Der fehlgeschlagene Versuch der EU die israelische Kontrolle über Ostjerusalem anzufechten

Der fehlgeschlagene Versuch der EU die israelische Kontrolle über Ostjerusalem anzufechten


Wie von Europa finanzierte Solarmodule zum Schlachtfeld um die Souveränität in Jerusalems östlichen Stadtteilen wurden

Der fehlgeschlagene Versuch der EU die israelische Kontrolle über Ostjerusalem anzufechten

Von Ishay Sherb, Israel haYom

Was würde passieren, wenn Israel morgen die Kraftwerke des Libanon bombardiert? Für viele Libanesen würde das keinen Unterschied machen. Seit 15 Jahren haben Vertreter Israels damit gedroht „den Libanon zurück ins Steinzeitalter zu stoßen“, aber der Libanon ist ganz von alleine dorthin gekommen. Weil es nur vier Stunden täglich Strom gibt, haben sich die Bürger des Libanon alternativen Lösungen zu gewandt, was eine massive Welle der Installationen von Solarmodulen ausgelöst hat. Von Null Produktion an Solarenergie im Jahr 2010 erreichte der Libanon bis 2020 eine Kapazität von 90 Megawatt, was dann in den zwei folgenden Jahren um weitere 600 Megawatt anstieg.

Der Gazastreifen erzählt eine ähnliche Geschichte. In den letzten zehn Jahren installierten die Einwohner mehr als 9.000 unabhängige Solarsysteme auf Dächern, was die Abhängigkeit von der bereits beschränkten Stromversorgung reduzierte. Derweil rüstete die Hamas ihre Tunnel mit Generatoren aus und hortete Treibstoff. Im Juni musste Israel die Meerwasserentsalzungsanlagen des Gazastreifens ans eigene Stromnetz anschließen, um zu vermeiden Tanklastwagen zu schicken, die von bewaffneten Gruppen gekapert wurden. Die Kappung der zentralen Stromversorgung ist zwar immer noch ein Thema, aber der Trend ist klar: Weil Energiequellen immer stärker verstreut, kleiner, privat und erschwinglich werden, nimmt die Bedeutung der zentralen Stromversorgung ab. Wenn dieses Muster in Feindgebiet existiert, dann überlegen Sie, was das für Israels Hauptstadt heißt.

Gehen Sie den Saum zwischen West- und Ost-Jerusalem entlang, die Saladin-Straße oder die Sultan-Suleiman-Straße hinab, dann werden sie Schilder sehen, die für die Installation von Solarmodulen auf Dächern werben. Die Sponsoren? Die Europäische Union und die Entwicklungsorganisation der UNO. Als das Projekt 2016 gestartet wurde, war der EU-Repräsentant Ralph Tarraf bezüglich des Zwecks recht freimütig: „Hier geht es nicht nur um Infrastruktur und wirtschaftliche Entwicklung – es geht um den Erhalt der palästinensischen Identität in Ostjerusalem.“ Später übernahm die muslimische Waqf die Wartung dieser Solarmodule.

Das „jährliche Aktionsprogramm zugunsten Palästinas für 2018, darunter eine Aktion zum Haushalt 2019 und 2020“ der EU-Kommission verriet die palästinensische Autonomiebehörde als Kernziel: „Die Kommission übernahm die gemeinsame europäische Strategie zur Unterstützung Palästinas hin zu einem demokratischen, verantwortlichen und zukunftsfähigen Palästinenserstaat.“ Zu den Prioritäten zählten: „Verbesserung des Zugangs zu Wasser und Energie“ in Ostjerusalem, um „die Widerstandskraft der palästinensischen Einwohner zu stärken und den palästinensischen Charakter der Stadt zu erhalten“.

Es fehlen zwar umfassende Daten zum Ausmaß dieses Phänomens in Ostjerusalem, aber eine vor kurzem veröffentlichte Studie bietet Einblick in Versuche die Stromunabhängigkeit durch Auslandsfinanzierung zu stärken sowie in das anscheinende Scheitern des Versuchs. Die Wissenschaftler Dr. Elai Rettig von der Bar-Ilan-Universität und Prof. Lior Herman von der Hebräischen Universität Jerusalem führten 25 Interviews mit Schlüsselpersonal dieser Projekte, um zu verstehen, warum die Behörden mit Initiativgen kooperieren, die anscheinend die Souveränität untergraben. Nach Angaben der Studie bestätigen Luftbildanalysen die Zunahme von Solarmodulen auf Dächern im Verlauf der letzten zehn Jahre, aber exakte Zahlen sind infolge der umfangreichen illegalen Bautätigkeiten in Ostjerusalem nur schwer zu erhalten. Laut Dr. Rettig steht Ostjerusalem nirgendwo auch nur annähernd vor unabhängiger Stromversorgung.

Wer finanziert diese Initiativen? Die Liste ist lang: die EU, zwei UNO-Organisationen, die USA, Norwegen, Schweden, Österreich, Qatar und die Türkei. Sie alle sind in verschiedenen Infrastruktur-Projekte in Ostjerusalem involviert. Laut der Untersuchung begünstigten besonders die Europäer dabei Kredite für Solaranlagen auf Dächern zu geben, weil sie sie als kleine Projekte betrachten, seitens der Behörden kaum Widerstand geleistet wird.

Der Leiter einer UNO-Organisation in Ostjerusalem erklärte die Logik: „Strom ist das Rückgrat der Unabhängigkeit. Für mich ist er wichtiger als der Tempelberg. Man kann nicht 100% unabhängig von Israel sein. Es geht um die Zukunft der Leute und das steht perfekt im Einklang mit der Zweistaatenlösung.“ Ein Diplomat der EU-Kommission sagte den Wissenschaftlern: „Wir arbeiten daran die Funktionsfähigkeit einer Zweistaatenlösung sicherzustellen und Energie-Infrastruktur ist Teil dieser Strategie… Man kann einen Staat nicht ohne Strom oder Wasser aufbauen.“

„Müllabfuhr ist Souveränität“

Jerusalems stellvertretender Bürgermeister Aryeh King sieht das anders: „Wir haben die Verantwortung die Infrastruktur Ostjerusalems zu entwickeln, weil Infrastruktur aufzubauen Souveränität gleichkommt. Abwasser und Müll einzusammeln ist Souveränität. Tun wir das nicht, legitimieren wir, dass andere übernehmen.“ Wie bei Bildung, öffentlichem Nahverkehr und vielen anderen Aspekten hat das Regierungsvakuum in Ostjerusalem einen Wettbewerb zwischen denen ausgelöst, die die Stadt einen wollen und die daran arbeiten sie als zukünftige palästinensische Hauptstadt zu erhalten. Fast sechs Jahrzehnte nach der Vereinigung handhabt die von Jordanien eingerichtete East Jerusalem Electric Company immer noch die Stromverteilung (unter Nutzung israelischen Stroms) in Ostjerusalem, Ramallah, Jericho und Bethlehem.

Nach Angaben der Arbeit von Rettig und Herman ist dieses Vakuum typisch für viele „geteilten Städte“ weltweit wie Nicosia, Beirut oder Belfast. Oft entstammt das der Angst vor lokaler Gewalt gegen Vertreter der Behörden. „Wir können nicht ohne Begleitung durch starke Sicherheitskräfte hineingehen“, wurde ein Vertreter der Wasserwerke Jerusalems zitiert. „Sie werfen mit Steinen, wenn wir graben. Wenn wir versuchen durch arabische Beschäftigte Schulden einsammeln zu lassen, erhalten diese Morddrohungen. Jeder weiß, wo sie leben.“ Ein Vertreter der Jerusalemer Stadtverwaltung fügte hinzu: „Kein Manager würde Arbeiter schicken, um in Silwan Stromleitungen oder Wasserzähler zu reparieren und riskieren, dass sie in einem Leichensack zurückkommen.“

Angesichts dieser Realität haben Regierungen des Auslands die Finanzierung von Solarenergie ergriffen: Die UNO wirbt für die Installation von Solarmodulen in Bosnien; die Deutschen finanzieren ein Projekt in Kirkuk im Irak; die Japaner unterstützen nicht-schiitische Bereiche von Beirut; und die EU arbeitet an Energie-Unabhängigkeit in Nordzypern. Der Jerusalemer Zweig dieses Phänomens scheint jedoch versagt zu haben. Nach ersten erfolgreichen Installationen von Solarmodulen, hauptsächlich auf öffentlichen Gebäuden in Ostjerusalem, ist der Fortschritt zum Stillstand gekommen. Ein ranghoher Diplomat der EU-Kommission gestand ein: „Wir haben erkannt, dass erneuerbare Energie in Jerusalem als langfristige Strategie für Energie-Unabhängigkeit nicht vorankommt. Wir haben entdeckt, dass Initiativen für erneuerbare Energie zur Stärkung der palästinensischen Autonomie und Unabhängigkeit nur begrenzt Erfolg hatte.“

Das nächste Strategie-Dokument der Kommission – für 2021-2024 – ließ diese Projekte komplett fallen und leitete die Gelder in erneuerbare Energie im Gazastreifen oder PA-Gebiete um. Der Hauptgrund: Es war schwierig die Einwohner Ostjerusalems zu überzeugen die Module zu installieren. Viele Häuser dort haben illegalen Zugang zu Strom von Nachbarn, was die für Gerede von „Kostenreduktion“ oder „Energieeffizienz“ unzugänglich macht. Außerdem haben viele den Verdacht, die Initiative sei eine List der israelischen Regierung, um Häuser wegen nicht genehmigter Bautätigkeit zu inspizieren.

Eine weitere Herausforderung: Solar-Installationen benötigen regelmäßige Wartung. „Keiner meiner Vertragspartner würde es wagen Schuafat oder andere Viertel zu betreten“, erklärte der Direktor einer Immobilienfirma in Jerusalem. „Sie würden meinen Mitarbeiter angreifen. Ich muss die Bevölkerung überzeugen, dass diese Solardächer ihnen gehören, nicht den Juden.“ Darüber hinaus behauptete die Jerusalem District Electricity Company, die Initiative füge ihrer Profitabilität Schaden zu und erhöhe ihre Abhängigkeit von Israels Stromversorger.

Der Aufstieg und offensichtliche Absturz des Solarstroms in Ostjerusalem erzählen eine größere Geschichte. Technologische Fortschritte ermöglichen es Menschen weltweit ihre Abhängigkeit von Regierungen zu verringern. Die Post, im 19. Jahrhundert mal das Kronjuwel der Regierungsdienstleistungen, wird heute weitgehend von privaten Firmen bearbeitet. Niemand betrachtet das als negativ, auch wenn Regierungen nicht länger damit drohen können den Informationsfluss durch ihre Kontrolle kleiner Postschiffe zu blockieren. Das ist tatsächlich der Vorteil.

Auch für die Behörden gibt es hier etwas zu lernen. Infrastruktur-Vakuen neigen dazu schnell gefüllt zu werden. Wenn die Vereinigung Jerusalems das Ziel war, dann hätte sie vollumfänglich umgesetzt werden müssen. Wenn die Abkoppelung vom Gazastreifen die Wahl war, dann sollte sie absolut sein. Die Alternative? Organisationen aus dem Ausland mit eigener Agenda versuchen den Kreis zu ihren Bedingungen zu schließen.


Dieser Artikel wurde zuerst hier veröffentlicht.

Autor: Heplev
Bild Quelle: Olaf Kosinsky, CC BY-SA 3.0 DE , via Wikimedia Commons


Montag, 11 November 2024

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