London macht Weg für Neuanfang in Syrien frei – aber um welchen Preis?

London macht Weg für Neuanfang in Syrien frei – aber um welchen Preis?


Großbritannien hebt Sanktionen gegen Syriens Sicherheitsapparate auf – ein riskantes Signal im Schatten des Assad-Sturzes.

London macht Weg für Neuanfang in Syrien frei – aber um welchen Preis?

Es ist ein stilles, aber folgenreiches Update aus dem britischen Finanzministerium: Die Vermögenssperren gegen Syriens Innen- und Verteidigungsministerium sowie mehrere Geheimdienste wurden aufgehoben. Keine große Pressekonferenz, keine öffentliche Begründung – nur ein kurzer Eintrag auf einer Regierungswebsite. Und doch markiert dieser Schritt eine tektonische Verschiebung im westlichen Umgang mit Syrien – und lässt viele Fragen offen.

Seit dem überraschenden Sturz von Bashar al-Assad durch die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Sham im Dezember 2024 befindet sich Syrien im politischen Vakuum. Assad, dessen Regime über 13 Jahre hinweg ein Synonym für Gewalt, Folter und Kriegsverbrechen war, wurde ausgerechnet von einer Gruppierung abgelöst, die selbst auf der Terrorliste vieler westlicher Staaten steht. Die Welt sieht zu – und beginnt offenbar neu zu kalkulieren.

Großbritannien hat bereits im März Sanktionen gegen die syrische Zentralbank und Dutzende weitere staatliche Akteure aufgehoben. Jetzt folgen die mächtigen Sicherheitsstrukturen des alten Regimes. Ausgerechnet jene Behörden also, die über Jahre hinweg für Massenverhaftungen, systematische Folter und den brutalen Erhalt der Assad-Herrschaft verantwortlich waren. Die britische Regierung betont zwar, dass individuelle Sanktionen gegen Assad-Vertraute weiterbestehen – doch die Richtung ist klar: Der Westen sucht nach Einfluss in einem neuen Syrien.

Was diese Neuausrichtung bedeutet, ist noch offen. Ist sie pragmatisch – oder zynisch? Kann man von einem Regime abrücken, das man zwölf Jahre lang zu Recht geächtet hat, nur um nun mit dem Schatten seiner Institutionen neu zu verhandeln? Und was sagt es über unsere Prinzipien, wenn die Säuberung der syrischen Machtstrukturen ausbleibt, aber ihre Konten wieder freigegeben werden?

Die geopolitischen Realitäten sind brutal: Der Iran ringt um Einfluss in Syrien, Russland schwankt, die Türkei schaut auf die Kurden. Und nun mischt auch der Westen wieder mit – offenbar bereit, alte Allianzen zu vergessen, solange neue Optionen auf dem Tisch liegen.

Doch wie glaubwürdig ist eine Außenpolitik, die Menschenrechte predigt, aber mit ehemaligen Folterapparaten stillschweigend Frieden schließt? Großbritannien hätte zumindest erklären müssen, warum es diese Entscheidung trifft. Dass es das nicht getan hat, spricht Bände.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Valery Melnikov - https://sputniknews.com/middleeast/201601121032979947-syria-army-daesh-tankers/, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=64523741


Donnerstag, 24 April 2025

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