Machtkampf in Israel: Oberstes Gericht stoppt Entlassung von Shin-Bet-Chef Ronen BarMachtkampf in Israel: Oberstes Gericht stoppt Entlassung von Shin-Bet-Chef Ronen Bar
Die politische Krise in Israel spitzt sich weiter zu: Das Oberste Gericht hat am Freitag die Entlassung des Shin-Bet-Chefs Ronen Bar vorerst gestoppt.
Die Entscheidung der Regierung unter Premierminister Benjamin Netanjahu, den Leiter des Inlandsgeheimdienstes abzusetzen, hatte innerhalb des Landes für erhebliche Spannungen gesorgt.
Netanjahu hatte die Entlassung von Bar am Donnerstag überraschend dem Kabinett vorgeschlagen, das einstimmig zustimmte. Doch bereits einen Tag später stoppte das Oberste Gericht diesen Schritt, bis über eine Petition gegen die Absetzung entschieden wird.
Politische Motive hinter der Entscheidung?
Die Debatte um Bars Absetzung fällt in eine kritische Phase für Netanjahu: Der Geheimdienstchef war in interne Ermittlungen über mögliche Verstrickungen von Vertrauten des Premierministers in die sogenannte „Qatargate“-Affäre involviert. Dabei geht es um mögliche illegale Kontakte zu Katar, insbesondere im Zusammenhang mit Finanztransfers an die Hamas.
In durchgesickerten Aufnahmen einer Regierungssitzung soll Netanjahu kritisiert haben, dass Bar öffentlich für eine bestimmte Variante einer Untersuchungskommission zur Aufarbeitung des Hamas-Massakers vom 7. Oktober geworben habe. Dies sei nicht akzeptabel. „Er sollte mir das privat sagen und nicht den Geheimdienst in politische Angelegenheiten hineinziehen“, so der Premierminister.
Doch Kritiker sehen in der Absetzung eine politische Vergeltungsaktion: Netanjahu wolle einen unliebsamen Beamten loswerden, der zu unabhängig agiere.
Scharfe Reaktionen aus Regierung und Opposition
Die Entscheidung des Obersten Gerichts sorgte für heftige Reaktionen in der Regierung. Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte wütend: „Das Gericht wird nicht den Krieg führen oder unsere Kommandeure auswählen. Punkt.“
Auch der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, forderte auf X (ehemals Twitter) eine „sofortige Justizreform“. Diese Äußerungen unterstreichen den Machtkampf zwischen Regierung und Justiz, der Israel seit Monaten erschüttert.
Oppositionsparteien wie Yesh Atid, Nationale Einheit, Yisrael Beitenu und die Demokraten reichten indes eine Petition gegen Bars Entlassung ein. Dr. Eliad Shraga, Vorsitzender der Bewegung für Qualität in der Regierung, bezeichnete die Gerichtsentscheidung als „wichtigen ersten Schritt zum Schutz der Unabhängigkeit der Justiz und der Sicherheitsbehörden in Israel“.
Vertrauenskrise und institutionelle Auseinandersetzung
Die aktuelle Auseinandersetzung zeigt einmal mehr die tiefen Gräben in Israel zwischen der Justiz, den Sicherheitsorganen und der Regierung Netanjahu. Die Debatte über die Absetzung von Bar ist nicht nur eine Personalentscheidung – sie wirft grundsätzliche Fragen über die Unabhängigkeit von Institutionen und die politischen Eingriffe in Sicherheitsbelange auf.
Während die Regierung betont, dass Vertrauen zwischen Premierminister und Geheimdienstchef essenziell sei, sehen Kritiker einen Versuch Netanjahus, sich durch eine Loyalitätsstruktur vor unangenehmen Ermittlungen zu schützen. Die kommenden Tage dürften zeigen, ob das Oberste Gericht den Premierminister in seine Schranken weist oder Netanjahu sich durchsetzt – mit womöglich weitreichenden Folgen für die israelische Demokratie.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Portaveu de les FDI, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=131779679
Freitag, 21 März 2025