Der Besuch Blinkens zeigt, was in der Nahost-Diplomatie nicht stimmt

Der Besuch Blinkens zeigt, was in der Nahost-Diplomatie nicht stimmt


Masafer Yatta und Khan al-Ahmar sind zwei kleine Beduinen-Enklaven in der Westbank, die der Staat Israel evakuieren will, was eine beträchtliche Menge an internationaler Medienaufmerksamkeit hervorgerufen hat.

Der Besuch Blinkens zeigt, was in der Nahost-Diplomatie nicht stimmt

Von Chaim Lax

Große Nachrichtenorganisationen wie die BBC, CNN und die Washington Post haben detaillierte Berichte über die Kontroverse um diese beiden Bereiche veröffentlicht. Aber wie viel weiß man wirklich über die Geschichte hinter dem Streit? Und wie viel von der Perspektive Israels wird in diesen Berichten dargestellt?

Hier ist ein genauerer Blick in die Geschichte von Masafer Yatta und Khan al-Ahmar sowie eine Analyse der israelischen Sicht zu ihrer Räumung.

Masafer Yatta

Zusammenfassung:

  • Masafer Yatta liegt in den südlichen Hebron-Bergen und wurde traditionell zum Grasen und für Landwirtschaft genutzt; es gab keine permanenten Einwohner.
  • In den frühen 1980-er Jahren richtete die IDF in dem Bereich die Übungszone 918 ein.
  • 1997 zerrten örtliche Araber die IDF vor Gericht, um die Feststellung als Übungsgebiet aufheben zu lassen.
  • Die meisten Bauten in Masafer Yatta sind im Verlauf der letzten 20 Jahre illegal errichtet worden und dienen dazu Fakten vor Ort zu schaffen.
  • Die meisten Bauten in Masafer Yatta sind im Verlauf der letzten 20 Jahre illegal errichtet worden und dienen dazu Fakten vor Ort zu schaffen.
  • 2022 entschied der israelische oberste Gerichtshof zugunsten der IDF.

In den südlichen Hebron-Bergen gelegen setzt sich Masafer Yatta aus 12 Dörfern/Weilern zusammen, die von lokalen Beduinen nur spärlich bewohnt werden. Derzeit ist der 36 Quadratkilometer große Bereich von annähernd 1.000 Bewohnern bevölkert (und 5% des Bereichs haben die Größe von New York City mit rund 0,01% von dessen Bevölkerung.)

Während der Zeit der Osmanen, der Briten und der Jordanier wurde Masafer Yatta als Staatsland betrachtet und in erster Linie von Beduinen und lokalen Arabern aus der großen Stadt Yatta als Weideland für ihre Tiere sowie für landwirtschaftliche Entwicklung genutzt.

Während dieser Zeit gab es auf dem Land keine festen Bauten und Menschen, die  eine längere Zeit in dem Bereich verbrachten, lebten zeitweiligen besonderen Höhlenwohnungen.

In den frühen 1980-er Jahren beschlagnahmte die IDF die Gegend als militärisches Übungsgelände und es wurde zur Trainingszone 918 (manchmal als „Schießstand 918“ bezeichnet).

Fast 20 Jahre lang war die IDF in der Lage ungehindert Militärmanöver in der Zone durchführen konnte, während gleichzeitig lokalen Arabern erlaubt wurde ihre Herden dort weiter grasen zu lassen sowie ihnen vorab zu sagen, wann Soldaten scharf schießen.

1997 reichten lokale Palästinenser einen Antrag beim Obersten Gerichtshof ein, um der Gegend die Bestimmung Gegend als Übungszone zu entziehen und jegliches Hindernis für Zugang zu ihr zu beseitigen.

Gleichzeitig begannen sie illegale feste Bauten überall in der Zone ohne Baugenehmigung durch die israelischen Behörden zu errichten. Laut den Oslo-Vereinbarungen hat Israel volle Kontrolle in Area C (zu der Masafer Yatta gehört), bis eine Endstatus-Vereinbarung mit der palästinensischen Autonomiebehörde erzielt ist.

Diese illegale Bautätigkeit war zuerst auf drei Abschnitte beschränkt, aber später auf die 12 ausgeweitet, die es heute gibt (die Feuerzone der IDF betrifft acht dieser 12 Weiler).

Im Jahr 2000, nach einem Versuch der IDF die neu bezogenen Gebiete zu räumen, wies der israelische oberste Gerichtshof die IDF an alle Räumungen einzustellen, verbot aber gleichzeitig jede Bautätigkeit an der Stelle, bis das Gericht seine endgültige Entscheidung getroffen hat.

Während es in dieser Zeit keine Räumungen gab, ging die illegale Errichtung fester Bauwerke ungehindert weiter.

Laut Militärquellen wurde die weit überwiegende Mehrheit der festen Bauwerke im Verlauf der letzten 20 Jahre illegal errichtet, viele davon stehen leer und dienen einzig der Schaffung eines falschen Eindrucks, das Gebiet sei stark bewohnt.

Zusätzlich stimmte die IDF in diesem Zeitraum der dauerhaften Besiedlung des nordwestlichen Teils der Feuerzone zu, die zwei der Weiler beinhaltet.

Im Mai 2022 entschied der oberste israelische oberste Gerichtshof zugunsten der IDF und erlaubte den legale Abriss der festen Bauten und die Räumung aller in dem Bereich der Feuerzone lebenden Personen.

Seitdem hat die IDF minimale Räumungen vorgenommen, während die Mehrheit der illegalen Bauten und ihre Einwohner weiterhin das Übungsgelände bewohnen.

Khan al-Ahmar

Zusammenfassung:

  • Khan al-Ahmar ist ein kleiner Beduinen-Weiler für 200 Menschen zwischen Jerusalem und dem Jordan.
  • Die Gemeinde wurde in den späten 1970-er Jahren illegal gebaut.
  • Wegen seiner Nähe zu einer großen Schnellstraße will die Regierung die Gemeinde an eine passendere Stelle umsiedeln.
  • Der oberste Gerichtshof genehmigte den Abbau von Khan al-Ahmar 2018, aber folgende Regierungen haben die Umsetzung ständig verzögert.

Khan al-Ahmar ist ein kleiner Beduinen-Weiler direkt neben der Schnellstraße 1, der Hauptverkehrsanbindung zwischen Jerusalem und dem Jordantal, innerhalb des strategischen Bereichs E1. Die aktuelle Bevölkerung von Khan al-Ahmar beträgt circa 200 Personen.

Der Beduinenstamm der Jahalin zog in den 1950-er Jahren erstmals in die Gegend (nach dem israelischen Unabhängigkeitskrieg), blieb aber bis in die späten 1970-er Jahre nomadisch; dann wurden in dem als Khan al-Ahmar bekannten Gebiet illegal die ersten festen Gebäude erstellt.

Anfänglich nahm die Bevölkerung bis in die 1990-er Jahre sehr langsam zu, ab da etwas schneller.

Laut einigen Beobachtern wuchs die Bevölkerung von Khan al-Ahmar in den 1990-ern auf Initiative der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) exponentiell; diese wollte die palästinensische Präsenz in Area C, dem israelisch verwalteten Teil der „Westbank“ verstärken.

Gemäß den Oslo-Vereinbarungen hat Israel die volle Kontrolle über das Land, bis eine Endstatus-Vereinbarung mit der palästinensischen Autonomiebehörde erzielt wird.

Der Hauptgrund für die Räumung von Khan al-Ahmar ist die Verlagerung seiner Einwohner weg von der Schnellstraße 1.

Da diese Hauptverkehrsstraße Jerusalem mit dem Jordantal verbindet, hat sie große strategische Bedeutung und die Existenz eines illegal gebauten Weilers direkt daneben könnte ebenso eine Bedrohung von Zivilisten, die die Straße tagtäglich nutzen, wie die potenzielle Bewegung von Truppen zu Israels östlicher Grenze darstellen.

Zusätzlich stellt die Lage von Khan al-Ahmar eine Gefahr für die Bewohner des Weilers an. Zum Beispiel befindet sich die Schule nur 20 Meter entfernt von der belebten Schnellstraße entfernt, was die Sicherheit sowohl der Schulkinder als auch der Fahrer auf der Straße bedroht.

2018 genehmigte der israelische oberste Gerichtshof die Räumung von Khan al-Ahmar und die Umsiedlung seiner Einwohner durch die Regierung.

Bis zum 1. Februar 2023 hat die Regierung allerdings das Gericht neunmal die Verschiebung der Räumung der Gemeinde beantragt, um eine passende Lösung für die Evakuierten zu finden.

Zu den Plänen, die die Regierung für die Umsiedlung der Gemeinde in Betracht gezogen hat, gehört:

  • Der Bereich der Palästinenserstadt Anata, der sich zwischen 500 und 1.000 Meter entfernt vom aktuellen Standort befindet.

Zusätzlich hofft die Regierung eine Vereinbarung mit den Einwohnern von Khan al-Ahmar zu erzielen, wohin sie von ihrem aktuellen Standort freiwillig umziehen werden. Während Einwohner des Ortes in der Vergangenheit der Idee einer Umsiedlung in die Nähe von Anata gegenüber eine gewissen Offenheit gezeigt haben, bedeutet die Politisierung des Themas, das es unwahrscheinlich sein wird eine einvernehmlich Entscheidung zwischen beiden Seiten geben wird.

Teil dieser Politisierung ist die Folge von Druck seitens der palästinensischen Autonomiebehörde, die Khan al-Ahmar als strategischen Aktivposten zur Aushöhlung der rechtlichen Obrigkeit Israels in Area C betrachtet.

Die PA hat internationale Akteure gedrängt Einfluss auf Israel auszuüben, seine geplante Räumung nicht durchzuführen, während sie gleichzeitig Aktivisten unterstützt, die gegen die Pläne der israelischen Regierung sind.


Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: Heplev
Bild Quelle: U.S. Department of State from United States, Public domain, via Wikimedia Commons


Donnerstag, 09 Februar 2023

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