Ein Pier voller Fehler: Wie eine gescheiterte US-Militärmission vor Gaza mehr Schaden als Hilfe brachteEin Pier voller Fehler: Wie eine gescheiterte US-Militärmission vor Gaza mehr Schaden als Hilfe brachte
Die Idee klang gut – doch sie war von Anfang an zum Scheitern verurteilt: Ein schwimmender Pier sollte humanitäre Hilfe nach Gaza bringen. Am Ende gab es 62 verletzte US-Soldaten, gebrochene Technik und eine unbeantwortete Frage: Warum überhaupt?
Als das Pentagon im Frühjahr 2024 dem Befehl des Weißen Hauses folgte, ein temporäres Pier vor der Küste des Gazastreifens zu errichten, sollte dies ein Symbol amerikanischer Effizienz und Menschlichkeit sein. Heute, ein Jahr später, liegt der Nutzen dieser Mission in Trümmern – buchstäblich. Laut einem neuen Bericht des Pentagon-Generalinspektors wurden bei der Mission insgesamt 62 US-Soldaten verletzt. Nicht im Kampf. Nicht im Feindesgebiet. Sondern bei einem Projekt, das schlecht geplant, falsch eingeschätzt und überflüssig war.
Der sogenannte JLOTS-Pier (Joint Logistics Over the Shore) war ein schwimmendes System, mit dem Hilfsgüter auf dem Seeweg direkt an Gaza geliefert werden sollten. Doch schon die Ausgangslage war fragwürdig: Die für diese Operation zuständigen Wasserfahrzeuge der US-Armee waren veraltet oder nicht einsatzbereit. Es gab nur noch 64 dieser Schiffe – ein deutlicher Abbau der Kapazitäten in den letzten Jahren. Dennoch entschieden sich die Militärplaner, den Auftrag umzusetzen – obwohl es keinen militärischen Notstand gab, sondern eine vermeintlich humanitäre Mission in einer Region, die vom US-Verbündeten Israel kontrolliert wird.
Die logische Alternative – humanitäre Hilfe über den israelischen Hafen Ashdod per Lkw in den Gazastreifen zu bringen – wurde ignoriert. Dabei stellte sich später genau dies als praktikabler heraus: Die US-Regierung begann, genau auf diesem Weg Hilfsgüter zu liefern, nachdem der Pier mehrfach beschädigt und schließlich abgebaut werden musste. Ein Sturm zerschlug Teile der Konstruktion; Ponton-Elemente wurden an den Strand gespült. Die US-Einheiten mussten die Anlage bei drohendem Wetter in einen Hafen schleppen – ein logistischer Albtraum, der alle Ressourcen band.
Ein gravierender Planungsfehler war die mangelnde Prüfung der Wetter- und Küstenbedingungen. Die Systeme der Armee und Marine waren zudem inkompatibel – die Pontons kollidierten, rissen sich gegenseitig auf. Das alles war bekannt, schon bei einer früheren Übung hatte man festgestellt, dass die Systeme nicht zusammenarbeiten konnten. Trotzdem wurden sie gemeinsam nach Gaza geschickt.
Die Bilanz ist katastrophal: Verletzte Soldaten, verschwendete Ressourcen, beschädigtes Material und eine völlig vermeidbare Operation. Die eigentliche Frage lautet: Warum schickte die USA überhaupt eigene Soldaten über den Atlantik, um Hilfsgüter an ein Gebiet zu liefern, dessen Zugang durch Israel kontrolliert und verwaltet wird? Warum wurde nicht von Beginn an mit Israel koordiniert, statt auf symbolische Eigenständigkeit zu setzen?
Die Antwort liegt in einer Mischung aus politischem Aktionismus, militärischem Übereifer und einem erschreckenden Mangel an kritischem Hinterfragen. Der Generalinspektor-Bericht zeigt, dass keiner den Mut hatte, das Projekt zu stoppen. Man wusste, dass man nicht vorbereitet war – und tat es trotzdem. Heldentum war hier fehl am Platz.
Es ist ein bitteres Lehrstück: Wer ohne realistische Einschätzung, Vorbereitung und Abstimmung mit Partnern handelt, setzt nicht nur Leben aufs Spiel, sondern auch das Vertrauen in die Fähigkeit westlicher Demokratien, sinnvolle Hilfe zu leisten. Gaza brauchte keine Pseudomission auf See – sondern eine durchdachte, mit Israel koordinierte Hilfslieferung auf dem Landweg. Dass es dafür amerikanischer Verluste bedurfte, ist das eigentliche Versagen.
Autor: Redaktion
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Donnerstag, 08 Mai 2025