Wir werden zurückkehren: Der Geist des Kibbuz Nirim wird obsiegenWir werden zurückkehren: Der Geist des Kibbuz Nirim wird obsiegen
„Wir werden zurückkommen“ – das waren die Worte, die auf Hebräisch auf T-Shirts gedruckt standen, die die Überlebenden des Kibbuz Nirim anfertigten. Diese Worde verkörpern eine Geschichte des Heldentums, Pionierarbeit, Kulturarbeit und Zionismus, der uns allen als Vorbild dienen sollte. Der 1946 gegründete Kibbuz Nirim führte schon zwei Jahre einen verzweifelten Kampf um seine Existenz. Er überlebte damals und überlebt heute dank des einzigartigen Geistes seiner Mitglieder.
Von Yael Ingel
Die 25-jährige Dora Avni, Mitglied des Kibbuz Nirim, reinigt 1955 ihr Gewehr, während ihre beiden Söhne Amir (6) und Arnon (2) zusehen. Amir wurde im Alter von 22 getötet, als sein Traktor auf eine Mine fuhr, während er in Nirims Avocado-Hain arbeitete. (Foto: Mosche Fridan, zur Verfügung gestellt vom Pressebüro der Regierung; die hebräischen Worte links unten lauten „anachnu nachzor“ – wir werden zurückkehren; dieses Logo wurde von Arnon Avni entworfen, Grafikkünstler und Mitglied des Kibbuz Nirim)
„Drei Elemente kamen zuerst nach Nirim in der Wüste: die Kühe, die Babys und die Bibliothek. Die Kühe – Beleg für das Wachstum der Farm, die Babys – ein Beleg für den Glauben an die Zukunft; und die Bibliothek – ein Zeichen und eine Parabel für die Hochkultur.“ (Shula Ram, eine der Gründerinnen des Kibbuz Nirim, in ihrer Einleitung zum Buch Die ersten fünfzig Jahre, 1946-1996 (Hebräisch), veröffentlicht zu Ehren des 50. Jahrestags von Nirim.)
Nirims Anfänge waren sehr bescheiden – gerade mal vier Hütten umfasste der erste Siedlungspunkt für den Kibbuz Nirim (damals Dangur) auf Land nur ein paar Kilometer entfernt von seiner jetzigen Lage. Der Kibbuz wurde errichtet noch bevor der Staat Israel geboren wurde, direkt nach Yom Kippur 1946, als Teil des „Elf Punkte“-Plans als über Nacht und unter der Nase der britischen Obrigkeit 11 neue Siedlungspunkte gegründet wurden, die meisten davon im südlichen Negev.
Nirim ist ein Kibbuz, der von in Israel geborenen Juden („Sabres“, der Spitzname bezieht sich auf einen Wüstenkaktus, der als außen stachelig und innen süß und weich bekannt ist) gegründet. Sie waren Schüler der Jugendbewegung Haschomer Hatza’ir, die mit dem Arbeits-Zionismus verbunden war, der auch im Palmach diente, einem Zweig der Haganah. Später schlossen sich weitere Gruppen aus Immigranten verschiedener Länder an, aber etwas von diesem rauen und sturen „Sabre-Tum bliebt allen Mitgliedern der Gründergeneration des Kibbuz erhalten und half ihnen die vielen Schwierigkeiten zu überwinden, denen sie im Lauf der Jahre begegneten.
39 junge Männer und Frauen lebten in dem kleinen Außenposten, der der Kibbuz Nirim damals war, kultivierten und schützten ihn. Sie arbeiteten unter schwierigen Bedingungen in der Landwirtschaft; Wasser wurde Fuhrwerken gebracht und sparsam ausgegeben. Da sie sich der Gefahren des Lebens in einer Grenzgemeinde bewusst waren, befestigten die Kibbuz-Mitglieder ihren Ort so gut es ging, bauten Bunker und Verteidigungsgräben.
In ihrem schwierigen und heldenhaften Kampf während des Unabhängigkeitskriegs sahen sie Mitglieder von Nirim einem Angriff hunderter ägyptischer Soldaten gegenüber, die den einfachen Zaun stürmten, der um ihren Siedlungspunkt in Dangur errichtet worden war. Irgendwie schafften sie es sie aufzuhalten. Mit den wenigen Waffen, die sie hatten, kämpften sie systematisch und intelligent, um den Eindruck zu machen, sie seien eine weit größere Streitmacht als es tatsächlich der Fall war. Sie hatten Verluste, genauso aber die Ägypter, die offenbar von den wilden Kämpfen verblüfft waren, die sie von einem so kleinen Außenposten nicht erwartet hatten und was sie flüchten ließ. 11 der Mitglieder des jungen Kibbuz, fast ein Drittel der männlichen und weiblichen Kämpfer, wurden bei diesem Angriff getötet.
Vor der Schlacht wurde ein feierliches Schild über der Baracke aufgehängt, der als Nirims Speisesaal diente, ein Ausdruck des Geistes der Zeit: „Nicht der Panzer wird gewinnen, sondern der Mensch darin.“ Nach der Schlacht war die hinterlassene Zerstörung so groß, dass in Dangur kaum etwas übrig b lieb. Die gesamte Baracke war zerstört. Nur die Mauer und ihr Schild standen noch, ein Symbol, des Geistes der Mitglieder von Nirim, die diesen schwierigen Tag der Schlacht überlebten.
Kaum ein Jahr verging und der lädierte, aber stolze Kibbuz veröffentlichte im Mai 1949 ein besonderes Gedenkheft: „Nirim gegen den Feind“. Darin wurde die Geschichte des Angriffs auf Nirim und seiner Gefallenen erzählt. Dieses Heft ist ein frühes Beispiel der kulturellen Aktivitäten und des Geistes, die sich im Kibbuz in den kommenden Jahren entwickeln sollten. In diesem Heft findet sich das erste Erscheinen eines einzigartigen Yizkol-Gedenkgebets, das dem Kibbuz Nirim seine gesamte Existenz hindurch während der Feierlichkeiten zum Israelischen Gefallenen-Gedenktags dienen würde:
„Wir werden unserer Kameraden gedenken – unseren besten Mitgliedern, die den ausgetrockneten Boden des Negev mit ihrem Blut tränkten. Eine böswillige Hand intrigierte gegen das Wenige, das wir gebaut hatten, was wir pflanzten und säten, sie konnte uns nicht besiegen, denn vor ihr standen die Gesichter und Waffen der Erbauer des Negev, der Befreier Jerusalems, mutige Soldaten – der elf Kameraden, die schworen: Sie werden keinen Fuß auf unser Land setzen!“
Im Gedenkbuch von 1949 drückten Mitglieder ihre Trauer wegen der Zerstörung und dem Verlust zusammen mit der Hoffnung und Entschlossenheit aus weiterzumachen:
„Das schöne Dangur mit seinen rot gedeckten Dächern, auf die wir so oft stolz waren, wurde Hütte um Hütte zerstört und verbrannt. Alles oben wurde verbrannt, aber die Ägypter drangen nicht in den [Siedlungs-] Punkt ein. Nirim in Dangur wurde zerstört und ein neues Nirim wird gebaut werden. An einem Ort nahe an dem, wo unsere Kameraden fielen, werden wir unsere Häuser errichten. Und dort, an unserem neuen Ort, werden wir ein Denkmal errichten, einen geliebten lebenden Zeugen für unsere gefallenen Kameraden.“ (Benny, S. 39)
Die Mitglieder wollten die Erinnerung an ihre gefallenen Kameraden als etwas Lebendes, Lebendiges erhalten, nicht als stilles Denkmal. Das Aufblühen des Kibbuz war ihr Denkmal, wie sie es in dem Gedenkheft versprochen hatten:
„Ein Jahr ist vergangen. Monate vergingen – und wir sind nicht geheilt. Die Zeichen der Katastrophe, die vor nur einem Jahr uns hereinbrach, wurden tief in unsere Herzen eingeätzt. Die, die sagen, dass jeder einen kleinen Friedhof in sich trägt, haben recht.“
Wir brauchen ein Denkmal, das Zeuge des Lebens ist, das niedergemäht wurde. Wir wollen ein Zuhause, das ihr Bild mit ihrem Lächeln bewahrt.
Wir werden ein Kulturhaus bauen. Ein Haus der Kultur, das für die Freizeit eines Kameraden da ist, nachdem er seine Arbeit getan hat. Ein Ort der emotionalen und kulturellen Erfrischung – so, wie sie, unsere Kameraden, die in dieser Stunde nicht mehr bei uns sind, sich wünschen würden.
Nicht nur ein Monument des Gedenkens, kein stiller Stein. Ein Haus, das vor Leben brummt, ein Haus für Generationen und nach uns für unsere Kinder.
Und in diesem Haus wird ihr Bild bewahrt, alles, was war und in unseren Herzen am Leben bleibt und alles, was sie mit bewahrt haben. Damit sie Tag um Tag, Stunde um Stunde bei uns bleiben und als Ausdruck dafür, dass unser gemeinsames Leben tiefer, ehrlicher ist.
Es muss ein gutes, warmes und angenehmes Haus der Kultur sein, ein Haus, das an die Eltern, die Verwandten und Freunde bindet. Das ist ein Projekt, das zu ihrem Gedenken errichtet wird.“
Auch das erste Jahrzehnt war für die Mitglieder von Nirim hart; sie mussten mit zahllosen Herausforderungen für das Überleben in unmöglichen Umständen einer öden Wildnis, wenig Wasser, blendenden Sandstürmen und unpassierbaren Zugangsstraßen zurechtkommen.
Obwohl das Leben in Nirim nie völlig friedlich war, was die Sicherheit angeht, schwächten die Entbehrungen den Geist der Kibbuz-Mitglieder nicht. Sie blieben auf ihr Erbe stolz und lebten die Vision der frühen Mitglieder des Kibbuz. Das drückte sich in Liedern aus, die ein zentraler Teil der Kultur von Nirim waren.
Als der Kibbuz beschloss seine eigenen Liederbücher zu drucken, wählten die Mitglieder einen unmissverständlichen Titel: So haben wir hier gesungen – Nirim 1956-1967. Die Lieder wurden von Orah Chasin gesammelt, einem Kibbuz-Mitglied, das Nirim irgendwann verließ, für die diese Sammlung eine Art Abschiedsgeschenk für die war, die sie zurückließ. Es wurde wahrscheinlich um 1967, vor dem Sechstage-Krieg, veröffentlicht, als am Kibbuz alles relativ ruhig war. Das Heft ist ein Beispiel für die einzigartige und weitreichende Kultur, die sich in Nirim entwickelte, die das Gefühl des Stolzes und der Dazugehörigkeit stärkte, das seine Einwohner empfanden.
Das erste Lied in der Sammlung ist eine lokale Nirim-Version von Schir HaSchalom (Friedenslied) – ein Lied, das überall in der Kibbuz-Bewegung sehr bekannt war, geschrieben vom Nirim-Mitglied Tziki Dinstein während des Sinai-Feldzugs 1956. Das lieg bringt mutig das Streben nach einem friedlichen Zusammenleben mit den arabischen Nachbarn zum Ausdruck. Was heute ein weit entfernter Traum zu sein scheint; es wurde im Kibbuz Nirim unzählige Mal gesungen. Der erste Vers lässt sich so übersetzen:
„Seht, meine Herren, es wird eine neue Ordnung geben,
es wird noch Frieden an unserer Grenze geben
und wir werden nach Khan Junes reisen, um mit Abdul Wahab
einen Filmstreifen auf Arabisch zu sehen.“
Das Heft endet mit der repräsentativen Aussage:
„Ihr werdet sehen, welche Art Kibbuz es hier in Nirim geben wird! Die Art, zu der andere aus anderen Kibbuzim kommen werden, um ihre Lektionen zu lernen!!“ [Hebräisch: Schi’urim – Lektionen]
Im Lauf der Jahre wurde der Kibbuz als eine der unbestrittenen Säulen jüdischer Siedlung im westlichen Negev und der Grenzregion am Gazastreifen betrachtet. Ein bekannter Witz im benachbarten Kibbuz Nir Oz demonstriert das anschaulich:
„Wenn du ein Mitglied des Kibbuz Nir Oz fragst, woher er kommt, dann ist die Antwort ‚direkt eben Nirim‘… Als wir Kinder waren, machten wir uns über die Kinder des Kibbuz Nirim lustig, die glaubten, sie seien das Zentrum der Welt; also sagten wir, dass wir ‚direkt neben Nirim’ sind. Oder anders ausgedrückt: Wir sind direkt neben dem Zentrum der Welt (nicht ganz so wichtig).“ (Hadar Rubin auf ihrer Facebook-Seite)
Im Kibbuz Nirim gedruckte T-Shirts bringen dieses Gefühl lokalen Stolzes auch zum Ausdruck; eines Stolzes, den nicht einmal die Ereignisse des 7. Oktobers zertreten konnten. Sie wurden alle von Arnon Avni entworfen, einem Illustrator, Grafikkünstler und Karikaturisten und Mitglied des Kibbuz Nirim. Auf diesem Shirt, dem ersten, das gedruckt wurde, gehört der Kibbuz zu den größten, berühmtesten Städten der Welt:
Das nächste Shirt, gedruckt, um das Ende der Operation „Fels in der Brandung“ 2014 zu begehen, lautet: „Nirim wird nicht aufgegeben“.
Während des Massakers von 7. Oktober wurden in Nirim fünf Menschen getötet – drei Kibbuz-Mitglieder und zwei Gäste. Vier Kibbuz-Mitglieder und ein Gast gehörten auch zu den in den Gazastreifen Verschleppten. Heute, kurz vor Ende des Jahres 2023 und nach den tragischen Ereignissen, die den Kibbuz und den gesamten westlichen Negev trafen, ist der starke Geist des Kibbuz Nirim einmal mehr zu spüren und ein neues Shirt (noch nicht gedruckt) trägt jetzt die schlichte Botschaft: „Wir werden zurückkehren.
Die Shirts sind ein bewegendes Zeugnis des Gefühls der Kibbuz-Mitglieder, dass sie zu ihrem Land gehören und zu dem erstaunlichen Projekt, das sie dort errichtet haben, trotz der enormen Schwierigkeiten. Es ist die Art von Lokalstolz, der die stärkt, die dort geblieben sind. Es überrascht vielleicht nicht, dass Nirim der erste Kibbuz war, der öffentlich erklärte, dass seine Mitglieder beschlossen haben sobald wie möglich zurückzukehren.
Wie schließen mit den letzten Zeilen dieses Gedenkgebets Yizkol von 1949:
Wir werden uns an sie erinnern, ihre Spitznamen, die Zeiten des Trostes und des Schmerzes, die sie mit uns durchlebten. Denn in allem, das wir bauen und errichten, wird ihr Name mit aufsteigen und an ihn erinnert werden. Ohne Worte – in der Gründung des Gebäudes, in jedem Dunam Land auf dem sähen und ernten – denn das war das Sehnen ihrer Selle, im Leben wie im Tod.“
Möge der Kibbuz in unseren eigenen Tagen zu seiner früheren Herrlichkeit wiederhergestellt werden, mit demselben Tempo und derselben Leidenschaft, die nach dem Unabhängigkeitskrieg zu spüren war, einer Leidenschaft zu bauen und zu wachsen. Möge die Erinnerung an die Ermordeten als Sprit für den Wiederaufbau dienen, für die Pionier-Aktivitäten und die kulturelle Schöpfung, Dinge, die im Kibbuz Nirim so gut kennen.
Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.
Autor: Heplev
Bild Quelle: Danny-w, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
Montag, 22 Januar 2024