1948 zum Sterben zurückgelassen: Die Schlacht, die Arik Scharon prägte

1948 zum Sterben zurückgelassen: Die Schlacht, die Arik Scharon prägte


1948 zum Sterben zurückgelassen: Die Schlacht, die Arik Scharon prägte

von Mitch Ginsburg, The Times of Israel

Bataillon Kommandeur Scharon, 20, wäre ohne dem Heldenmut eines 16 Jahre alten Soldaten gestorben; jener war selbst verwundet, aber er brachte Scharon dennoch durch das Schlachtfeld von Latrun in Sicherheit

Der prägende Moment in Ariel Scharons Leben trat im Mai 1948 ein; aber es war nicht die Unabhängigkeitserklärung, sondern die erste Schlacht um Latrun, 11 Tage später, bei der er zum Sterben zurückgelassen wurde.

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Palästinenser bereits seit einem halben Jahr gegen die Juden Krieg geführt. Die arabischen Streitkräfte kontrollierten die Hänge entlang der Straße nach Jerusalem, sie blockierten die Lieferung von Waren nach Jerusalem, nur ab und zu gelang es einem Konvoi mit Nahrung und Wasser durchzukommen. Der Weg zur Hauptstadt wurde von jordanischen Truppen und palästinensischen Milizen von der strategisch wichtigen hoch über der Straße von Tel Aviv nach Jerusalem gelegenen Ortschaft Latrun und der daneben liegenden Festung kontrolliert. (Anm.: Die britische Armee hatte am 14. Mai 1948 die Festung bei Latrun den Arabern übergeben.)
Die Aufgabe (Anm.: Eroberung der Festung) wurde der 7. Brigade der Haganah gegeben, einer neu gebildeten Einheit, in der vorwiegend Holocaust Überlebende dienten, von denen einige niemals zuvor eine Waffe abgefeuert hatten. Scharon, der damals noch unter dem Namen Scheinermann bekannt war, befehligte den 1. Zug der B Kompanie des 32. Bataillons, der einzigen kampferprobten Streitmacht der Brigade.

Am Nachmittag des 25. Mai lagerte er im Schatten eines Olivenhains und schrieb einen Brief an seine Eltern, der Jahre später in Ram Orens Bericht über die Kämpfe um Latrun veröffentlicht wurde: “Mein Zug und ich faulenzen in einem Olivenhain, so verbringen wir die Hitze des Tages, und denken Gedanken, wie man sie vor der Schlacht denkt, unauffällig neben den vom Wasser geglätteten Steinen und der Erde, fühlen wir uns als Teil des Landes: ein verwurzeltes Empfinden, das Empfinden eines Zuhauseseins, des Zugehörens, des Besitzes. Plötzlich hielt ein Lastwagenkonvoi neben uns an und neue ausländisch aussehende Rekruten stiegen aus. Sie sahen blässlich aus und trugen Pullunder, gestreifte Hemden, graue Hosen. Ein Strom fremder Sprachen erfüllte die Luft, Namen wie Herschel und Yazek, Jan und Maitek wurden gerufen. Sie stachen hervor gegen den Hintergrund der Oliven, Felsen und gelben Getreidefelder. Sie waren zu uns gekommen durch die versperrten Grenzen, aus Europas Todeslagern.”

[Veröffentlicht in "Ariel Sharon: A Life," einer Biographie von 2006.]

Ursprünglich war den Angriff für Mitternacht geplant, doch Streitereien der Kommandeure während der dunklen Stunden der Nacht führten dazu, dass die Truppen erst um 4 Uhr Morgens auf das Feld hinaus gesandt wurden. Der 20 Jahre alte Scharon führte das Bataillon in den Kampf.

Die Einheit schritt durch den Nebel und die Weizenfelder und geriet prompt in Beschuss durch die Jordanier. Denn kurz nach fünf Uhr Morgens, “innerhalb eines Momentes” wich der nebelige Dunst vor der aufgegangenen Sonne “mit erstaunlicher Schnelle,” und mehrere hundert Mann fanden sich isoliert auf einem offenen Flecken Erde. Der Olivenhain oberhalb auf dem Latrun Hügel “sah aus, als ob er Feuer spucken würde.”

Scharon leitete den Zug Soldaten zu einer schmalen Einbuchtung in der Erde, die nur sehr wenig Schutz bot, und führte eine Bestandsaufnahme durch: sein Sergeant war verwundet worden. Das Radio der Einheit hatte eine Kugel abbekommen und funktionierte nicht mehr. Keiner von ihnen hatte Wasser, da man die Feldflaschen vor der Schlacht noch nicht gefunden hatte, und hinter ihnen brannten die Weizenfelder im Feuer der Artillerie. Vor ihnen knallte das Feuer der Maschinengewehre der jordanischen Truppen durch die Rauchschwaden.

Sie waren in der Falle.

Die geringste Bewegung von Mitgliedern der ersten Einheit bewirkte feindliches Feuer. Auf Soldaten, die sich unvorsichtig bewegten, wurde geschossen und dann wurden sie zurück gezogen zu einer kleinen Senke, wo sich ein Wasserrinnsal rot von ihrem vergossenen Blut färbte. Fliegen und Mücken stürzten sich auf die Verwundeten. Jordanische Beduinen Soldaten rannten aus dem Olivenhain und begannen mit frontalen Angriffen. Erst, wenn sie innerhalb von 40 Yard (Anm.: 36,6 Meter) Nähe waren, und erst, wenn die Haganah Soldaten die Rufe hörten: Itbah al-Yahud, Tötet die Juden, eröffneten sie Feuer, und schlugen so Welle nach Welle der arabischen Offensive zurück.

Um ein Uhr am Nachmittag war die Hälfte der Soldaten tot und beinahe alle übrigen Soldaten waren verwundet; und Scharon, der in die Schlacht mit einem Arm in Gips gegangen war, hatte eine Schusswunde im Unterleib. “Ich hatte mich erhoben, um zu sehen, was vor sich ging, als ich merkte, dass etwas in meinen Magen schlug und mich zurückwarf. Ich hörte meinen Mund ausrufen: ‘Imah’ – Mutter, und in dem Moment, da ich dies ausrief, schaute ich mich auch schon um, um zu sehen, ob das irgendjemand gehört hatte,” schrieb er in “Warrior.”

Ein wenig später an diesem Nachmittag eröffnete die israelische Seite im Hintergrund das Feuer, und Scharon, der vom Rest der Streitmacht völlig abgeschnitten war, sagte seinen Männern, dass sie sich für den Angriff vorbereiten sollten. Aber als er über seine Schulter zurückblickte, sah er, wie sehr er sich geirrt hatte; denn das Artilleriefeuer hatte der Brigade den Rückzug ermöglicht.

Und nun waren die Hügel hinter ihm, dort, wo zuvor das 72. Bataillon die Seitenflanke bewacht hatte, voller palästinensischer Dorfbewohner. “Ich schaute zurück und sah, dass ich die plötzliche Stille falsch ausgelegt hatte,” schrieb er 1998 in einem Artikel für

Yedioth Ahronoth, der in den Memoiren seines Sohnes Gilad, ‘Sharon: The Life of a Leader’ abgedruckt wurde. “Der gesamte Berghang war voller arabischer Dorfbewohner. Sie schlachteten unsere Verwundeten ab, diejenigen, die von den anderen Einheiten auf dem Feld zurückgelassen worden waren.”

“Alle um mich herum,” fuhr er fort, “die Toten und die Verwundeten, alle Freunde, alle aus der Scharon Gegend, die meisten aus einem einzigen Dorf, die Menschen, mit denen ich aufgewachsen bin, hier waren sie, direkt vor mir, in diesem schrecklichen Feld, dem Tod nahe, und es gab nichts, das ich für sie tun konnte.”

Einer von ihnen, Simcha Pinchasi, war in beiden Beinen getroffen worden und konnte nicht gehen. Er hatte den ganzen Tag das Maschinengewehr bemannt. “Mit einem Blick und einem raschen Nicken, zeigte er an, dass er den Rückzug decken würde,” schrieb Scharon. “Aber Arik,” sagte er zu mir, “bevor du gehst, gebe mir eine Handgranate.” Ich reichte sie ihm mit dem Wissen, dass es keine Hoffnung gab, nicht für ihn und höchstwahrscheinlich auch nicht für den Rest von uns. Da war keiner, den ich bitten konnte, ihn zu tragen, genauso, wie niemand da war, der mich tragen konnte. Ich blickte auf meine Verwundeten. Ich wusste, ich sah sie die letzte Zeit. Ich wusste, sie würden abgeschlachtet werden. Ich gab den Befehl. Zum ersten und zum letzten Mal in meinem Leben als Kommandeur gab ich den Befehl: Rückzug, Rückzug und lasst die Verwundeten auf dem Feld.

“Da war keine andere Wahl. Ich musste die wenigen retten, die noch am Leben waren. Ich lag da, gequält von Schmerzen. Die wenigen, die sich noch fortbewegen konnten, gingen an mir vorbei. “Sollen wir dich auch hier zurücklassen?” Ja, mich auch. Ich sah die Augen derer, die flohen. Die waren voller Schick und Sorge, voll unermesslichem Schmerz. Dieser Blick begleitet mich bis zu diesem Tag, immer.”

Schließlich, nachdem er den Rückweg gewiesen hatte, und sich von Pinchasi verabschiedet hatte, machte sich Scharon selbst auf den Weg, indem er seinen Körper über die schwelende Erde zog. In dem Wissen, dass es ihm nicht gelingen würde, eine einzige der felsigen Terrassen zu überqueren, zog er sich weiter, wobei “die Geräusche des Plünderns und Abschlachtens, das die arabischen Zivilisten (Anm.: aus den umliegenden Dörfern) ausführten, wie Schläge gegen meine Ohren dröhnten.”

Yakov Bugin, ein 16 Jahre alter Soldat unter seinem Befehl, der gerade erst der Einheit zugeteilt worden war, und der selbst in den Kiefer geschossen worden war und dem ein großer Teil seines Gesichts fehlte, fand Scharon, wie dieser auf dem Rücken lag, die Augen geöffnet und zum Himmel gerichtet. Scharon, der den Namen des Soldaten nicht mehr wusste, sagte zu ihm: “Renne, flüchte, rette dich.”

Doch Bugin half ihm wortlos durch die höllenähnliche Umgebung, hob ihn über Terrassen und konnte sich auf Scharons unfehlbaren Ortsinstinkt verlassen, der sie zurück durch das Schlachtfeld führte.

“Wir hatten keine Wahl, wir mussten aufrecht durch das Feld gehen, in voller Sichtweite der bewaffneten arabischen Dorfbewohner,” Bugin berichtete dies Hefez und Bloom. “Sobald wir uns erhoben, konnten wir sehen, dass die Araber auf unsere Verwundeten direkt neben uns schossen. Sie sahen auch uns, aber sie waren beschäftigt, die Leichen zu plündern, so dass sie ihre Waffen nicht erhoben, um auf die zwei verwundeten, blutenden Soldaten zu schießen, die vorbei humpelten. … Alles, was sie hätten tun müssen, uns zu töten, wäre ihre Waffen auf ihre Schultern zu heben. Sie hätten nicht einmal zu uns herüber rennen müssen. So gingen Arik und ich auf unseren Weg durch das Feld, umgeben von Arabern, bis wir uns schließlich von ihnen entfernten. Es war günstig, dass Arik die Gegend gut kannte und dass er Ferngläser hatte, die uns halfen, das Gebiet zu finden, wo die verwundeten Soldaten sich sammelten.”

So ging es stundenlang weiter, bis Scharon in dem Moment das Bewusstsein verlor, als er den Jeep erblickte, der sie dann in Sicherheit bringen würde.

Aber er hatte diese Erfahrung nicht vergessen. Als Kommandeur der Fallschirmtruppen und der Einheit 101, Israels erster echter Eliteeinheit, machte er es zur eisernen Vorschrift, dass die Verwundeten niemals auf dem Feld zurückgelassen werden durften.

Als er im September 2001 als erster Premierminister des Likud sagte, dass Israel “den Palästinensern etwas geben wollte, was niemand sonst jemals für sie getan hat: die Gelegenheit einen eigenen Staat zu errichten,” sagte er dies nicht zufälligerweise in Latrun.

 

Übersetzung von Renate, für unseren Partnerblog Aro1.com - Foto:

 

Übersetzung: Renate, für unseren Partnerblog Aro1.com - Foto: Ariel Scharon 1948 als Kämpfer der haGanah (Foto: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b4/Sharon22.jpg)

 

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Autor: fischerde
Bild Quelle:


Mittwoch, 15 Januar 2014

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