Bewohner von Gaza fordern Untersuchung tödlicher Raketeneinschläge

Bewohner von Gaza fordern Untersuchung tödlicher Raketeneinschläge


Obwohl die meisten Einwohner des Gazastreifens wissen oder schon selbst erlebt haben, dass immer wieder palästinensische Raketen auf dem Gebiet selbst niedergehen, wagt aus Angst vor Repressionen niemand, darüber öffentlich zu sprechen.

 Bewohner von Gaza fordern Untersuchung tödlicher Raketeneinschläge

Tödliche Zwischenfälle, bei denen im Zuge der jüngsten Auseinandersetzung zwischen Israel und dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) auf Israel abgefeuerte Raketen der Terrororganisation noch in Gaza selbst niedergingen und zahlreiche Zivilisten töteten, haben die Bevölkerung des Küstenstreifens verärgert.

Insgesamt feuerte der PIJ 1.100 Raketen auf Israel ab, von denen 200 im Gazastreifen einschlugen und insgesamt 15 Zivilisten töteten, während durch israelische Angriffe auf die PIJ-Terrorinfrastruktur elf Zivilisten ums Leben kamen. Während PIJ-Vertreter sich weigerten, mit Al-Monitor über die Vorfälle zu sprechen, interviewte das Nachrichtenmagazin mehrere Bewohner des Lagers Jabalia, in dem am 6. August sieben Zivilisten – darunter vier Kinder – von einer PIJ-Rakete getötet und 21 verletzt worden waren.

Dabei sagte ein Anwohner einer nahegelegenen Straße gegenüber Al-Monitor unter der Bedingung der Anonymität, dass er und seine Familie an dem infrage stehenden Tag »um 21 Uhr durch das Geräusch einer riesigen Explosion aufgeschreckt« worden seien. Er und seine Brüder seien losgerannt, um zu sehen, was passiert war. Vor Ort hätten die Menschen bereits mit dem Versuch begonnen, das Feuer zu löschen, während sie auf die Ankunft des Zivilschutzes und der Krankenwagen warteten:

»Ich sah eine zwölf Meter lange Rakete, die horizontal eingeschlagen und explodiert war. Ich danke Gott, dass sie nicht senkrecht einschlug, sonst wäre es zu einem großen Massaker gekommen. Jeder weiß, dass die Rakete eine lokale Rakete war, aber niemand traut sich, darüber zu sprechen, vor allem nicht mit den Medien und der Presse, geschweige denn Namen zu nennen. Hier gibt es keine Meinungsfreiheit und kein Recht auf freie Meinungsäußerung.

Es gibt keinen Respekt für die Ansichten anderer, und wer den PIJ für die vom Kurs abgekommenen Raketen verantwortlich macht, gilt als unpatriotisch und als Komplize der israelischen Verbrechen gegen uns. Wer auch immer etwas sagt, er würde von den Behörden verhaftet und es würde gegen ihn ermittelt werden. Deshalb wagt es niemand, darüber zu sprechen.

Wir sind uns unseres Kampfes mit Israel wohl bewusst und unterstützen den palästinensischen Widerstand, aber wir müssen uns gegen dieses Verbrechen wehren und eine Untersuchung fordern, denn es ist nicht das erste Mal, dass Raketen auf Zivilisten niedergehen. In den vier vorangegangenen Kriegen sind viele Raketen auf Felder und Dächer, ja, sogar direkt auf Menschen niedergegangen und haben sie getötet oder schwer verletzt. Im Jahr 2008 verlor ich meinen besten Freund bei einer der durch Widerstandsraketen ausgelösten Explosionen, und 2014 fiel eine Rakete auf das Haus meiner Tante und verletzte ihr Kind schwer.«

Neu sei diesmal, fuhr der Anwohner fort, dass der Islamische Dschihad allein und ohne die regierende Hamas gegen Israel vorgegangen sei, weswegen in der sehr stark in Fraktionen aufgespaltenen Gesellschaft des Gazastreifens mehr Menschen bereit seien, gegen den PIJ aufzustehen und ihn für die fehlgegangenen Raketen verantwortlich zu machen. So auch ein örtlicher Journalist, der gegenüber Al-Monitor erklärte:

»Ich habe über alle Kriege im Gazastreifen berichtet, viele Fotos und Videos gemacht, und in jedem Krieg habe ich gesehen, wie eine Reihe von Raketen auf Zivilisten niederging. Bei dem Massaker im Lager Jabalia habe ich mit eigenen Augen den Einschlag einer lokalen Rakete gesehen. Wir wollen nur die Wahrheit und eine klare Untersuchung der Angelegenheit.

Sie aber wollen, dass wir nicht über diese Angelegenheit sprechen, und wenn wir reden, bezeichnen sie uns als Kollaborateure der Besatzung. Wir verurteilen die Besatzung und ihre Verbrechen gegen unser Volk, aber was hier geschieht, ist ein schweres Verbrechen gegen Zivilisten und Kinder.«

Die israelische Armee veröffentlichte Fotos und Videos, auf denen Aktivisten aus Gaza die Raketenabschüsse des PIJ dokumentieren. Israelische Radar zeigen auch, wie einige Raketen vom Kurs abwichen und innerhalb des Gazastreifens einschlugen, drei davon im Lager Jabalia, in Beit Hanoun und im Flüchtlingslager Bureij.

Nichtsdestotrotz machten sowohl PIJ als auch die Hamas Israel für den Vorfall in Jabalia verantwortlich und forderten die Journalisten im Gazastreifen auf, keine Falschbehauptungen über palästinensische Raketen zu verbreiten, die Palästinenser töten würden. Das Medienbüro der Hamas-Regierung wandte sich mit deutlichen Worten an die Korrespondenten internationaler Zeitungen, die über die Todesopfer der fehlgegangenen PIJ-Rakete berichteten, und warf ihnen vor, die Darstellung der Besatzung zu übernehmen.

Am 7. August schlugen Raketen auf einem Friedhof ein und töteten dort fünf Kinder, was ebenfalls eine Debatte über deren Herkunft auslöste und darüber, ob es sich dabei auch um im Gazastreifen gestartete Raketen des Islamischen Dschihad handeln könnte. Nach einer Untersuchung des Vorfalls erklärte Israel jedoch, dass es sich dabei um von seinen Verteidigungsstreitkräften abgefeuerte Raketen gehandelt habe.

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Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: MENA Watch
Bild Quelle: Screenshot YT


Mittwoch, 31 August 2022

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