, Verhöre durch Geheimdienstoffiziere. Berichte sprechen von Folter und dem Versuch, erzwungene Geständnisse zu inszenieren.

Besonders erschütternd sind die Drohungen, die Ermittler laut einer Quelle aus dem Umfeld der Familie ausgesprochen haben sollen. Der Mutter wurde angedroht, ihren jüngeren Sohn zu töten und dessen Leiche in der Wüste zu entsorgen, falls sie sich weigere, vorbereitete Aussagen zu unterschreiben. Bita Shafiei selbst soll man gedroht haben, ihr ins Bein zu schießen und anschließend zu behaupten, sie habe einen Fluchtversuch unternommen.

Solche Methoden sind kein Ausnahmefall, sondern Teil eines Systems. Seit der islamischen Revolution von 1979 nutzt das Regime Geständnisse unter Zwang als propagandistisches Instrument. Prozesse werden choreografiert, Schuld vorgegeben, Wahrheit ersetzt durch Einschüchterung.

Während ihrer Haft wurde Shafiei 20 Jahre alt. Wochenlang gab es kein Lebenszeichen von ihr. Diese Ungewissheit löste innerhalb Irans und in der Diaspora Empörung aus. Unter dem Hashtag „Free Bita“ formierte sich eine internationale Kampagne. Reza Pahlavi sprach von einem verzweifelten Regime, das junge Frauen entführt, um seine eigene Schwäche zu kaschieren.

Shafieis Fall steht exemplarisch für eine Generation iranischer Frauen, die nicht bereit ist, sich einschüchtern zu lassen. Bereits 2023 war sie festgenommen worden, als sie gegen mysteriöse Giftanschläge auf Schulen protestierte. Damals berichtete sie von Folter, unter anderem von gebrochenen Fingern während eines Verfahrens.

In einem Video, das nach ihrer früheren Freilassung verbreitet wurde, sagte sie, das Regime lebe von Angst und Schweigen. Ohne internationale Aufmerksamkeit, warnte sie, zögere es nicht, extreme Gewalt anzuwenden.

Die Freilassung gegen Kaution ändert daran nichts. Die Summe ist so hoch, dass sie nicht nur wirtschaftlich ruinös wirkt, sondern eine klare Botschaft sendet. Jede weitere Stimme des Protests hat einen Preis. Gleichzeitig bleibt die Mutter in Haft, als ständige Mahnung, was auf dem Spiel steht.

Für Beobachter ist der Fall Shafiei ein weiteres Beispiel dafür, wie der iranische Staat Justiz, Familie und Terror miteinander verknüpft. Die junge Aktivistin ist vorerst aus dem Gefängnis entlassen, aber nicht frei. Solange ihre Mutter festgehalten wird, bleibt jede ihrer Bewegungen, jedes Wort, jede öffentliche Äußerung unter dem Schatten der Erpressung.

Der Westen spricht derweil weiter von Diplomatie. In iranischen Gefängnissen wird täglich gezeigt, was diese Diplomatie wert ist.


Autor: Redaktion
Bild Quelle:


Montag, 29 Dezember 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.
empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion
Newsletter


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage