Die Fata Morgana eines internationalen Jerusalem

Die Fata Morgana eines internationalen Jerusalem


Wie die Idee von Jerusalems Status als „internationaler Stadt“ in zahllose UNO-Resolutionen und Außenpolitik eingebettet wurde und warum sie völlig ohne Grundlage ist.

Die Fata Morgana eines internationalen Jerusalem

Von Michel Gurfinkel, Mosaic

Die Entscheidung der Vereinigten Staaten vom 6. Dezember 2017, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die amerikanische Botschaft von Tel Aviv dorthin zu verlegen, war eine der bedeutsamsten diplomatischen Handlungen, die je von einer US-Administration in Nahost-Angelegenheiten unternommen wurde. Und zwar derart, dass niemand glaubte Präsident Donald Trump würde es tatsächlich tun, bis er es tat.

Als er es machte, begrüßten es die meisten Israelis und proisraelischen Amerikaner oder waren positiv erfreut. Im Gegensatz dazu war die amerikanische politische Klasse, Republikaner wie Demokraten, fassungslos – obwohl der Präsident lediglich ein vom Gesetz gegebenes Mandat erfüllte, den Jerusalem Embassy Act, der einstimmig von beiden Häusern des Kongresses während der Präsidentschaft von Bill Clinton vor 22 Jahren, 1995, verabschiedet worden war, nur um von folgenden Weißen Häusern zwei Jahrzehnte lang wiederholt zurückgestellt zu werden. Altgediente Nahost-Arabisten im Außenministerium setzten hingegen ein strenges Gesicht auf und gehorchten.

Was folgte, war keine Überraschung. Die „internationale Gemeinschaft“, von der Vollversammlung der Vereinten Nationen bis zur Europäischen Gemeinschaft, ganz zu schweigen von der Arabischen Liga und der Islamischen Weltkonferenz, lehnten die amerikanische Initiative heftig ab. Zwei Wochen nach der Verkündung des Beschlusses stimmten 128 der 193 Mitgliedsstaaten der Vollversammlung für eine von der Türkei und dem Jemen entworfene Resolution – ES-10.L22 – und forderten, dass „alle Staaten die Resolutionen des Sicherheitsrats zur Heiligen Stadt Jerusalem befolgen und keinerlei Handlungen oder Maßnahmen anerkennen, die im Widerspruch zu diesen Resolutionen stehen“. Nur acht Länder, darunter Israel, stellten sich auf die Seite der USA.

Diese internationale Verurteilung vertraute auf eine altehrwürdige Vorstellung: dass der Rechtsstatus von Jerusalem – Gehört es Israel? Den Palästinensern? Oder beiden? Oder keinem von ihnen? – eine gelöste Sache sei und dass die Antwort auf diese Fragen „keine davon“ lautete. Stattdessen hatten das Völkerrecht und Präzedenzfälle die Stadt als internationales Mündel zurechtgeschnitzt.

Es gibt in der Tat eine lange Rechtsgeschichte, die auf vielen Resolutionen und Vereinbarungen mit genau diesem Ziel aufbaut. Aber mit dieser festgelegten Überzeugung gibt es zwei Probleme. Erstens werden ihre Wurzeln im Recht ungeheuer falsch dargestellt. Zweitens beruht der Anspruch, dass Jerusalem tatsächlich Israel gehört, auf starken rechtlichen, moralischen und demografischen Fundamenten.

Fangen wir mit dem Recht an.

I. Was internationales Recht ist

Was ist internationales Recht? Es ist ganz leicht die Vorstellung anzuzweifeln, wenn nicht sogar sich darüber lustig zu machen, dass es so etwas gibt – heißt, eine universal anerkannte Gesetzessammlung beschlossener Regeln, die für das Verhalten von Staaten bindend sind. Trotzdem wollen wir für unsere Zwecke postulieren, dass internationales Recht existiert, dass es sich einer eindrucksvollen Geschichte erfreut und dass es die Genehmigung der zivilisierten Welt abnötigt oder abnötigen sollte.

Heute wird allgemein angenommen, dass internationales Recht hauptsächlich von den Vereinten Nationen entschieden und für Recht erklärt wird, wenn streitende Länder damit einverstanden sind, und zwar durch einen Zweig der UNO, den Internationalen Gerichtshof. Daher zitiert fast jedes Argument, das gegen Präsident Trumps Entscheidung zu Jerusalem ins Feld geführt wird, verschiedene UNO-Resolutionen und sagt, dass Jerusalem nicht die Hauptstadt Israels ist. Besonders herausstechend ist die Resolution 470 des Sicherheitsrats, die am 20. August 1980 verabschiedet wurde und den Beschluss eines verfassunggebenden Gesetzes des israelischen Parlaments verurteilte, mit dem Jerusalem als Israels Hauptstadt verankert wurde und die die Regierungen, die ihre Botschaften bereits in die Stadt verlegt hatten, aufforderte sie wieder abzuziehen. Resolution 470 beruht im Gegenzug weitgehend auf früheren Resolutionen des Sicherheitsrats von 1967 und 1968, die Israel jegliches Recht an Veränderung des „Status“ Jerusalems als Ergebnis des Sechstage-Krieges im Juni 1967 verweigerten.

Aber besitzen die Vereinten Nationen die Befugnis über solche Resolutionen Gesetze zu erlassen? Immerhin sind sie nicht mehr als eine Vereinigung souveräner Länder, die letztlich frei bleiben UNO-Resolutionen einzuhalten oder sie zu ignorieren. Und wenn die UNO keine Superregierung ist, was ist dann mit ihren Resolutionen?

Wie durchaus bekannt ist, gibt es zwei Arten davon. Resolutionen der Vollversammlung werden – wie gerade erst ES-10/L.22 – von einer Mehrheit der Mitglieder verabschiedet. Gemäß der UNO-Charta sind sie rechtlich nicht bindend. Stattdessen bezeugen sie eine politische Ansicht, die von der Mehrheit der Länder zu einem bestimmten Moment vertreten werden, sich mit der Zeit aber auch ändern kann. So wurde die berüchtigte Resolution 3379 vom 10. November 1975, die – mit einer Mehrheit von 72 zu 32 Stimmen bei 32 Enthaltungen – festlegte, dass „Zionismus eine Form von Rassismus und Rassendiskriminierung ist“ sechzehn Jahre später von Resolution 4686 am 16. Dezember 1991 mit 111 Stimmen gegen 25 bei 13 Enthaltungen aufgehoben.

Doch obwohl sie an sich nicht maßgeblich sind, führen Resolutionen der Vollversammlung manchmal zu Resolutionen des Sicherheitsrats, von denen manche als „Entscheidungen“ formuliert werden, die für alle UNO-Mitgliedstaaten rechtlich bindend sind. Unter den Kapiteln VII und VIII der UNO-Charta können solche Sicherheitsrats-Resolutionen wirtschaftliche oder militärische Sanktionen gegen einen Schurkenstaat verhängen. Alle Resolutionen des Sicherheitsrats erfordern nicht nur eine Mehrheit der Ratsmitglieder, sondern auch die Zustimmung der fünf ständigen Mitglieder, von denen jedes mit Veto-Macht ausgestattet ist.

So viel zum rasch gegebenen Hintergrund. Selbst wenn man die Rechtsautorität der UNO kurzerhand, wie es viele tun, infrage stellt, ist es das eine, auf dieser Grundlage die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels abzulehnen; es ist auch etwas ganz anderes Israels Fall zu verfechten. Tatsächlich gibt es jedoch jede Menge Dokumentierung der besonderen Beziehung des jüdischen Volks zum Heiligen Land und damit zur Stadt Jerusalem.

Erstens war diese besondere Beziehung in die Balfour-Erklärung vom 2. November 1917 und in verschiedenen Folgedokumenten, die darauf Bezug nahmen, inbegriffen, einschließlich der Resolution der Konferenz von San Remo vom 25. April 1920 und einer gemeinsamen Resolution des US-Kongresses vom 21. September 1922. Der Anspruch wurde im britischen Weißbuch zu Palästina vom 3. Juni 1922 ausdrücklich anerkannt, ebenso in der Präambel des Völkerbund-Mandats für Palästina vom 24. Juli desselben Jahres, der so beginnt: „Angesichts dessen, dass Anerkennung … für die historische Verbindung des jüdischen Volks zu Palästina und die Gründe für die Wiederherstellung seiner nationalen Heimstätte in diesem Land gegeben sind…“

Zweitens: Jerusalem war von 1920 bis 1948 Sitz von Palästinas Verwaltungsregierung. Ja, der UNO-Plan zur Teilung Palästinas zwischen den Juden und den Arabern vom November 1947 schlug vor, aus Jerusalem ein Gebilde (corpus separatum) zu machen, das von den beiden Staaten abgetrennt ist – ein Thema, zu dem wir bald zurückkehren werden. Aber dieser Plan, obwohl er von der UNO-Vollversammlung befürwortet wurde, war nie mehr als ein Vorschlag. Die arabischen Staaten und Palästinas arabische Führung lehnten den Vorschlag ab und er wurde nie umgesetzt. Da Jerusalem Palästinas Regierungssitz war, bevor Israel entstand, blieb es das für den jüdischen Staat nach der Unabhängigkeit nach 1948.

Dazu kommt: Wie auch immer der Rechtsstatus der Vereinbarung zwischen Israel und der PLO von 1993 aussieht, die wir als die Oslo-Vereinbarungen kennen, ließ diese Abmachung bewusst den Fall Jerusalem für ein späteres Stadium im Friedensprozess aus. Das hat vertretbarerweise implizit den Status quo – Jerusalem war die Hauptstadt Israels – einstweilen bestätigt.

Drittens: Diese Staaten, die bilaterale Beziehungen mit dem Staat Israel unterhalten, erkennen Jerusalem auch de facto als Hauptstadt an, seit ihre Führer oder Repräsentanten regelmäßig nach Jerusalem reisen, um Israels Führungspolitiker zu treffen oder vor dem israelischen Parlament zu sprechen. Gemäß dem israelischen Recht ist eine de-facto-Anerkennung so gültig wie die de-jure-Anerkennung, jedenfalls so lange, wie die de-facto-Umstände herrschen.

Mit anderen Worten: Es ist sowohl eine krasse Ungereimtheit als auch ein Bruch der akzeptierten Regeln für internationale Beziehungen der vielen UNO-Mitgliedstaaten, die Israel anerkennen und deren Führungskräfte oder Repräsentanten Israels Führungspolitiker und Abgeordnete besuchen – eine Liste, zu der von den großen EU-Mächten Deutschland, Frankreich und Großbritannien gehören – wenn sie die Entscheidung von Präsident Trump als rechtlich nicht zulässig verurteilen.

II. Die Halbwertzeit eines internationalen Jerusalem

Warum hat dann, wenn ein solch lange etablierter Präzedenzfall vorhanden ist Jerusalem als Israels Hauptstadt zu betrachten, die „internationale Gemeinschaft“, einschließlich einiger Beispiele der USA, Israels Recht an der Stadt derart energisch missachtet? Die Antwort kann in Begrifflichkeiten einer  Metapher ausgedrückt werden: So wie bestimmte Isotopen eine gewisse Zeit brauchen, damit ihre Radioaktivität auf die Hälfte ihres ursprünglichen Werts fallen und dann mehr Zeit, bis sie komplett zerfallen, erfreuen sich manche politischen Fakten oder Verständigungen einer ähnlichen „Halbwertzeit“, lange nachdem sie von den Umständen der realen Welt hinweggefegt wurden – besonders wenn ihr Überleben den Interessen einer ganzen Reihe von Seiten dient.

Was uns zum UNO-Teilungsplan für das Mandat Palästina von 1947 zurückbringt und besonders zu seinen Vorkehrungen bezüglich Jerusalems.

Der Teilungsplan wurde vom UNO-Sonderkomitee zu Palästina (UNSCOP) entwickelt. Die UNO-Vollversammlung stimmte am 29. November 1947 mit Zweidrittel-Mehrheit für den Plan, was die palästinensischen Juden (der Jischuw) und die Juden im Ausland als Bestätigung des zionistischen Traums feierten. Selbst heute ist sein Jahrestag in Israel eine Art nationaler Feiertag. Palästinensische Fraktionen und die palästinensische Autonomiebehörde gedenken des Tages mit Trauer als Teil der sich entwickelnden nationalen „Katastrophe“ (nakba) dieser Jahre.

In einer Hinsicht war der Plan der UNO entschieden pro-jüdisch und pro-zionistisch: Er sah ausdrücklich die Gründung eines jüdischen Staates vor. Aber der Plan war auch zutiefst fehlerhaft und sein Kontext ist von der internationalen Gemeinschaft schmerzlich und oft vorsätzlich missverstanden worden.

Zur Zeit der Verabschiedung des Plan1947 war alle internationale Unterstützung für einen jüdischen Staat ein Aktivposten, den die zionistische Bewegung nicht ausschlagen konnte, wie auch immer diese Unterstützung tatsächlich aussah und wie auch immer Form und Größe dieses vorgeschlagenen  Staates aussahen. Zweifellos wurde von den meisten Mitgliedern des Sonderkomitees, wie auch von denen, die daran arbeiteten den Plan genehmigt zu bekommen, ganz genau verstanden, was auf dem Spiel stand und sie dachten nicht nur an das Versagen der internationalen Gemeinschaft bei der Rettung des europäischen Judentums im Zweiten Weltkrieg, sondern auch an das Leid der hunderttausenden staatenlosen Holocaust-Überlebenden, die immer noch in Auffanglagern eingesperrt waren.

Die Verfasser glaubten eine territoriale Teilung, für die es vergleichbare Fälle in Irland und kurz zuvor in Indien gab, sei ein Schritt hin zur Zustimmung der Briten, der USA und der internationalen Gemeinschaft als Ganzer zu einem jüdischen Staat. Aber es gab, um das zu wiederholen, viele und tief gehende Mängel. Der Zweistaaten-Plan, wie er in UNO-Resolution 181 formuliert wurde, gab den Arabern mehr Land als die jüdischen und britischen Väter der Balfour-Erklärung und des Mandats Palästina vorgesehen hatten.

Dazu kommt, dass jeder der beiden Staaten, wie der Plan es vorsah, aus ein paar größtenteils nicht zusammenhängenden Enklaven bestanden, die strategisch nicht lebensfähig und wirtschaftlich bundesstaatlicher oder konföderativer Vorkehrungen beraubt waren – was im Gegenzug die Notwendigkeit internationaler Aufsicht und vielleicht Einschränkungen der Souveränität beider Staaten impliziert. Zu guter Letzt, aber kaum unwichtig: Indem Jerusalem vom jüdischen Staat abgetrennt und ein Corpus Separatum für diese mehrheitlich jüdische Stadt geschaffen wurde, beinhaltete der Plan Vorstellungen, die die historischen Verbindungen der Juden zu Jerusalem herabsetzten und ihre Fähigkeit bestritt die heiligen Stätten aller dortigen Religionen zu schützen.

Man könnte entsprechend verstehen, warum manche (hauptsächlich rechte) Zionisten den Teilungsplan von Anfang an ablehnten. Aber die offizielle Führung, beherrscht von Parteien links der Mitte, glaubte, dass der wichtigste politische Gewinn – ein von der UNO begrüßter jüdischer Staat – alle Unzulänglichkeiten überwog: Besser einen Staat durch Teilung als überhaupt keinen jüdischen Staat. Fakt ist, dass jüdische Führer in Palästina ein Jahr zuvor ihren eigenen Teilungsplan in den Raum stellten, der eine internationale Zone in Jerusalem beinhaltete.

Es gab zudem einen tieferen Grund dafür, dass die jüdische Führung für einen Kompromiss-Plan offen war: Es sah so aus, als würde am Ende des Tages ein solcher Plan keine wirkliche Rolle spielen. Sobald ein jüdischer Staat geschaffen sein würde, würde seine tatsächliche Form nicht länger von irgendeinem vorab festgelegten Plan der UNO bestimmt werden, sondern durch die Fakten vor Ort. In der Rede, die er am 3. Dezember 1947 vor dem Zentralkomitee der jüdischen Arbeiterbewegung hielt und deren Substanz er bei den Überlegungen zum Text der Unabhängigkeitserklärung Israels im Mai 1948 bekräftigen sollte, deutete David Ben-Gurion diese Logik an.

Die UNO-Resolution verstümmelt eindeutig unsere Ambitionen und missachtet die internationalen Zusagen, die im Zuge des Ersten Weltkriegs gegeben wurden. Sie reduziert ziemlich offensichtlich das Gebiet des jüdischen Landes. Man kann nicht anders als festzustellen, dass Jerusalem eine internationale Stadt werden soll … dass uns fast alle Berge genommen wurden … und dass die Grenzen des jüdischen Staates gelinde gesagt bizarr sind. Trotz allem glaube ich, dass es der größte Aktivposten ist, der dem jüdischen Volk im Verlauf seiner gesamten Geschichte jemals gewährt wurde. Solange ein solcher Staat entsteht und gedeiht…

Abgesehen davon würde ein souveräner jüdischer Staat auf der Stelle hunderttausende jüdischer Immigranten aufnehmen und stark genug werden, um für ihn zu kämpfen, falls – was wahrscheinlich war – die arabische Seite sich für Krieg entschied. Oder um günstigere Bedingungen auszuhandeln. Selbst viele UNSCOP-Mitglieder, einschließlich ihres Vorsitzenden, des Schweden Emil Sandström, gestanden ein, dass die Teilung nicht umgesetzt werden könnte „ohne auf Gewalt zurückzugreifen“. Zudem machte das haschemitische Königreich Transjordanien in Geheimverhandlungen deutlich, dass es sowohl in den Krieg zeihen als auch Anspruch auf die arabisch bevölkerten Gebiete im cisjordanischen Palästina (grob, der „Westbank“) erheben würde, was praktisch sicher stellte, dass der die Westbank kontrollierende palästinensisch-arabische Staat Transjordanien sein würde, kein neuer arabischer Staat.

Wenn das erklärt, warum eine Teilung des Landes von den Zionisten zumindest als taktischer und temporärer Schritt begrüßt werden konnte, galt dieselbe Denkweise mutatis murandis für die Bereitschaft auf einen Streit um Jerusalem zu verzichten – den Ort, der nach jedem Maßstab das Jüdischste im ganzen Land überhaupt war.

In strategischen Begriffen gesprochen waren die Juden in Jerusalem viel schwächer als überall sonst. Die Heilige Stadt war vergleichsweise isoliert vom Großteil des jüdischen Palästina, das sich an der Mittelmeerküste und in Galiläa befand. Die große ultraorthodoxe Gemeinschaft in der Stadt hatte sich Jahrzehnte lang von den Hauptorganisationen des Jischuw getrennt gehalten und seine Einwohner waren weitgehend nicht für militärisches oder paramilitärisches Training zu gebrauchen. Was die Dinge weiter komplizierte: Obwohl einig Juden in Jerusalem sich tatsächlich Selbstverteidigungs-Netzwerken angeschlossen hatten, tendierten sie dazu die Einheiten zu favorisieren, die mit den jabotinskischen Flügel verbunden waren (Etzel und Lehi), statt mit den Einheiten, die für die Führung waren (Haganah und Palmah) und ansonst das Kommando hatten; die Koordination der beiden war alles andere als einfach.

Unter solchen Umständen war ein corpus separatum eine sinnvolle vorläufige Option. Und „vorläufig“ ist erneut das Schlüsselwort. Wo eine jüdische Armee in Jerusalem die Kontrolle übernimmt und Gebiete hält, könnte die Idee des corpus separatum als Teil eines Teilungsplans, der nie wirksam wurde, vergessen werden. Sollten die Juden dort scheitern, könnte der Plan des corpus separatum jüdischen Führern erlauben etwas internationalen Schutz für in der Stadt verbleibende Juden zu gewinnen. In der Zwischenzeit war Bereitschaft für Kompromiss zu zeigen ein wichtiges diplomatisches Guthaben.

III. Eine christlich regierte Stadt

Ein Grund dafür zu Jerusalem Kompromisse einzugehen war dieser: Damals war „Internationalisierung“ ein Codewort für die Fortsetzung besonders einer christlichen Präsenz sowohl in Jerusalem als auch im Heiligen Land; im Gegenzug war jüdische Zustimmung zu einer solchen fortgesetzten Präsenz notwendig für christliche Zustimmung bzw. Unterstützung eines jüdischen Staates. Dieser entscheidende, aber oft übersehene Punkt verdient eine kurze Zusammenfassung.

Ein Jahrhundert lang ab etwa den 1850-er Jahren hatte eine stetige christliche Wiederbelebung in Jerusalem stattgefunden. Sie war zwar demografisch schwächer als die jüdische Wiederbelebung, dafür aber weit sichtbarer und spektakulärer, was Institutionen, Gebäude und Landbesitz angeht. Unter dem osmanischen Landbesitzgesetz von 1857 wurde den meisten christlichen Sekten und Gemeinden erlaubt so viel Land zu kaufen, wie sie sich leisten konnten, einschließlich großer Gebiete Wüste oder Halbwüste außerhalb der Stadtmauern, entweder um bestehende christliche Schreine oder Gebäude zu schützen oder um neue Viertel zu bauen. Es wurde derart viel Land angesammelt, dass Christen ab den 1920-ern begannen Land an den Jüdischen Nationalfond oder private jüdische Bauträger zu verpachten.

Ein Großteil dieser christlichen Aktivitäten nahm nach 1917/18 zu, als die Briten im Ersten Weltkrieg Palästina von den Osmanen eroberten. Für viele christlichen Denominationen und für christlich orientierte Europäer sah diese Entwicklung sehr stark wie sehr verspätete Gelegenheit aus die erniedrigenden Niederlagen der Kreuzzüge zu beheben, besonders (nach der Gründung eines vorwiegend christlichen Landes im Libanon) die Niederlage Europas durch Saladin im 13. Jahrhundert.

Damit im Hinterkopf ist es kein Wunder, dass die Christen Palästinas und ihre Verbündeten im Ausland in den ersten Jahren nach dem Ersten Weltkrieg fürchteten, der bevorstehende britische Rückzug aus dem Land würde ihre welthistorische Chance gefährden. Ein überwiegend arabisches Palästina würde ein überwiegend muslimisches Palästina sein, mit wenig Geduld für die Christenheit; für manche warf ein jüdisches Palästina ähnliche Bedenken auf. Solche Sorgen mussten besänftigt werden, auch zu hohen Kosten – daher die Bedeutung einer jüdischen Bereitschaft aus Jerusalem eine „internationale“ Enklave zu machen.

Erinnern Sie sich, dass es immer noch 1947 war: Ein Jahrzehnt vor der endgültigen Auflösung der europäischen Kolonialreiche. Die Vereinten Nationen und die „internationale Gemeinschaft“ blieben weitgehend von Christen dominierte Länder. Von einem internationalen Jerusalem wurde daher erwartet, dass es aus lauter praktischen Gründen eine christlich regierte Stadt sein würde.

Teil dieser Kalkulationen waren zusätzlich die andauernden Verhandlungen zwischen der jüdischen Führung und insbesondere der katholischen Kirche.

Bis 1944 hatte der Heilige Stuhl sich unnachgiebig sowohl gegen den Zionismus als auch gegen jüdische Immigration nach Palästina gestellt. In den Jahren unmittelbar nach dem Krieg nahm Papst Pius XII. jedoch eine nuanciertere Haltung ein. Beim Treffen mit einer arabisch-palästinensischen Delegation Anfang August 1946 predigte der Pontifex Frieden und beklagte „die Verfolgungen, die dieser fanatische Antisemitismus“ über das „hebräische Volk“ hereinbrechen ließ. Er stellte sicher, dass seine Worte in der New York Times berichtet wurden, die die Kirche als höchst einflussreiche „jüdische Zeitung“ in Amerika betrachtete.

Nach diskreten Gesprächen zwischen dem Heiligen Stuhl und jüdischen sowie zionistischen Vertretern und der Bereitschaft Letzterer die Idee einer internationalen Herrschaft über Jerusalem in Erwägung zu ziehen, ließ der Vatikan seine antizionistische Haltung fallen und versprach Neutralität im Disput über Palästina. Im Juni 1947 vertraute Monsignore Thomas MacMahon, der für christliche arabische Angelegenheiten bei der UNO zuständige amerikanische Prälat, der UNSCOP an:

Uns ist die Form des Regimes, das Ihr geschätztes Komitee empfehlen wird, völlig egal, vorausgesetzt, die Interessen der Christenheit – katholisch, protestantisch oder orthodox – finden in ihrer endgültigen Empfehlung Abwägung.

Einen Monat später nutzte Bruder Simon Bonaventure, ein Franziskaner-Repräsentant für die Aufsicht über das Heilige Land, exakt dasselbe Argument und setzte „den Schutz der christlichen Dienste“ als einziges Interesse seines Ordens fest. Im Gegenzug machte die „Gleichgültigkeit“ oder Neutralität des Heiligen Stuhls es UNSCOP und den Repräsentanten der katholischen Länder in der UNO, besonders den lateinamerikanischen, leichter den Teilungsplan zu unterstützen.

Dieser christliche Blickwinkel erklärt auch, warum das corpus separatum, wie die UNO-Resolution 181 es vorsah, geographisch deutlich über die Grenzen der Stadt Jerusalem in der Mandatszeit hinaus ausgeweitet ausgedehnt wurden. Das zielte darauf so viele christliche Gemeinden und heiligen Orte wie möglich unter „internationale“ – heißt christliche – Kontrolle zu bringen, darunter auch Bethlehem und Beit Jalla.

Aus dem gleichen Grund wurden allerdings auch abgelegene muslimische Gemeinden eingeschlossen, was den Effekt hatte, dass die jüdische Mehrheit im neuen „internationalen Jerusalem“ von ihrer damaligen 60-Prozent-Mehrheit der Stadtbevölkerung auf 49 Prozent verdünnt würde – immer noch eine relative Mehrheit, aber weniger als die absolute demografische Dominanz, die die Juden seit den 1870-er Jahren genossen hatten.

Aber hier greifen wir vor. Für den Fall erwiesen die taktischen Kalkulationen der jüdischen Führung sich als korrekt und das corpus separatum wurde nie umgesetzt. Der Krieg, der direkt nach dem November 1947 als innerer Konflikt zwischen Gruppen begann und dann, nach dem britischen Abzug im Mai 1948, zu einem ausgewachsenen Krieg zwischen dem neuen Staat Israel und sieben benachbarten arabischen Ländern entwickelte, wurde von den Juden weitgehend gewonnen. Die Waffenstillstandslinien, auf die man sich Anfang 1949 einigte, gaben Israel 75 Prozent des Mandats Palästina. Und auch die demografische Balance des Landes änderte sich über Nacht, weil mehr als eine Million jüdischer Immigranten, zumeist Holocaust-Überlebende, hineinströmten, während mehr als eine halbe Million Araber in die arabisch kontrollierten Gebiete Palästinas und andere arabische Länder flohen.

Wie vorhergesehen, fanden die schwersten Kämpfe in Jerusalem statt, aber am Ende schaffte Israel es das meiste der jüdischen Vorkriegsstadt zu behalten. Die eine grelle Ausnahme waren die jüdischen Viertel der Altstadt. Diese waren von den Jordaniern seit der Eröffnung der Feindseligkeiten in Schutt und Asche gelegt worden und im Mai 1948 wurden ihre 2.000 Einwohner zwangsweise entfernt.

Israel schaffte es den Skopusberg, den ersten Sitz der Hebräischen Universität, als Enklave im nördlichen Jerusalem zu halten und den Zionsberg als zweite Enklave direkt außerhalb der Altstadtmauern. Es schaffte es auch den israelischen Teil Jerusalems mit dem Rest des Landes zu verbinden. Aber die heiligen Stätten der Altstadt, darunter 35 Synagogen, wurden entweder zerstört oder blieben – im Fall der Westmauer und des Ölbergs – in arabischer Hand. Mehrere jüdische Siedlungen außerhalb der Stadtgrenzen, darunter Atarot, Neveh Yaakov und die fünf Gemeinden im Gush Etzion waren ebenfalls an arabische Kräfte gefallen.

Tatsächlich war das israelische Jerusalem, wie es von den Waffenstillstandslinien von 1949 festgelegt wurde, von feindlichen Kräften auf drei von vier Seiten eingeschlossen; nur die westliche Seite war offen, verbunden mit dem Rest des Landes durch einen weniger als 10km breiten Korridor. Nach dem Krieg sollten sporadische Terroreinfälle, Artilleriebeschuss und Heckenschützenfeuer nicht nur an den israelisch-jordanischen und israelisch-syrischen Waffenstillstandslinien auftreten, sondern auch im Bereich von Jerusalem. Erfahrene Jerusalemer erinnern sich noch an große Niemandsland-Pufferzonen mit Stacheldraht, die zwei Jahrzehnte lang den israelischen Sektor in Jerusalem – „Westjerusalem“ – von den von den Jordaniern gehaltenen Sektoren trennte.

All das sollte natürlich durch Israels spektakulärem Sieg im Sechstage-Krieg 1967 verändert werden.

IV. Versunken in Hirngespinsten

Wie wir gesehen haben, war die wichtigste rechtliche Folge des Krieges von 1947 bis 1949 und der folgenden Waffenstillstandsvereinbarungen der Tod des Teilungsplans von 1947, einschließlich seiner Sondervorkehrungen für Jerusalem, den Israels arabische Nachbarn abgelehnt hatten. Trotzdem argumentierten Vertreter verschiedener Länder unlogisch, dass die Vorkehrungen des Plans für Jerusalem irgendwie weiter gelten. Die katholische Kirche, eifrig um Sicherstellung des Erhalts der christlichen Macht in Jerusalem bemüht, war ein Hauptförderer dieses Versinkens in Hirngespinsten.

Am 24. Oktober 1948, im Gefolge einer israelischen Aktion zur Erweiterung des westlichen Korridors aus Jerusalem hinaus, gab Papst Pius XII. eine enzyklische „Empfehlung“ für ein Sonderregime für Jerusalem und die benachbarten Bereiche aus, das „in internationalem Recht gründen und im internationalen Recht garantiert werden“ sollte. Eine zweite Enzyklika, ausgegeben im April 1949, drei Monate nach dem israelisch-jordanischen Waffenstillstand, forderte erneut ein „international garantiertes Regime“ in der Heiligen Stadt. Es fällt auf, dass der Heilige Stuhl weder im ersten noch im zweiten Fall beanspruchte, dass die Vorkehrung des Teilungsplans als solche weiter gültig seien: Er forderte nur, dass, wie immer der letzte Ausgang des arabisch-israelischen Konflikts aussehen würde, eine Art internationaler Kontrolle oder Oberaufsicht für Großjerusalem behalten würde.

Im Verlauf der nächsten acht Monate leistete der Vatikan intensive Lobbyarbeit bei den Vereinten Nationen, um das corpus separatum wieder zu installieren –  und hatte tatsächlich Erfolg. Resolution 303 (IV), verabschiedet von der Vollversammlung am 9. Dezember 1949, forderte dreist, dass die Stadt als „corpus separatum unter einem besonderen internationalen Regime eingerichtet“ und „von den Vereinten Nationen verwaltet“ werde. Nicht weniger dreist skizzierte sie die Grenzen des corpus separatum, die „die aktuelle Stadt Jerusalem plus die umgebenden Dörfer und Städte“ einschlossen, deren östlichste Abu Dis ist, deren südlichste Bethlehem, deren westlichste Ein Kerem (einschließlich des Bereichs von Motsa) und deren nördlichste Schuafat war.

Diese extravagante Petition ignorierte sowohl die rechtlichen Folgen des Krieges von 1947 – 1949 und der sich daraus ergebenden Fakten vor Ort; keine folgende UNO-Resolution sollte sie jemals wörtlich zitieren. Momentan als Triumph für den Vatikan angesehen, sollte Resolution 303 (IV) sich langfristig für Katholiken und andere Christen als Rohrkrepierer erweisen. Jordanien verhärtete seine antichristliche Haltung in Jerusalem und dessen Umgebung, bis der Bereich 1967 von Israel erobert wurde; Yassir Arafat und Mahmud Abbas sollten dem jordanischen Beispiel folgen, als sich die PLO 1993 über die Oslo-Vereinbarungen in der Westbank und in Bethlehem eingrub.

Dennoch sollte das 1949 geschaffene Hirngespinst wachsen und zunehmen, denn Resolution 303 wurde bald zur Hauptinspiration für die Doktrin, die auch vom US-Außenministerium bis 2017 wie auch fast jedem anderen Außenministerium der Welt unterstützt wurde und gemäß der „Westjerusalem“ kein Teil Israels war.

Diplomatie gründet auf Routine, Wiederholung und Querverweisen. Ist über eine Resolution erst einmal abgestimmt worden, kann sie in weiteren Resolutionen ständig erwähnt oder zitiert werden – oder in den Diskussionen, die dazu führen, dass sie geschrieben werden. Je mehr eine Resolution erwähnt oder zitiert wird, als desto unantastbarer wird sie betrachtet. Sobald sie durch eine internationale Organisation angenommen wurde, werden andere sie sich zueigen machen, als ihre sich ständig multiplizierende Zweige und Ableger. Resolutionen der Vollversammlung werden von Resolutionen des Sicherheitsrats und der UNESCO, der WHO, anderen UNO-Organisationen, der EU, den Organisationen der Afrikanischen Union, der Arabischen Liga, der World Islamic Conference, der Blockfreien-Bewegung und jeder „progressiven“ NGO unter der Sonne zitiert.

Diplomaten und Jura-Professoren behaupten dann, dass die Resolution „internationales Recht“ geworden ist, selbst wenn sie in krassem Widerspruch zu seit langer Zeit bestehenden Prinzipien des internationalen Rechts stehen. Die Behauptungen werden durch politische Netzwerke zwischen gleichgesinnten Gruppen verstärkt, die sich die „internationale Gemeinschaft“ nennen.

Während der meisten Zeit der Ära des Kalten Krieges wuchsen die Vereinten Nationen und ihre Organisationen enorm an, akkreditierten Dutzende gerade neu gegründeter Staaten und verließen die weitgehend westliche und demokratische politische Kultur ihrer Gründungsmitglieder. Als Ergebnis wurden die Vollversammlung und andere Gremien oder Kommissionen zunehmend von antiwestlichen, antiamerikanischen und antiisraelischen Mehrheiten dominiert. Öfter als nicht ist ihnen keine andere Hemmung als ein amerikanisches Veto im UNO-Sicherheitsrat begegnet. Schlimmer ist, dass es Beispiele dafür gab, bei denen die USA selbst, versehentlich oder gewollt, ihr Veto nicht einsetzte und die Dinge durchgehen ließ.

So verabschiedete die UNO-Vollversammlung am 4. Juli 1967, weniger als einen Monat nach dem Sechstage-Krieg, die Resolution 2253 (ES-V). Sie lautet:

Die Vollversammlung, tief besorgt wegen der in Jerusalem als Ergebnis der von Israel getroffenen Maßnahmen zur Veränderung des Status der Stadt herrschenden Lage, (1) hält diese Maßnahmen für ungültig; (2) ruft Israel auf alle bereits getroffenen Maßnahmen rückgängig zu machen und von jetzt von jeglichem Handeln abzusehen, das den Status von Jerusalem verändern könnte.

Danach gefragt, was der „Status von Jerusalem“ sei, zitierten UNO-Experten und andere Kommentatoren sowohl den israelisch-jordanischen Waffenstillstand von 1949, der vom israelisch-jordanischen Waffenstillstand vom 7. Juni 1967 abgelöst worden war, als auch Resolution 303 (IV) von 1949. Beide späteren negierten die Bedingungen des Waffenstillstands von 1949. Aber die UNO-Experten wissen, was sie tun. Bis heute behaupten viele Vertreter von Außenministerien, einschließlich des britischen Whitehall und des französischen Quai d’Orsay, immer noch, dass die Waffenstillstandslinie in Jerusalem – die „Gründe Linie“, die bis 1967 Israel von Jordanien trennte – sei eine „internationale Grenze“, obwohl sie lediglich die Waffenstillstandslinien von 1949 kennzeichnet. Sie behaupten zudem widersprüchlicherweise, dass der Teil Jerusalems auf der israelischen Seite dieser Waffenstillstandslinie nicht zu Israel gehört. Im Großen und Ganzen pflichteten Vertreter des US-Außenministeriums dieser widersprüchlichen Haltung zu.

Aus irgendeinem Grund enthielt sich der US-Repräsentant bei der UNO bei der Abstimmung zur Resolution 1967. Zehn Monate später, am 21. Mai 1968, diente diese Resolution, mit anderen Texten, als Präzedenzfall für die Resolution 252 des Sicherheitsrats, die in Sachen Jerusalem eine kräftigere Sprache gegen Israel verwendete:

Der Sicherheitsrat … missbilligt das Versäumnis Israels sich den oben erwähnten Resolutionen der Vollversammlung Folge zu leisten und betrachtet alle von Israel unternommenen legislativen und administrativen Maßnahmen und Handlungen … die dazu tendieren den Rechtsstatus von Jerusalem zu verändern, für ungültig und sie können den Status von Jerusalem nicht verändern.

Einmal mehr enthielten sich die USA. Aber diesmal war es eine Resolution des Sicherheitsrats. Auf beiden Resolutionen aufbauend wurden 1969, 1971 und 1980 weitere Resolutionen des Sicherheitsrats zu Jerusalem verabschiedet, ohne von Washington überprüft zu werden.

Das Endergebnis: Es wurde sich ständig zu Israels Nachteil auf „Internationales Recht“ berufen, in einem Maß, dass viele Jahre lang israelische Diplomaten und Juristen ernsthafte Diskussionen darüber mieden, selbst wenn (oder besonders wenn) seine Absurditäten krass offensichtlich waren.

V. Das französische Beispiel

Damit hat die Intervention der Kirche zugunsten einer „Internationalisierung“ Jerusalems weiter Bestand – sogar in den Köpfen derer, die sich ihrer nicht bewusst sind und die sich durchaus jenseits solch engstirniger religiöser Angelegenheiten wähnen. Ich spreche von den europäischen Ländern und besonders von Frankreich.

Die französische Unterstützung für die zionistische Sache lief in den Jahren 1945 – 1948 auf Hochtouren und es ist kein Zufall, dass so viele verdeckte Aktionen, darunter die tragische Odyssee der SS Exodus mit 4.500 Holocaust-Überlebenden an Bord ins britische Palästina, nur damit ihnen die Einreise verweigert wurde und sie nach Frankreich zurückkehren mussten, in Paris ausgedacht wurde oder von französischem Boden ausgingen. In den 1950-er Jahren wurden Frankreich und Israel enge strategische Partner; Israels militärische Siege 1956 und 1967, die beide in großen Teilen modernen französischen Waffen zu verdanken waren, wurden in Frankreich als Siege eines Stellvertreters gefeiert.

Selbst Jahre später, als das Bündnis ausgelaufen war, behielten große Teile der französischen Öffentlichkeit Sympathien für Israels Erfahrungen und waren neugierig. Abgesehen von seinen Leistungen im Bereich der Sicherheit, Naturwissenschaften, Medizin und Hightech wird Israel in den französischen Medien und besonders von der politischen Klasse immer noch auf viele Weisen als Modellstaat gepriesen. Tatsächlich hatte Anne Hidalgo, die sozialistische Bürgermeisterin von Paris, keine Probleme damit am 1. Juli diesen Jahres einen Place de Jérusalem (Jerusalem-Platz) vor dem neu gebauten Jüdischen Europäischen Kulturzentrum einzuweihen, womit der jüdische Charakter der Heiligen Stadt betont wird. An der Feier nahm als Ehrengast Moshe Leon teil, der israelische Bürgermeister Jerusalems.

Trotzdem ist insbesondere das französische Außenministerium in seiner Weigerung Israels Legitimität anzuerkennen vollkommen stur gewesen, besonders wenn es um Jerusalem geht, dass der Verdacht von institutionellem Antisemitismus aufkam. Manche Beobachter haben sich halb im Ernst gefragt, ob die geheime Agenda des Qaui d’Orsay, die mehr oder weniger mit europäischen Fantasien des 19. Jahrhunderts im Einklang steht, nicht darin besteht einen neunten Kreuzzug im Heiligen Land zu führen, fast 800 Jahre nach dem Fehlschlag des von Frankreich geführten siebten und achten Kreuzzugs – diesmal nicht gegen die Sarazenen, sondern gegen die Hebräer. Alte Gewohnheiten lassen sich nicht leicht ablegen.

Noch unbeweglicher als das Obama-Außenministerium besteht das Quai d’Orsay darauf, dass die „Grüne Linie“ von 1949 bis 1967 eine internationale Grenze sei und dass – widersprüchlich – Jerusalem ein eigenständiges Gebilde ist, getrennt von Israel. Besuchende französische Offizielle werden gewarnt keinen Fuß nach „Ostjerusalem“ zu setzen und vor allem der Westmauer nicht nahe zu kommen. (Nicht alle halten sich daran.) Französische Bürger in Israel, die an französischen Wahlen teilnehmen, werden geografisch zwischen denen aufgeteilt, die „in Israel“ wohnen und denen, die „in Jerusalem“ wohnen. Es gibt nur ein einziges französisch Generalkonsulat in der Stadt, mitten im Sektor Westjerusalem, das praktisch als Botschaft beim „Staat Palästina“ arbeitet, während widerstrebend auch um die Gesamtbevölkerung und um die überwältigend jüdische-französische Auslandsgemeinschaft gekümmert wird.

Was in diesen merkwürdig passiv-aggressiven Beleidigungen abgeht, wird klar, wenn man bedenkt, dass das Quai d’Orsay darauf besteht, dass Frankreich in Jerusalem eine besonderer Rolle als Beschützer der heiligen Stätten spielen sollte. Viele dieser Stätten sind – natürlich – katholisch, aber eine, die vor kurzem größere öffentliche Aufmerksamkeit erregte, ist es nicht: die Königsgräber, die sich im „Ostjerusalemer“ Viertel Scheik Jarrah befinden.

Von dem verschachtelten und schönen Komplex aus dem Fels geschlagener Gräber wird geglaubt, er sei ein antiker Beerdigungsort der Königin Helena von Adiabene und ihrer Söhne, einer Königsfamilie im nördlichen Mesopotamien, die im 1. Jahrhundert zum Judentum konvertierte. Jerusalemer Juden betrachteten es als heiligen Ort, noch bevor er voll ausgegraben wurde und es gab immer Gruppen von Menschen, die dort beteten oder Psalmen rezitierten; Muslime behinderten das nicht.

1863 stahl Louis-Félicien de Saulcy, ein französischer Abenteurer, Numismatiker und Amateur-Archäologe rüde den Sarkophag der Königin Helena samt der Gebeine und schenkte ihn dem Louvre. Die bestürzte jüdische Gemeinschaft in Jerusalem appellierte an den Oberrabbiner Frankreichs, der sich daraufhin um Hilfe an Amélie Bertrand wandte, eine reiche Christin jüdischer Abstammung, die für ihr Interesse an jüdischen Dingen bekannt war. Über den französischen Konsul in Jerusalem kaufte Bertrand die Stätte Anfang der 1880-er Jahre und vertraute sie, wie Marker zeigen, Frankreich an „um den Jerusalemer Israeliten zu ermöglichen dort zu beten“.

Nach der Wiedervereinigung Jerusalems 1967 lehnte das französische Konsulat es ab die Gräber für jüdische Gläubige wieder zu öffnen und benannte die Stätte stattdessen in „Ostjerusalemer palästinensische Sehenswürdigkeit“ um; dabei ging man so weit 1997 ein Jerusalemer arabisches Musikfest zu gestatten. Eine Ausgabe des Palestine-Israel Journal (eine militant pro-palästinensische Publikation) aus dem Jahr 2000 pries die Veranstaltung wegen ihrer „Entwicklung blühender kultureller Verbindungen zwischen Palästina und dem Rest der arabischen Welt.“

Eine den Königsgräbern gewidmete Jerusalem-Stiftung hat Frankreich nicht nur wegen der Sache mit den eigentlichen Gräbern herausgefordert – die die Franzosen 2010 für Renovierungen schlossen und erst jetzt widerwillig wieder öffneten – sondern auch wegen des Sarkophags und der Knochen, die dem Louvre illegal „gespendet“ wurden. Ironischerweise wird dasselbe Quai d’Orsay, das den „internationalen Entscheidungen“ angeblich so edel gegenüber steht, unnachgiebig kleinkariert gegenüber dem jüdischen Jerusalem, wenn es um empfundene französische Interessen geht, besonders was seine Beziehungen zu Arabern betrifft.

Aber Frankreich hat schließlich kein Monopol auf Scheinheiligkeit, sein Beispiel ist für seine Hauptpartner in der EU als Ganzer nur allzu repräsentativ, womit uns nur ein weiterer Grund geliefert wird – vermeintlich auf Grundlage des internationalen Rechts stehende – Argumente gegen Israels Besitz von Jerusalem zu verwerfen.

Darüber hinaus gibt es, wie früher schon erwähnt, weitere Gründe, aufgrund derer man den Anspruch erheben kann, dass Jerusalem Israel gehört. Diesen können wir uns nun zuwenden.

VI. Das jüdische Jerusalem

Die Aufteilung von Territorium und das Abstecken von Grenzen sind im internationalen Recht komplizierte Dinge. Zufällig sind viele territoriale Streitigkeiten stattdessen durch Volksabstimmungen zu Selbstbestimmung entschieden worden; dabei wurden Fakten vor Ort angeführt, wobei hervorragende demografische Fakten vor Ort einflossen oder bilaterale bzw. multilaterale Vereinbarungen solche Realitäten einbezogen.

Das gilt für Städte wie für größere Territorien: Ein Präzedenzfall ist die Eingliederung der kulturell italienischen Stadt Triest nach Italien unter dem Londoner Memorandum von 1955 und der Vertrag von Osimo 1975.

Wie passt aber dieser wichtige vergleichbare Fall mit Jerusalem zusammen?

Der erste verlässliche demografische Überblick zu Jerusalem wurde 1845 vom preußischen Konsul Ernst-Gustav Schultz durchgeführt. Von einer Gesamtbevölkerung von16.410 Menschen, die hauptsächlich in der ummauerten Altstadt lebten, waren nach seiner Feststellung 7.120 Juden, 5.000 Muslime, 3.390 Christen, 800 türkische Soldaten und 100 Europäer. Mit anderen Worten: Lange vor dem modernen Beginn der zionistisch inspirierten Immigration bildeten die Juden mit 43 Prozent der Bevölkerung bereits die größte einzelne Bevölkerungsgruppe.

Dreiundzwanzig Jahre später, 1868 – um die Zeit von Mark Twains berühmter Reise ins Heilige Land, die er in „Die Ahnungslosen im Ausland“ beschrieb – teilte der Jerusalem Almanack, eine Publikation für westliche Besucher, die Bevölkerung gleichmäßig in Juden (9.000 von 18.000 Einwohnern) und Nichtjuden (5.000 Muslime und 4.000 Christen) auf, womit die Juden einmal mehr die größte Einzelbevölkerungsgruppe waren.

In den 1870-er und 1880-er Jahren begann Jerusalem sich zu entwickeln, außerhalb der Mauern von Sultan Suleiman – entlang der Jaffa Road nach Westen, der Nablus Road nach Norden und der Jericho Road nach Osten. Ringe neuer Viertel wurden gebaut, zusammen mit vielen öffentlichen Einrichtungen. In dem Prozess, die die Stadt auf sich nahm, gehörten, wie wir gesehen haben, einen ausgesprochen christlicheren Charakter mit eindrucksvollen neuen Gebäuden einschließlich Kirchen, Klöstern und Krankenhäusern, die von den katholischen, orthodoxen und protestantischen Mächten finanziert wurden.

Aber die demografische Ausweitung war im Wesentlichen den Juden geschuldet. Bis 1889 waren von 39.175 Einwohnern 7.115 Christen (18,1%), 7.000 Muslime (17,8%) und 25.000 Juden (63%).

Das Wachstum Jerusalems als hauptsächlich von Juden bewohnter Stadt setzte sich bis zum Ersten Weltkrieg zügig fort. Während nach Angaben des Historikers Martin Gilbert „die Bevölkerung Jerusalems sich zwischen 1889 und 1912 fast verdoppelte“, verdreifachte sich die jüdische Bevölkerung beinahe.

Eine der aufschlussreichsten Quellen dazu ist der Guide de Terre Sainte (Führer für das Heilige Land), der im frühen 20. Jahrhundert von Vater Barnabé Meistermann, einem französischen Franziskanerpater, unter der Obhut der Aufsicht für das Heilige Land veröffentlicht wurde. Das Werk ist ein Monument religiöser, historischer und ästhetischer Gelehrsamkeit und bietet einen detaillierten, praktischen Bericht zu den verschiedenen beteiligten Einheiten: das eigentliche Heilige Land, was so viel heißt wie das heutige Israel und Jordanien,  plus Italien, Ägypten, Libanon, Syrien, Kleinasien und Konstantinopel.

Nach Angaben der ersten Ausgabe des Guide, die 1907 veröffentlicht und von Gilbert in seinem Jerusalem Illustrated History Atlas zitiert wurde, gab es zu der Zeit 58.900 Einwohner: 10.900 christliche Araber (18 Prozent), 8.000 muslimische Araber (13,5 Prozent) und 40.000 Juden (67 Prozent). Eine aktualisierte Ausgabe, die 1914 veröffentlicht werden sollte, wurde nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs ausgesetzt und danach editiert, um die geopolitischen Folgen zu reflektieren, die vom Sturz des Osmanischen Reiches und dem Ende der acht Jahrhunderte muslimischer Kontrolle über Jerusalem und das Land Israel verursacht wurden.

Was die Bevölkerung Jerusalems angeht, führt die zweite Ausgabe eine spätere Vorkriegszählung des deutschen Statistikers Davis Trietsch aus dem Jahr 1910 an. Von den 92.000 Einwohnern der Stadt verzeichnete Trietsch 1.700 (18,4%) als Christen, 13.000 Muslime (14,1%) und 62.000 Juden (wieder bei 67%).

Weiter gefasst heißt das, dass dieses Verhältnis von Juden zu Arabern (etwa zwei Drittel zu einem Drittel) bis heute demographische Realität darstellt, trotz starken jüdischen Bevölkerungswachstums einerseits und wiederholten Gewaltausbrüchen andererseits, letztere inklusive antijüdischen Krawallen und Pogromen, Krieg, Terrorismus und Zwangsmigration von Juden wie von Arabern.

Somit gab es 1944 nach Angaben einer britischen Volkszählung 97.000 Juden in Jerusalem, bei 156.980 Einwohnern (61,7%); 1967, als die Stadt unter israelischer Herrschaft wiedervereint wurde, gab es 195.700 Juden bei 263.307 Einwohnern (74,3%); 2017 564.897 Juden bei 882.652 Einwohnern (64%).

Wenn man Metropole „Groß“-Jerusalem betrachtet statt die Kommune, ist das Verhältnis weiterhin genauso. Zu einer solchen Metropole würden, zusätzlich zur gegenwärtigen israelischen Kommune Jerusalem, die prä-1967-er Kommunen von Mevasseret Zion, Motza Illit, Even Sapir, Ora, Abu Gosch, Ma’aleh Hahamischah sowie die israelischen post-1967-er KommunenMa’aleh Adumim, Pisgat Ze’ev, Gilo und der Bereich des Gusch Etzion gehören, ebenso die PA-Kommunen Ramallah; Bireh, Abu Dis, Beit Jalla, Beit Sahur und Bethlehem – alles in allem eine Bevölkerung von rund 1,2 Millionen.

Von diesen Einwohnern würden Juden 764.000 (63%) ausmachen, Araber 450.000 (37%). Würde man die 150.000 Araber in den PA-Kommunen nicht mitzählen, aber die israelischen von vor und nach 1967 beibehalten, stände der jüdische Bevölkerungsanteil bei 72 Prozent, der arabische bei 28 Prozent.

Diese beeindruckende demografische Stärke der Jerusalemer Juden, sowohl in absoluten wie auch in relativen Zahlen, ist das Ergebnis sowohl migrationstechnischen Zustroms (einschließlich Immigration aus dem Ausland) als auch hoher Geburtenraten (besonders bei orthodoxen und hareidischen Gemeinschaften). Die demografische Zähigkeit der Jerusalemer Araber beruht auf ähnlichen Trends: einerseits relativ hohe Geburtenraten, andererseits Migration aus anderen Nahost-Ländern bis 1947, dann der Zustrom von Flüchtlingen aus anderen Teilen Palästinas nach dem Krieg von 1948, gefolgt von wirtschaftlich oder politisch hervorgerufener Migration aus arabisch-palästinensischen Dörfern und semi-nomadischen Beduinenstämmen in der Westbank seit den 1950-er Jahren.

Das trifft zumindest und besonders auf muslimische Araber zu, rechnet aber nicht die große demografische Herausforderung ein, die innerhalb der arabischen Bevölkerung Jerusalems eintrat. Bis in die frühen 1920-er Jahre übertrafen die christlichen Araber die muslimischen Araber an Zahl, aber das hat seitdem stetig abgenommen. 2015 gab es nur noch 12.400 christliche Araber in Jerusalem, aber 307.300 muslimische Araber (3,8% der arabischen Gesamtbevölkerung von 319.700 oder 1,5% der gesamten Jerusalemer Bevölkerung aus Arabern und Juden). Selbst in einer größeren Jerusalemer Metropole, die die hauptsächlich christlichen Kommunen Bei Jalla und die ehemals christliche, aber heute vorwiegend muslimische Kommune Bethlehem einschließt, gibt es nicht mehr als insgesamt 30.000 arabische Christen (2,4%).

Hier sind mehr als demografische Faktoren alleine (d.h. niedrigere Geburten- und Immigrationsraten) am Werk gewesen. Von 1949 bis 1967 erzwang, wie wir schon vermerkten, Jordaniens haschemitische Regierung im arabischen Sektor Jerusalems eine stete Politik der Islamisierung. Ziemlich natürlich begannen arabische Christen, weil sie um ihre Zukunft fürchteten, massenhaft auszuwandern, wodurch ihre Anzahl von 1944 bis 1967 um fast zwei Drittel zurückging.

Unter israelischer Herrschaft ab 1967 stabilisierte sich die Zahl der Christen, nahm aber nicht zu, besonders weil ähnliche Härten seit 1993 in den Bereichen unter der von der Fatah beherrschten palästinensischen Autonomiebehörde verhängt wurden. Tatsächlich legt die schwindende christliche  Bevölkerung unter palästinensischer Herrschaft nahe, dass nur der jüdische Staat die christliche Minderheit effektiv schützen kann.

Um zu den Juden zurückzukehren und zusammenzufassen: Israels Ansprüche auf Jerusalem werden nicht nur von den moralischen und rechtlichen Überlegungen gestützt, die wir schon betrachtet haben, sondern auch durch überzeugende demografische Daten, die zeigen, dass die Heilige Stadt seit fast zwei Jahrhunderten eine relative jüdische Mehrheit und seit eineinhalb Jahrhunderten eine absolute jüdische Mehrheit.beherbergte.

VII. Der Mythos und die Wirklichkeit

Was lehrt uns diese Geschichte? Sie widerlegt die weithin vertretene Vorstellung, dass der Status von Jerusalem einer internationalen „Vereinbarung“ unterworfen ist. Diese Vorstellung ist nichts als ein Mythos – ein Mythos, der dem politischen Zweck gewisser interessierter Parteien dient. Diese Parteien argumentieren, der Zionismus sei ein Eindringling in der Stadt, ein Neuankömmling, der Chaos in den Mix einer ruhigen, stabilen, hauptsächlich arabisch-muslimischen Stadt bringt, die seit Jahrhunderten manchmal unter christlicher Kontrolle, zu anderen Zeiten mit einem starken christlichen Elemente existiert hatte.

Nichts davon stimmt. Die Wahrheit lautet, dass es in Jerusalem selbst in früheren Zeiten immer gärte, eine Art Wilder Osten, in dem alle großen Gruppen, nicht nur emporkommende Juden, sich abstrampelten etwas für sich selbst aufzubauen. Was den modernen Vorschlag angeht die Stadt „zu internationalisieren“, so war das in erster Linie ein Mittel die katholische Kirche zufriedenzustellen, die damals selbst eine eindrucksvolle Weltmacht und im Heiligen Land eine fremde war. In diesem Zusammenhang ist die Idee von Jerusalem als einer „internationalen Stadt“ ein Stück westlicher „Kolonial“-Geschichte, während die jüdische Verbindung zu Jerusalem uralt und indigen ist.

Glücklicherweise hatte das globale Getrommel der Verurteilung keine Auswirkungen auf die Entscheidung des Weißen Hauses. Die Botschaft der Vereinigten Staaten wurde mit Wirkung vom 14. Mai 2018 (dem 70. Jahrestrag der Unabhängigkeit Israel nach dem gregorianischen Kalender) vom Strand in Tel Aviv, wo sie sich seit 1966 befand, auf ein großes Gelände im Viertel Amona in Jerusalem verlegt, das eine Reihe von Jahren als Konsulatseinrichtung genutzt worden war. Das ältere Konsulat in Jerusalem, das bis dahin als de-facto-Mission der USA bei der PLO wirkte und nicht dem amerikanischen Botschafter in Tel Aviv unterstellt war, sondern direkt dem Außenministerium, berichtet jetzt ebenfalls, wie fast alle anderen US-Konsulate überall, dem Außenministerium über den örtlichen US-Botschafter. Im Einklang mit dieser Politik der Normalisierung und Anerkennung der Realität hat die Administration auch die israelische Souveränität über die Golanhöhen anerkannt und der US-Botschafter hat bestätigt, dass Israel eines Tages auch große israelische Siedlungen in der Westbank in sein Staatsgebiet eingliedern wird.

Überdies regte das Beispiel der US-Administration bald andere Staaten an, von denen einige sogar für die UNO-Resolution stimmten, die den Schritt verurteilten. In der Folge machten es kleine Länder wie Guatemala und Moldawien der amerikanischen Initiative nach. Mehrere EU-Länder – Österreich, die Tschechische Republik, Ungarn, Rumänien – haben davon gesprochen ähnliche Entscheidungen zu treffen und haben zudem eine neu formulierte Erklärung blockiert, die die Verurteilung der EU für den amerikanischen Botschaftsumzug erneut verurteilte. Größere Länder wie Brasilien uns Australien haben gesagt, sie könnten überlegen ihre Botschaften zukünftig zu verlegen oder wenn nicht ihre Botschaften, dann zumindest einige diplomatische Büros: Maßnahmen, die vielleicht nicht immer mutig sind – auch diplomatische Vorsichts-Gewohnheiten sind nur schwer totzukriegen – weichen vom Urteil der Leute, die wichtig sind, ab.

Noch bedeutender ist, dass die Entscheidung von 2017 keine Gegenreaktionen zu Präsident Trumps Nahost-Politik generierte, wie Mahmud Abbas und andere antiisraelische Hardliner erwartet hatten; oder arabische bzw. muslimische Länder davon abhielt am „Friedensplan“ der Administration Trump beteiligt zu sei und ihre eigenen wirtschaftlichen, kulturellen und/oder strategischen Verbindungen zu Israel zu verbessern.

In diesem Zusammenhang sollte die amerikanische Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels nicht nur als Beitrag zu den grundlegenden Interessen des jüdischen Staates und als innovativer Ansatz zu den Problemen des Nahen Ostens gepriesen werden. So bahnbrechend diese Leistungen auch sind, sie erinnern uns auch an die Notwendigkeit wachsam zu bleiben, wie die internationale Ordnung entstand und wem zu dienen sie entworfen wurde, was genau ihre Rolle im internationalen Recht ist und wie an sie herangetreten werden sollte; und wenn es um die Geschichte und das Schicksal Israels und des jüdischen Volkes geht, wie der unersetzliche Wert von Optimismus, Durchhaltevermögen, Führung – und Zahlen aussehen.

 

Übersetzt von Heplev


Autor: Heplev
Bild Quelle:


Freitag, 02 August 2019