„Weniger“ – ein einziges Wort von Sara Netanyahu erschüttert Israels Geiselfamilien„Weniger“ – ein einziges Wort von Sara Netanyahu erschüttert Israels Geiselfamilien
Ein flüchtiger Moment, ein halber Satz – und doch ein tiefer Schnitt in die offene Wunde Hunderter israelischer Familien.
Als Premierminister Benjamin Netanyahu am Montag in Jerusalem über die Geiseln in Gaza sprach, korrigierte ihn seine Frau Sara mit einem kaum hörbaren „weniger“. Ein Wort, das sofort für Entsetzen sorgte – denn es fiel in einem Moment höchster Sensibilität: dem Vorabend des israelischen Gedenktages für gefallene Soldaten und Opfer von Terroranschlägen.
Netanyahu hatte zuvor erklärt, dass 147 der insgesamt 196 zurückgeholten Geiseln noch lebend waren. Von den verbleibenden 24 sprach er als „bis zu 24 Lebende“. Sara Netanyahu flüsterte dann: „Weniger.“ Und plötzlich stand der Raum still.
Die Reaktion kam prompt und schmerzhaft. Das Forum der Familien der Geiseln und Vermissten warf dem Premierpaar vor, „unbeschreiblichen Horror“ über Menschen zu bringen, die ohnehin in einem Zustand grausamer Ungewissheit lebten. Ihre zentrale Frage: Wissen sie mehr als sie sagen?
Denn jedes Wort zählt, wenn die Ungewissheit das Leben dominiert. Die Angehörigen hören zu, analysieren jede Silbe, jedes Zögern. Und wenn aus dem innersten Kreis der Macht plötzlich eine niedrigere Zahl genannt wird – nicht in offizieller Mitteilung, sondern als Korrektur im Flüsterton –, dann trifft es wie ein Schlag.
Einav Zangauker, die Mutter des verschleppten Matan Zangauker, sprach aus, was viele dachten: „Wurde mein Sohn ermordet, weil Ihr Mann sich weigert, den Krieg zu beenden?“ Für sie war Sara Netanyahus Kommentar nichts weniger als eine inoffizielle Todesnachricht – am Vorabend des nationalen Gedenkens.
Bis heute geht der Staat Israel davon aus, dass 24 Geiseln noch am Leben sind – allesamt Männer, die am 7. Oktober 2023 entführt wurden, als Hamas-Terroristen bei einem brutalen Überfall auf den Süden Israels über 1.200 Menschen ermordeten und 251 als Geiseln verschleppten. Viele von ihnen sind inzwischen zurück – lebend, tot oder schwer traumatisiert. Acht Geiseln wurden von der Armee befreit. Drei starben, weil sie von israelischen Soldaten versehentlich erschossen wurden, als sie versuchten zu fliehen. Und über 40 Leichname konnten geborgen werden.
Doch 24 Familien hoffen noch – jeden Tag. Und jeder dieser Tage ist ein Kampf gegen Angst, gegen Gerüchte, gegen politische Strategien. Die Aussagen von Benjamin und Sara Netanyahu haben das Vertrauen in diese Zeit der quälenden Geduld erschüttert.
Der Hintergrund: Nach dem Abbruch der Geisel-Feuerpause Anfang März hatte Hamas weitere Verhandlungen davon abhängig gemacht, dass Israel sich vollständig aus Gaza zurückzieht – eine Bedingung, die Netanyahu öffentlich ablehnt. Seine Haltung: kein Rückzug um jeden Preis. Doch für die betroffenen Familien ist klar: Der Preis wird mit Menschenleben bezahlt.
Hamas hat bisher 105 Zivilisten in einem einwöchigen Waffenstillstand Ende November freigelassen. Weitere acht lebende Geiseln wurden durch militärische Operationen gerettet. Doch bei jeder weiteren Verhandlung geht es nicht mehr nur um Taktik, sondern um Menschen, deren Schicksal sich mit jedem Tag in der Dunkelheit verändert – möglicherweise irreversibel.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=86237717
Mittwoch, 30 April 2025