Israel plant Neustart der Gaza-Hilfen – doch diesmal übernehmen US-Firmen die KontrolleIsrael plant Neustart der Gaza-Hilfen – doch diesmal übernehmen US-Firmen die Kontrolle
Ein Neuanfang für die Hilfslieferungen, der Hamas umgehen und den internationalen Druck mindern soll
Israel steht kurz davor, die Nahrungsmittelhilfe für den Gazastreifen wieder anlaufen zu lassen – doch diesmal unter ganz neuen Vorzeichen. Die beiden amerikanischen Firmen Safe Reach Solutions und UG Solutions sollen nach Informationen der Jerusalem Post die Verteilung übernehmen. Beide Unternehmen bringen Personal mit Spezialeinheiten- oder CIA-Hintergrund mit, um die hochkomplexen Aufgaben in einem extrem riskanten Umfeld zu bewältigen. Es geht nicht nur darum, Nahrung in ein Kriegsgebiet zu liefern – es geht darum, sicherzustellen, dass diese Hilfe die Bevölkerung erreicht und nicht in den Händen der Hamas landet.
In den kommenden Wochen soll die Wiederaufnahme der Hilfslieferungen starten, sobald der israelische Sicherheitsrat unter Generalstabschef Eyal Zamir die Pläne genehmigt. Denn Israel hat ein klares Ziel: Trotz der harten Linie gegenüber Hamas möchte man eine humanitäre Katastrophe verhindern. Ein Scheitern würde international die Kritik an Israel verstärken, die ohnehin bereits massiv wächst. Doch hier hört die Geschichte nicht auf.
In den vergangenen Monaten hatte Israel die humanitären Lieferungen stark eingeschränkt und an Bedingungen geknüpft: keine neuen Geiselfreilassungen – keine neuen Lieferungen. So lautete das Signal an die Hamas. Doch die Kalkulation ging nur teilweise auf. Zwar hat das bislang gelagerte Hilfskontingent den Gazastreifen über Wasser gehalten, doch dieses Polster droht nun auszugehen. Israel muss handeln, bevor Hunger zu einem Hebel in der internationalen Diplomatie wird – und Hamas das propagandistisch ausschlachten kann.
Auch innenpolitisch ist die Lage brisant. Premierminister Benjamin Netanjahu muss seine rechtsextremen Koalitionspartner davon überzeugen, dass die humanitäre Hilfe nicht als Schwäche oder Nachgiebigkeit missverstanden wird. Dafür setzt er auf einen Plan, der die Hilfe technisch ermöglicht, politisch absichert und militärisch abschirmt: Die IDF (Israelische Verteidigungsstreitkräfte) werden nicht selbst Hilfsgüter verteilen, sondern lediglich den Schutz garantieren. Die amerikanischen Firmen hingegen werden vor Ort die operative Verantwortung übernehmen.
Ein Blick auf die Details zeigt, wie kompliziert das Unterfangen ist:
Während zwischen Januar und Anfang März täglich rund 650 Lkw Gaza erreichten – also weit mehr als die geschätzten 200 bis 300 benötigten Fahrzeuge pro Tag –, wird nun zunächst nur von etwa 60 Lkw pro Tag gesprochen. Diese sollen fünf Verteilzentren beliefern, wo Familien im Zweiwochenrhythmus Nahrungsmittel abholen können. Doch damit sind neue Fragen verbunden: Wie können Menschen ganze Zweiwochenrationen tragen? Was passiert, wenn nur bestimmte Regionen beliefert werden, wie beim Pilotprojekt im Süden Gazas? Internationale Hilfsorganisationen warnen, dass dies ihren Prinzipien der Gleichbehandlung widerspreche. Doch ob diese Organisationen wirklich auf die Lieferung verzichten, nur weil ihnen die Verteilungsmodalitäten missfallen, bleibt fraglich.
Was hier auf dem Spiel steht, ist mehr als nur die Versorgung eines Kriegsgebiets. Es geht um das Ringen zwischen israelischen Sicherheitsinteressen, innenpolitischen Machtspielen, internationalen humanitären Standards und der Rolle der USA als neuer „Ordnungsmacht“ auf dem Boden Gazas. Dass ausgerechnet amerikanische Firmen, möglicherweise mit Geheimdienstnähe, diese Verantwortung übernehmen, zeigt, wie sehr das Thema inzwischen auch geopolitische Dimensionen hat.
Israel verfolgt eine Doppelstrategie: Härte gegenüber der Hamas, aber Verantwortung gegenüber der Zivilbevölkerung. Es ist ein riskantes Spiel. Noch vor wenigen Wochen hatte man gehofft, durch die Kombination aus militärischem Druck, ausbleibender Nahrungshilfe und dem Rückenwind der neuen Trump-Regierung ein neues Geiselabkommen zu erzwingen. Doch bisher blieb der erhoffte Durchbruch aus. Die Zeit läuft. Und der Hunger kennt keine politischen Taktiken.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF
Montag, 05 Mai 2025