Polizeiversuch, Proteste zu zensieren: Was in Tel Aviv wirklich geschah

Polizeiversuch, Proteste zu zensieren: Was in Tel Aviv wirklich geschah


Wer über den Krieg spricht, darf das nicht mit allen Worten tun – zumindest, wenn es nach der israelischen Polizei geht.

Polizeiversuch, Proteste zu zensieren: Was in Tel Aviv wirklich geschah

Es war ein stiller Versuch, das Protestrecht zu beschneiden – und ein deutlicher Beweis dafür, wie angespannt die innenpolitische Lage in Israel geworden ist. Für eine geplante Anti-Kriegs-Demonstration in Tel Aviv am Donnerstag hatte die Polizei zunächst ungewöhnlich strenge Auflagen formuliert: Keine Bilder von entführten Israelis, keine Fotos toter palästinensischer Kinder, keine Schilder mit Begriffen wie „Völkermord“ oder „ethnische Säuberung“.

Diese Auflagen wurden kurz darauf wieder zurückgezogen – offenbar, nachdem Journalist*innen von Haaretz bei der Polizei nachgefragt hatten. Trotzdem bleibt der Vorgang ein beunruhigendes Zeichen: Das Demonstrationsrecht in Israel steht unter Druck – vor allem dann, wenn der Protest sich gegen den Krieg oder gegen die Regierung Netanjahu richtet.

Die Protestbewegung „Standing Together“, die jüdische und arabische Aktivist*innen vereint, sieht in dem Vorgehen einen klaren Versuch der Zensur. Alon-Lee Green, Mitgründer der Bewegung, kündigte an, notfalls vor das Oberste Gericht zu ziehen: „Und wir werden gewinnen“, sagte er gegenüber der Times of Israel.

In der Praxis werden Proteste gegen den Krieg immer wieder gewaltsam aufgelöst. In Haifa wurden Anfang April 23 Demonstrierende festgenommen – teils nur wenige Minuten nach Beginn der Versammlung. Ihre Schilder mit Aufschriften wie „Stoppt die Bombardierung der Hilfskonvois“ oder „Stoppt den Genozid“ wurden von der Polizei beschlagnahmt. Auch in Jerusalem kam es zu ähnlichen Vorfällen.

Dabei hatte die Polizei noch im vergangenen Jahr gegenüber dem israelischen Zivilrechtsverband zugesichert, keine inhaltlichen Einschränkungen von Protestbotschaften vorzunehmen. Die Realität sieht anders aus: Wer laut gegen die Regierung protestiert, riskiert heute nicht nur eine Festnahme, sondern auch, dass seine Botschaft nie die Öffentlichkeit erreicht.

Israel steht in einem existenziellen Krieg gegen die Hamas – einer Terrororganisation, die gezielt Zivilist*innen ermordet und über 100 Geiseln festhält. Gleichzeitig aber gerät das innere Gleichgewicht ins Wanken: Der gesellschaftliche Zusammenhalt bröckelt, die Frontlinien verlaufen längst nicht nur an den Grenzen, sondern mitten durch die Städte.

Die Debatte um Meinungsfreiheit, Kritik am Krieg und den Umgang mit zivilen Opfern ist kein Nebenkriegsschauplatz – sie ist ein Spiegel der Gesellschaft. Und dieser Spiegel zeigt ein Land, das sich in einem tiefen moralischen Konflikt befindet: zwischen dem Schutz des eigenen Lebens und der Verteidigung demokratischer Grundwerte.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild


Montag, 21 April 2025

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