ISIS nutzt Chaos in Syrien für Wiederaufbau – Gefahr wächst mit US-RückzugISIS nutzt Chaos in Syrien für Wiederaufbau – Gefahr wächst mit US-Rückzug
Während sich die USA aus Syrien zurückziehen, wächst die Gefahr durch ISIS – besonders in den überfüllten Lagern im Osten des Landes.
Im Schatten des schrittweisen Rückzugs der US-Truppen aus Syrien formiert sich eine alte Bedrohung neu: der sogenannte Islamische Staat (ISIS). Was viele für besiegt hielten, lebt weiter – in Gefangenenlagern, unter schlechten Bedingungen, aber mit ungebrochener Ideologie und neuer Gewaltbereitschaft.
Zwei Camps im Osten Syriens stehen im Zentrum dieser Sorge: Al-Hol und Roj. Hier sitzen nach Schätzungen rund 52.000 Menschen fest – ehemalige Kämpfer, Familienmitglieder, Sympathisanten. Darunter auch etwa 16.000 Iraker und rund 15.000 Syrer sowie zahlreiche Personen mit westlicher Staatsbürgerschaft. Viele von ihnen sind Frauen und Kinder, doch in den Lagern befinden sich auch Tausende männliche Kämpfer, die sich 2019 nach dem Zusammenbruch des Kalifats ergeben hatten.
Der jüngste Bericht des kurdischen Senders Rudaw ist alarmierend: Bei einer Großrazzia im Al-Hol-Camp wurden am Wochenende 16 ISIS-Mitglieder festgenommen, Waffen sichergestellt – darunter Kalaschnikows, Pistolen und Munition. Der Einsatz wurde von den kurdischen Asayish-Kräften gemeinsam mit der YPJ und den US-unterstützten SDF durchgeführt. Und es war nicht der erste derartige Einsatz: In den letzten Wochen wurden immer wieder mutmaßliche ISIS-Zellen aufgedeckt, Anschlagsversuche vereitelt.
Die Botschaft ist klar: ISIS ist nicht besiegt – es wartet, organisiert, rekrutiert. Besonders in Al-Hol, wo rund 40.000 Menschen leben, viele davon radikalisiert. Laut Asayish war das Camp Ausgangspunkt für mehrere Angriffe auf Sicherheitskräfte und Zivilisten. Inmitten mangelnder humanitärer Hilfe und wachsender Verzweiflung wächst der Einfluss der Terrorgruppe erneut.
Die Lage verschärft sich durch den schwindenden internationalen Fokus. Die USA, deren Truppenstärke in Syrien einst bei 2.000 Soldaten lag, könnten ihre Präsenz bald auf unter 1.000 reduzieren. Die kurdisch geführten SDF, wichtigste Partner im Kampf gegen ISIS, stehen damit zunehmend alleine da.
Der Rückzug ist nicht nur eine sicherheitspolitische Lücke, sondern ein moralisches Desaster. Während sich die Welt abwendet, werden Kinder in den Lagern radikalisiert, ehemalige Kämpfer neu rekrutiert, Hilfszentren angegriffen. ISIS hat aus seiner Niederlage gelernt – und nutzt die Schwäche des Westens.
Ein Hoffnungsschimmer bleibt: Die Befreiung des jesidischen Jungen Othman Khodi Da nach elf Jahren Gefangenschaft durch die SDF. Doch solche Erfolge sind selten, das Schicksal Tausender weiterer jesidischer Geiseln ist weiterhin unklar.
Die Wahrheit ist unbequem: Wer sich aus Syrien zurückzieht, überlässt das Feld nicht dem Frieden – sondern dem Terror. Und dieser wird, wie schon so oft, nicht an Grenzen Halt machen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild
Sonntag, 20 April 2025