Netanjahus riskanter Kurs: Israel entscheidet sich für militärische Kontrolle in Gaza – und gegen die Geiseln

Netanjahus riskanter Kurs: Israel entscheidet sich für militärische Kontrolle in Gaza – und gegen die Geiseln


Ein Kabinettsbeschluss erschüttert das Land: Die israelische Regierung setzt auf Krieg und Gebietsbesetzung – und riskiert, das Schicksal der Geiseln aus dem Blick zu verlieren.

Netanjahus riskanter Kurs: Israel entscheidet sich für militärische Kontrolle in Gaza – und gegen die Geiseln

Die Entscheidung fiel spät in der Nacht, doch ihr Gewicht wird Israel noch lange beschäftigen. Unter Premierminister Benjamin Netanjahu hat das israelische Sicherheitskabinett einstimmig beschlossen, die Militäroperationen im Gazastreifen auszuweiten – inklusive der militärischen Kontrolle großer Gebiete. Der Plan umfasst nicht nur die weitere Bekämpfung von Hamas, sondern auch das gezielte Bewegen der Zivilbevölkerung nach Süden und die Einschränkung von Hamas’ Zugriff auf humanitäre Hilfsgüter. Offiziell heißt es, man wolle so „beide Kriegsziele“ erreichen: die Zerschlagung der Hamas-Strukturen und die Rückkehr der entführten israelischen Geiseln. Doch ein erheblicher Teil der Gesellschaft sieht darin vor allem eines: eine Abkehr von den Geiseln zugunsten territorialer Ambitionen.

Es ist ein Moment, der das Land spaltet. Während das Kabinett hinter dem Plan steht und die Vorbereitungen – darunter die Mobilisierung von Reservisten – laufen, protestieren Organisationen wie das „Hostage Families Forum“ lautstark. Ihre Botschaft ist unmissverständlich: „Das ist kein Befreiungsplan, das ist ein Smotrich-Netanjahu-Plan – ein Plan, die Geiseln im Stich zu lassen.“ Über 70 % der Bevölkerung hätten sich für eine Lösung ausgesprochen, die die Rückkehr der Geiseln priorisiert, nicht die Sicherung von Territorium.

Dass Netanjahu den nächsten militärischen Schritt erst nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump kommende Woche beginnen will, zeigt, wie sehr sich Israels Politik momentan auch an diplomatische Überlegungen bindet. Trump, der seit seinem Amtsantritt einen pro-israelischen Kurs fährt, übt Druck auf die Region aus, doch auch er hat bislang keinen Durchbruch bei den Verhandlungen über die Geiseln erreicht.

Besonders pikant sind die innerisraelischen Spannungen. Nationaler Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir machte sich im Kabinett für eine radikale Linie stark: kein humanitäres Entgegenkommen gegenüber Gaza, sondern gezielte Bombardierungen von Hamas-Lagern. „Ich verstehe nicht, warum wir denen überhaupt noch Nahrung geben sollen“, polterte er. Militärchef Eyal Zamir hingegen warnte eindringlich: Solche Pläne würden Israels Soldaten gefährden und gegen internationales Recht verstoßen. Auch die Generalstaatsanwältin erinnerte die Minister daran, dass Israel verpflichtet sei, die humanitäre Versorgung in Gaza zu gewährleisten.

Währenddessen stehen in Gaza logistische Fragen an, die ebenfalls nicht zu unterschätzen sind. Zwei US-amerikanische Firmen – Safe Reach Solutions und UG Solutions – sollen demnächst die Verteilung von Lebensmitteln übernehmen, sobald Israel den Hilfskorridor wieder öffnet. Ihre Mitarbeiter haben oft eine Vergangenheit bei Spezialeinheiten oder der CIA, um in der heiklen Lage vor Ort überhaupt operieren zu können. Doch wie viele Lastwagen täglich nach Gaza fahren dürfen, wie man verhindert, dass Hamas die Lieferungen abzweigt, und wie Familien tatsächlich Lebensmittel für zwei Wochen aus den Verteilzentren nach Hause schaffen sollen, ist bislang ungeklärt.

Internationale Hilfsorganisationen haben bereits Zweifel angemeldet: Wenn die Hilfe nur in bestimmten Regionen ankomme – vorerst vor allem im Süden –, sei das mit dem Prinzip der Gleichbehandlung nicht vereinbar. Zugleich ist fraglich, ob diese Organisationen wirklich aufhören würden, Lebensmittel zu liefern, sobald Israel die Tore wieder öffnet, auch wenn es unter Bedingungen geschieht, die ihnen missfallen.

Derweil bleibt das politische Klima in Israel aufgeheizt. Die Regierung gibt sich entschlossen, während große Teile der Öffentlichkeit in Sorge um die Geiseln und um die humanitären Konsequenzen sind. „Niemand hat vorgeschlagen, sie verhungern zu lassen“, stellte der Kabinettssekretär klar. Doch die Debatte darum, wie weit Israel bereit ist zu gehen, um Hamas zu besiegen, ohne sich selbst zu verlieren, wird mit jedem Tag schärfer.


Autor: Redaktion
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Montag, 05 Mai 2025

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