Gericht stoppt Entlassung von Shin-Bet-Chef – Richter warnen vor politischer EinflussnahmeGericht stoppt Entlassung von Shin-Bet-Chef – Richter warnen vor politischer Einflussnahme
Der Oberste Gerichtshof Israels hat die Absetzung von Ronen Bar vorerst gestoppt. Hinter dem Machtkampf steht weit mehr als nur ein Personalstreit.
Der Oberste Gerichtshof in Jerusalem hat am Dienstag eine einstweilige Verfügung erlassen – Ronen Bar bleibt vorerst Chef des Shin Bet. Die Regierung darf ihn nicht feuern, keinen Nachfolger ernennen und auch seine Befugnisse nicht antasten. Einzig Interviews für einen Ersatz sind erlaubt. Bis zum 20. April haben Netanjahu und die Generalstaatsanwaltschaft Zeit, eine Lösung zu finden. Das Urteil kam nach einer stürmischen, elfstündigen Verhandlung, die mehr wie ein Polit-Theater als wie ein Gerichtstag wirkte. Demonstranten, darunter Likud-Abgeordnete Tally Gotliv, machten den Auftakt zur Farce – sie schrien, unterbrachen und wurden schließlich rausgeworfen. Doch hinter dem Chaos steckt ein ernster Kampf: um Macht, Kontrolle und die Zukunft Israels Sicherheit.
Die Richter – angeführt von Präsident Isaac Amit, mit Noam Sohlberg und Daphne Barak-Erez – ließen kein gutes Haar an der Art, wie Bar gefeuert wurde. Verfahrensfehler hier, mangelnde Beratung dort – selbst der konservative Sohlberg zweifelte an der Rechtmäßigkeit. Amit lobte die Haltung der Generalstaatsanwaltschaft, die gefordert hatte, eine Beratungskommission einzuschalten, bevor Bar gehen muss. Die Botschaft war klar: Netanjahu kann nicht einfach machen, was er will. Der Premier behauptet, er habe jedes Recht, den Shin-Bet-Chef zu entlassen – vor allem nach dem Desaster vom 7. Oktober 2023, als Hamas Israel überrannte. Doch die Richter sehen das anders: Hier wurde geschlampt, und das stinkt nach politischer Rache.
Die Kläger – zivilgesellschaftliche Gruppen und Oppositionsparteien – werfen Netanjahu einen Interessenkonflikt vor. Warum? Der Shin Bet ermittelt wegen „Qatargate“ gegen enge Berater des Premiers, die angeblich PR für Katar gemacht haben sollen, während sie für ihn arbeiteten. Dazu kommen Netanjahus Korruptionsprozess und der Skandal um geleakte Geheimdokumente aus seinem Büro. Kritiker sagen: Er will Bar loswerden, um die Ermittlungen zu sabotieren und die Schuld für den 7. Oktober abzuwälzen. Netanjahu kontert, das sei alles ein „Tiefenstaat“-Komplott gegen ihn – Beweise liefert er nicht. Stattdessen brüllt er: „Ich darf das, es ist Gesetz!“ Aber das Gericht hat ihm jetzt die Grenzen aufgezeigt.
Im Gerichtssaal ging es hoch her. Gotliv, die Likud-Hardlinerin, störte mit Kaugummi kauend und Handy spielend, bis Amit sie rauswerfen ließ: „Das ist ein Gericht, nicht die Knesset!“ Auch Itzik Bontzel, dessen Sohn im Gaza-Krieg fiel, polterte gegen Bar: „Seine Hände triefen vor Blut!“ Er wurde ebenfalls entfernt, durfte später aber kurz sprechen. Die Stimmung war explosiv – Amit klagte: „Kein Gericht der Welt kann so arbeiten.“ Nach einer Stunde Pause wurde ohne Publikum weiterverhandelt. Doch die Botschaft der Demonstranten hallte nach: Sie sehen in Bar einen Sündenbock, den Netanjahu opfern will, um selbst sauber dazustehen.
Die Regierung stand unter Dauerbeschuss. Amit bohrte nach: Warum wirkt es, als wolle Netanjahu mit dem Rauswurf Ermittlungen gegen sich selbst abwürgen? Der Anwalt des Premiers, Zion Amir, wehrte ab: „Das ist Unsinn!“ Doch die Richter blieben skeptisch. Sohlberg und Barak-Erez stellten klar: Keine Behörde hat absolute Macht – auch nicht Netanjahu. Bar bekam weder genug Zeit, sich zu verteidigen, noch klare Vorwürfe. Amit ging weiter: Noch nie wurde ein Shin-Bet-Chef so gefeuert – das sei beispiellos, genau wie die Lage nach dem 7. Oktober. Doch reicht das als Rechtfertigung?
Die Kläger gingen noch einen Schritt weiter. Eliad Shraga von der „Bewegung für Qualität in der Regierung“ warnte: „Netanjahu will den Shin Bet zur Stasi machen – eine Geheimpolizei, die ihm treu ist.“ Er behauptet, der Premier habe Bar gedrängt, vor Gericht Sicherheitsgründe anzugeben, um seinen Korruptionsprozess zu bremsen. Auch die Weigerung Bars, gegen Soldaten vorzugehen, die 2023 den Dienst verweigerten, sei ein Dorn im Auge der Regierung. „Sie wollen einen Chef, der ihre Gegner ausspioniert“, sagte Shraga. Das ist starker Tobak – und zeigt, wie tief der Graben zwischen Regierung und Justiz ist.
Das Urteil ist ein Dämpfer für Netanjahu. Sein Plan, Bar schnell loszuwerden, ist auf Eis. Bis April muss er liefern – oder das Gericht entscheidet endgültig. Das ist mehr als ein Streit um einen Posten: Es geht um die Frage, wer in Israel das Sagen hat. Die Richter haben gezeigt, dass sie sich nicht einschüchtern lassen – weder von Schreiern noch vom Premier. Netanjahu steht mit dem Rücken zur Wand, und die Uhr tickt.
Autor: Redaktion
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Mittwoch, 09 April 2025