„Wir wollen kein zweites Irak“ – Aoun kritisiert iranisches Einflussmodell und provoziert Bagdad„Wir wollen kein zweites Irak“ – Aoun kritisiert iranisches Einflussmodell und provoziert Bagdad
Libanons Präsident spricht sich gegen ein militärisches Parallelmodell nach irakischem Vorbild aus – und löst damit diplomatischen Zorn in Bagdad aus.
Es war ein Satz mit Sprengkraft. Joseph Aoun, der Präsident des Libanon, hat im Interview mit der arabischen Zeitung The New Arab klargemacht, was viele im Land längst denken, aber selten so offen sagen: Libanon will kein zweites Irak werden. Gemeint ist damit die enge Verflechtung von iranisch gesteuerten Milizen mit staatlichen Sicherheitsapparaten – wie es in Bagdad längst Realität ist. Die Folge: Empörung im Irak, diplomatische Verstimmungen und der Versuch, Kritik an Teherans Einfluss zu unterdrücken.
Aoun sagte wörtlich, man werde das irakische Modell der Popular Mobilization Forces (PMF) nicht kopieren – jener Gruppe aus teils pro-iranischen Milizen, die nach dem Kampf gegen den IS als reguläre Streitkräfte in das irakische Innenministerium integriert wurden. Libanon habe zwar mit der Hisbollah ebenfalls eine starke, von Iran gesteuerte Miliz im Land, doch ein offizieller Status innerhalb der Armee komme für ihn nicht infrage. Zwar könnten Einzelpersonen, die die militärischen Kriterien erfüllten, sich wie nach dem Bürgerkrieg den Streitkräften anschließen – aber eine parallele Struktur unter dem Banner der Hisbollah lehnt Aoun entschieden ab.
In Bagdad fühlte man sich dadurch brüskiert. Die irakische Regierung bestellte umgehend den libanesischen Botschafter ein. Das Außenministerium sprach von „unangemessenen“ Äußerungen Aouns und forderte eine Klarstellung, die „die brüderlichen Beziehungen“ respektiere. Die PMF, so ein Sprecher, sei ein offizieller Teil des Staates, legal, reguliert – und keine Randgruppe, mit der man sich vergleichen lassen wolle.
Doch genau das ist der Punkt. Was Aoun in aller Deutlichkeit benennt, ist der fundamentale Unterschied zwischen einem souveränen Staat und einer vom Iran beeinflussten Schattenmacht. Denn die PMF – ebenso wie die Hisbollah – entstanden nicht als staatliche Sicherheitskräfte, sondern als Werkzeuge iranischer Außenpolitik. Im Irak haben sie sich unter dem Deckmantel der Legalität tief in staatliche Strukturen gefressen. Die Kontrolle über das Innenministerium und der Schulterschluss mit Teherans Revolutionsgarden machen sie faktisch zu einer Art „irakischem IRGC“.
Aoun aber will genau das verhindern. Im Süden Libanons soll das Militär gestärkt, die Präsenz regulärer Streitkräfte erhöht und ein Waffenmonopol durchgesetzt werden – ein klares Signal gegen das System einer bewaffneten Parallelgesellschaft, das den Staat aushebelt und letztlich zur Geisel ausländischer Interessen macht. Der Präsident macht damit auch deutlich, dass selbst wenn die Hisbollah derzeit geschwächt ist, ihr künftiger Status nicht durch institutionelle Aufwertung legitimiert werden darf.
Dass ausgerechnet Bagdad sich darüber aufregt, zeigt, wie sehr der Irak selbst in den letzten Jahren unter Teherans Griff geraten ist. Doch Libanon ist nicht Irak – und Aoun will, dass es auch nie so weit kommt.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Stavros Ioannides - https://www.presidency.gov.cy/cypresidency/cypresidency.nsf/dmlpho_en/dmlpho_en?OpenDocument, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=157759406
Freitag, 18 April 2025