Das Problem mit Lapids schwachen Bedingungen für die Gründung eines Palästinenserstaats

Das Problem mit Lapids schwachen Bedingungen für die Gründung eines Palästinenserstaats


Die vom israelischen Premierminister Yair Lapid, dem PA-Vorsitzenden Mahmud Abbas und dem amerikanischen Präsidenten Joe Biden vor der UNO-Vollversammlung gehaltenen Reden, verbunden mit Abbas´ Ausführungen in Berlin zu den „50 Holocausts“, die Israel gegen die Palästinenser verübt habe sowie der angespannten Lage in Jerusalem und Judäa/Samaria, widerspiegeln die komplexe Realität, die aktuell das Problem der Palästinenser bildet.

Das Problem mit Lapids schwachen Bedingungen für die Gründung eines Palästinenserstaats

Von Brigadegeneral (a.D.) Yossi Kuperwasser, Jerusalem Center for Public Affairs

Lapid gab dem Traum eines Teils der israelischen Öffentlichkeit Ausdruck eine Vereinbarung zu erzielen, die Israel von der Realität der „Besatzung“ befreit, während gleichzeitig Sicherheit für Israel erreicht werden soll. Seine Bemerkungen zu den Lektionen, die wir aus der Abkoppelung vom Gazastreifen gelernt haben, spiegeln die Bedrängnis, der sich dieser Teil der israelischen Öffentlichkeit gegenüber sieht und sie zeigen, dass der Premierminister begreift, wie weit entfernt von einer Lösung wir sind. Allerdings sind Lapids Ausformulierungen zu den Bedingungen für die Einrichtung einer Zweistaatenlösung für zwei Völker nicht deutlich genug und deuten eine Art Naivität und zu wenig Vertrautheit mit den früheren Diskussionen des Themas an.

Frühere Diskussionen der Voraussetzungen für einen Palästinenserstaat

US-Außenminister Colin Powell, gefolgt von den israelischen Premierministern Sharon und Netanyahu und offenbar Außerministerin Tzipi Livni sowie Präsident Obama, Präsident Biden implizit in seinem kürzlich erfolgten Besuch in Bethlehem und natürlich Präsident Trump in seinem Friedensplan, machten den Palästinensern deutlich, dass die Verwirklichung der Idee eines Palästinenserstaates von deren Bereitschaft abhängig ist Israel als jüdischen Staat oder als Nationalstaat des jüdischen Volks anzuerkennen. Nur eine solche Anerkennung kann, nach einiger Zeit, zur Aufgabe des Terrorismus und der Akzeptierung der Realität von zwei Staaten für zwei Völker, von denen eines das jüdische Volk ist, führen.

Premierminister Rabin schloss die Möglichkeit eines Palästinenserstaats unter jeglichen Umständen schlicht aus. Lapid hingegen beschränkte sich auf eine Formel, die die Wurzeln des Terrorismus und die Umstände der Gründung eines Palästinenserstaats einzig über die Einstellung des Terrorismus ignoriert. Das ist ein Ansatz, der praktisch gefährliche Zugeständnisse garantiert, um die Beschleunigung der Realisierung der falschen Maxime für Konfliktlösung zu beschleunigen.

Trump erhob eine Reihe zusätzlicher Bedingungen – die nicht weniger unerlässlich sind – darunter die Einstellung der Hetze und Indoktrination, die Einstellung der Zahlung von Gehältern an Terroristen, die Aufgabe des Versuchs Israel vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu verklagen und die palästinensische Bereitschaft israelische Sicherheitshoheit zu akzeptieren, die es Israel erlauben wird mit denen umzugehen, die am Terrorismus gegen es in den Gebieten des Palästinenserstaates verwickelt sind. Aus irgendeinem Grund ließ Lapid all diese Bedingungen außen vor.

In der Praxis wird die Gründung eines Palästinenserstaats unter den von Lapid vorgelegten Bedingungen es für Israel sehr schwierig machen gegen Terrorismus vorzugehen, wenn dieser vom Territorium des Palästinenserstaats ausgeht, weil es Israel unmöglich gemacht wird ohne Einschränkungen im Gebiet eines fremden Landes zu agieren.

Die Palästinenser bleiben auf ihr israelfeindliches Narrativ festgelegt

Darüber hinaus werden die Chancen eines Wiederauflebens des Terrorismus sehr hoch sein, solange die Palästinenser dem Narrativ verpflichtet bleiben, das Abbas, zusammen mit der Hamas, dem Palästinensischen Islamischen Jihad und anderen Fraktionen anhing. Dieses Narrativ, das sich in Abbas Rede bei der UNO und in seinen problematischen Äußerungen in Deutschland spiegelt, argumentiert, dass die Palästinenser ein nicht verfallendes Recht auf das gesamte Territorium des historischen Palästina haben, dass es kein jüdisches Volk gibt und dass die Juden keine Souveränität im Land Israel/Palästina haben und dass Israel von Kolonialismus und Imperialismus gegründet wurde, die sich der Anwesenheit der nicht tolerierbaren Juden in ihren Ländern entledigen wollten und sie als Brückenkopf im Kampf gegen den Islam ausnutzten.

Daher haben die Palästinenser das Recht und die Pflicht für die Verwirklichung ihrer Ziele zu kämpfen, deren oberstes der Sieg über den Zionismus ist und zwar mit allen Mitteln, einschließlich des Einsatzes von Gewalt und Terrorismus (obwohl Mahmud Abbas  es aus Kosten-Nutzen-Überlegungen vorzieht sich auf die Gewalt zu konzentrieren, die keinen Einsatz von Schusswaffen beinhaltet). Zusätzlich dürfen die Palästinenser ihren Status als alleinige Opfer des Konflikts nicht aufgeben, weiter die nationale und islamische Dimension in ihre politischen Kampagnen integrieren und ihre Weigerung beibehalten Israel als jüdischen Staat zu akzeptieren.

Um solch gefährliche Schritte innerhalb des israelischen Diskurses zu rechtfertigen, werden falsche Bedrohungen aufgebaut, wenn wir keine Schritte fördern, die zur Existenz eines Palästinenserstaates führen, würden wir uns unfreiwillig in der Realität eines binationalen Staates wiederfinden und das wäre das Ende der zionistischen Vision.

Dabei ist dieses Drohszenario völlig unbegründet. Die politische Trennung zwischen Israel und den Palästinensern ist bereits im Rahmen der Oslo-Vereinbarungen verwirklicht und spiegelt sich in der Einrichtung der palästinensischen Autonomiebehörde, die die Körperschaft ist, über die die Palästinenser ihre politischen Rechte umsetzen und ihr eigenes Schicksal kontrollieren können. Das schließt das von der Hamas kontrollierte System im Gazastreifen und das von der Fatah kontrollierte in Judäa und Samaria ein. Bedenken wegen eines binationalen Staates aufzuwerfen ist schlicht ein Mittel Druck auf Israel auszuüben und die Gründung eines Palästinenserstaates oder einseitiger Trennungen in Abwesenheit der Umstände für die Gründung eines solchen Staates zu rechtfertigen.

Die Intensivierung des palästinensischen Terrorismus

Was Israel tatsächlich Sorge bereiten sollte ist die Intensivierung des palästinensischen Terrorismus als Ergebnis der fortgesetzten Hetze und der Erosion der Fähigkeit der palästinensischen Autonomiebehörde ihre Rolle als Verwalter der Gebiete unter ihrer Kontrolle zu erfüllen. Grund dafür sind die grassierende Korruption und der Frust von Mahmud Abbas und vielen anderen in der Palästinenserführung wegen ihrer Unfähigkeit ihre politischen Ziele auf Kosten Israels voranzubringen. Das ist die Folge wirtschaftlicher Probleme sowie des Gefühls, dass Abbas´ Festhalten an seinem Posten als Vorsitzender der PA, der PLO und der Fatah von seinem fortgeschrittenen Alter untergraben wird und daher muss sich jeder auf den „Tag danach“ vorbereiten.

Muss Israel die PA stärken?

Die israelische Antwort auf diese Realität scheint auf die Idee beschränkt zu sein „die PA zu stärken“, was eine übertriebene Angst vor deren Zusammenbruch spiegelt. In der Praxis steht die PA, trotz ihrer Probleme, nicht in der Gefahr eines Zusammenbruchs. Sie funktioniert weiter als Mechanismus, der das Leben der Palästinenser verwaltet und rund 160.000 Beamte beschäftigt. Sie wird auch weiterhin trotz der Kritik an ihren ranghohen Persönlichkeiten als wichtigste nationale Errungenschaft der Palästinenser wahrgenommen.

Konzentration auf die Stärkung der PA ignoriert die Tatsache, dass sie den Terrorismus nicht bekämpft, sondern dazu ermutigt, das palästinensische Narrativ über Hetze lebendig erhält und daran arbeitet das auch in der internationalen Arena zu propagieren. Die PA vereinbart auch die Verwicklung von Fatah-Elementen und der Sicherheitsapparate der PA in den Terrorismus in der Westbank und ermutigt sogar dazu.

Obwohl die PA auf ihrem Gebiet manchmal gegen Hamas-Aktivisten vorgeht, wie sie es vor kurzem in Nablus gemacht hat, ist das hauptsächlich deshalb der Fall, weil sie sie als Bedrohung für ihre Verbleiben an der Macht betrachtet. Israelische Anstrengungen werden ebenfalls ausgeführt, während die Tatsache ignoriert wird, dass die Schwächen der PA derart schwerwiegend sind, dass nicht sichergestellt werden kann, dass Israels handeln tatsächlich zu einer Veränderung des Trends führt und in gewissem Ausmaß schaden sie damit die PA als mit Israel zusammenarbeitend dargestellt wird. Im Ergebnis stehen die Chancen schlecht, dass die Bemühungen die PA zu stärken zu einer Veränderung ihrer Politik zum Besseren führen wird.

Was sollte Israel tun?

Was sollte Israel also tun? Erstens muss es weiter seine Bemühungen intensivieren als Teil der Operation „Wellenbrecher“ Terrorismus und über erhöhten Militäreinsatz in Jerusalem und an erkannten Reibungspunkten zu vereiteln. Das geht einher mit dem fortgesetzten Aufbau der Bereitschaft für einen weiteren Feldzug gegen die Terrororganisationen im Gazastreifen, was zu einem bedeutenden Schlag gegen die Fähigkeit der Hamas führen wird Israel zu bedrohen.

Die Vorstellung, dass Nichtstun den Kreislauf des Terrorismus stoppen wird, ignoriert die Tatsache, dass die Motivation zum Verüben von Anschlägen nicht die Aktivitäten der IDF und der Israelischen Sicherheitsagentur (ISA) vor Ort sind; denn das wurzelt in viel tiefer liegenden Motiven, die dem oben beschriebenen palästinensischen Narrativ entstammen.

Zweitens muss Israel versuchen weiter Beziehungen zu arabischen Ländern zu entwickeln, die dem Vorbild der Abraham-Vereinbarungen folgen, denn das ist der beste Weg den Palästinensern zu verdeutlichen, dass ihr Konzept des Kampfs gegen Israel vorsintflutlich und vergeblich ist. In der ersten Phase könnte die Anerkennung dieser Realität den palästinensischen Frust erhöhen und zu Terroranschlägen anspornen, aber mit der Zeit ist die Erkenntnis der Sinnlosigkeit der Anschläge und die Leugnung der Anerkennung Israels als jüdischem Staat unerlässlich für palästinensische Selbstwahrnehmung, die andere Ansichten fördern kann.

Drittens muss Israel diejenigen im palästinensischen System stärken, die bereit sind die Verbesserung der Lebensqualität über die Hingabe an den Kampf zu stellen und direkt mit ihnen arbeiten statt über die palästinensische Autonomiebehörde oder die Hamas. Die Zahl der Arbeitsgenehmigungen für Palästinenser in Israel zu erhöhen und Palästinensern zu erlauben vom Flughafen Ramon zu fliegen sind positive Beispiele für diese Art von Maßnahmen.

Viertens muss Israel weiter fordern, dass die Palästinenser die Hetze und die Gehaltszahlungen an in Israel inhaftierte Terroristen einstellen und klarmachen, dass eine Lösung des Konflikts davon abhängt, dass Israel als Nationalstaat des jüdischen Volks anerkannt wird.

Vor allem müssen wir begreifen, dass der Kampf noch lang ist wir bereits sein müssen ihn militärisch, politisch und mental fortzusetzen und uns nicht in Trugschlüsse und falsche Visionen verstricken zu lassen, die drohen die für diesen Kampf nötige Bewusstseinslage zu untergraben.

 


Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: Heplev
Bild Quelle: Mark Nakasone from Haifa, Israel, Israel, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons


Freitag, 14 Oktober 2022

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