Heimlich, still und teuer: Wie Osem Nestlé die wahren Preiserhöhungen verschleiertHeimlich, still und teuer: Wie Osem Nestlé die wahren Preiserhöhungen verschleiert
Kaffee, Babybrei, Snacks, Fertiggerichte – Osem Nestlé dreht erneut an der Preisschraube. Offiziell spricht der Lebensmittelriese von einer „durchschnittlichen“ Erhöhung um 2,2 Prozent. Doch interne Zahlen zeigen: In Wirklichkeit zahlen israelische Verbraucher jetzt bis zu 9 Prozent mehr. Zum dritten Mal binnen eines Jahres.
Was das Unternehmen in nüchternem PR-Sprech als "moderate Anpassung" verpackt, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als massive Belastung für die israelischen Haushalte. Osem Nestlé, Tochter des globalen Lebensmittelgiganten Nestlé, erhöht zum dritten Mal innerhalb von zwölf Monaten die Preise – und zwar nicht marginal, sondern drastisch.
Während in der offiziellen Mitteilung an Supermarktketten von einer Preiserhöhung „im Durchschnitt von 2,2 Prozent“ die Rede ist, zeigen Dokumente, die dem israelischen Nachrichtenportal N12 vorliegen, ein ganz anderes Bild:
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Kaffee: +9 %
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Matrana (Babynahrung): +7 %
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Snacks: +5 %
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„Heißes Gericht“ (Fertiggerichte): +4–6 %
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Croutons und Instant-Suppenpulver: +5 %
Es handelt sich dabei nicht um Luxusgüter – sondern um Grundnahrungsmittel, die tagtäglich auf israelischen Tischen stehen. Produkte, auf die besonders einkommensschwache Familien angewiesen sind. Und genau sie sind es, die den Preis für diese erneute Teuerungswelle zahlen – wortwörtlich.
Zahlen verschleiern, Realität verdrehen
Der Clou liegt im Begriff „Durchschnitt“. Wer viele Produkte nur leicht erhöht, aber einige massiv verteuert – der kann rechnerisch einen niedrigen Mittelwert präsentieren, der in der Realität niemandem hilft. Genau das tut Osem. Es ist eine Taktik, die sich wiederholt. Schon im Januar 2025 hatte das Unternehmen Preise um bis zu 9 Prozent angehoben – ebenfalls getarnt als „durchschnittlich 2,2 Prozent“. Auch im Mai 2024 wurde verteuert, ebenfalls mit derselben Rhetorik. Der Trick ist alt – aber immer noch wirksam.
In ihrer Begründung verweist die Firma auf gestiegene Kosten: Rohstoffe, Verpackung, Produktion, Logistik. Die Botschaft: Man habe keine Wahl. Die Wahrheit ist komplexer – denn während Verbraucher bluten, bleiben die Gewinnmargen der Konzerne auffällig stabil.
Der stille Preis der Marktmacht
Dass Osem zu diesen Maßnahmen greift, liegt nicht nur an globalen Lieferketten oder geopolitischen Krisen. Es liegt auch – und vor allem – an der strukturellen Machtverteilung im israelischen Lebensmittelmarkt. Osem ist ein zentraler Player in einem extrem konzentrierten System. Und wo Wettbewerb fehlt, fehlt auch Kontrolle. Die Folge: Teuerungen werden durchgedrückt, ohne dass ein echter Preisvergleich möglich wäre.
Es ist kein Zufall, dass gerade Produkte wie Matrana, Babynahrung, empfindlich im Preis steigen. Hier ist die Zahlungsbereitschaft der Eltern hoch – und die Alternativen oft begrenzt. Ein klassisches Beispiel für wirtschaftliche Ausnutzung von Bedürftigkeit.
Wo bleibt die Politik?
Statt zu intervenieren, schaut die Politik seit Jahren zu. Die Preisaufsicht ist schwach, der Verbraucherschutz ineffektiv, und echte Marktregulierung bleibt aus. In der Zwischenzeit formieren sich Verbraucherproteste, Boykottaufrufe kursieren in sozialen Netzwerken, doch ihre Wirkung bleibt begrenzt. Osem kann es sich leisten, sie zu ignorieren – denn der Markt spielt mit.
Der Zeitpunkt der neuen Teuerung ist ebenfalls kein Zufall: Sie tritt nach dem jüdischen Feiertag Schawuot in Kraft, am 3. Juni. Gerade in einer Zeit, in der viele Familien ohnehin stark belastet sind – durch wirtschaftliche Unsicherheit, Kriegsfolgen und steigende Wohnkosten – kommt diese Maßnahme einem Tritt nach unten gleich.
Wann sagt jemand: Stopp?
Die zentrale Frage lautet: Wie lange lassen sich Verbraucher das noch gefallen? Wann wird aus Frust über steigende Preise echter politischer Druck? Wann wird die Regierung gezwungen sein, das Thema ernsthaft anzugehen?
Denn das, was hier geschieht, ist mehr als nur Wirtschaft. Es ist ein Testfall für soziale Gerechtigkeit, für die Rolle des Staates – und für das Vertrauen der Bürger in Markt und Politik.
Die Preiserhöhungen von Osem sind kein Betriebsunfall. Sie sind ein Ausdruck eines Systems, das funktioniert – aber nicht für die Menschen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Hanay - Own work, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=120251709
Donnerstag, 15 Mai 2025