„59 oder Rücktritt“: Familien fordern zu Pessach Freiheit für Israels Geiseln„59 oder Rücktritt“: Familien fordern zu Pessach Freiheit für Israels Geiseln
Ein leerer Stuhl für jeden, der fehlt – in Tel Aviv wird Pessach zum Mahnmal der Hoffnung
Am Samstagabend, während in vielen Haushalten Israels der traditionelle Pessach-Seder gefeiert wurde, kamen in Tel Aviv Hunderte Menschen zu einem besonderen Abendessen zusammen. Familien der von der Terrororganisation Hamas verschleppten Geiseln veranstalteten in der Hostages Square einen öffentlichen Seder, um an ihre 59 in Gaza festgehaltenen Angehörigen zu erinnern – und forderten lautstark: Holt sie endlich nach Hause.
Inmitten des Lichtermeers und der Pessach-Lieder, die vom Auszug aus der Sklaverei in die Freiheit erzählen, wurde die schmerzhafte Realität deutlich: Für Dutzende israelische Familien ist von Freiheit keine Rede. Sie leben seit über einem halben Jahr mit der Qual des Ungewissen, mit Angst, mit Leere. Pessach – das Fest der Freiheit – wird für sie zum Symbol des Wartens.
„Wie sollen wir feiern, während unsere Brüder und Schwestern noch gefangen sind?“, fragte das Hostages and Missing Families Forum im Vorfeld des Abends. Die Organisation hatte dazu aufgerufen, eigene Sederplatten mitzubringen, sich auf Matten und Klappstühle zu setzen – und gemeinsam den Abend zu verbringen. Dutzende folgten dem Ruf.
Vicki Cohen, Mutter des entführten Nimrod, formulierte es eindringlich: „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es ist nicht richtig – nicht für unsere Gesellschaft.“ Auch Ofir Angrest, dessen Bruder Matan ebenfalls in Hamas-Gefangenschaft ist, sprach offen über die Bedeutung von Pessach: „Es ist das familienfreundlichste Fest, und dass so viele Menschen heute hierhergekommen sind, ist überwältigend.“
In Jerusalem wählte Hannah Cohen einen anderen Ort: Direkt vor dem Amtssitz von Premierminister Benjamin Netanyahu stellte sie ihren Sedertisch auf – allein. Ihr Nichte Inbar Haiman wurde ermordet, ihre Leiche befindet sich bis heute in Gaza. „Für uns sind die Feiertage vorbei“, sagte sie. „Wir können nicht weiterleben ohne Inbar – und ohne die anderen 58.“
Kritik an der stockenden Verhandlung über ein neues Abkommen mit der Hamas wurde ebenfalls laut. Hintergrund ist die Rolle von Strategieminister Ron Dermer, der seit Kurzem als neuer Vermittler fungiert. Das Forum appellierte direkt an ihn: „Fifty-nine, or resign.“ – „59 oder Rücktritt.“ Eine klare Botschaft, die nicht gegen die Regierung gerichtet ist, sondern eine menschliche Forderung an Verantwortliche formuliert: Handelt endlich.
Auch ehemalige Geiseln meldeten sich zu Wort. Karina Ariev, die im Januar freikam, bat darum, beim eigenen Seder einen leeren Stuhl aufzustellen. „Mein Herz ist noch dort. Solange sie nicht zurück sind, sind wir alle nicht frei“, sagte sie in einem Video.
Romi Gonen, ebenfalls befreit, erinnerte in einem emotionalen Instagram-Post daran, wie schwer es ist, die Normalität zurückzugewinnen: „Mein Kopf ist hier, mein Herz dort. Es ist mein erster Feiertag zu Hause – aber ein richtiger Feiertag ist es nicht.“ Sie forderte alle Israelis auf, ein gelbes Abzeichen und eine Markierung für die Anzahl der Tage in Gefangenschaft aufzustellen – „damit wir nicht vergessen“.
In den kommenden Tagen will das Forum weitere Veranstaltungen am Platz der Geiseln abhalten. Dabei sollen auch die befreiten Frauen Merav Tal, Moran Stela Yanai und Ilana Gritzewsky auftreten, deren Partner teilweise noch in Gaza festgehalten werden – lebend oder tot.
Israel hatte zuletzt seine Forderungen in den laufenden Verhandlungen leicht reduziert. Nach Gesprächen mit US-Präsident Donald Trump einigte sich Premier Netanyahu mit Ägypten auf eine modifizierte Vorschlagslage. Die Gespräche verlaufen dennoch zäh. Während Israel elf Geiseln freibekommen will, zeigt sich die Hamas bisher nur zur Freilassung von fünf bereit. Ein neuer Vorschlag aus Ägypten liegt nun auf dem Tisch: Acht lebende Geiseln im Austausch für eine vorübergehende Waffenruhe.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Hostages Family Forum
Sonntag, 13 April 2025