Der Krieg unter der Erde – und was er über Israels neue Sicherheitsdoktrin verrät

Der Krieg unter der Erde – und was er über Israels neue Sicherheitsdoktrin verrät


Wie eine geheime Operation der IDF den Nordgrenzschutz gegen die Hisbollah revolutionierte – und warum der 7. Oktober nicht nur eine Warnung war, sondern ein Wendepunkt.

Der Krieg unter der Erde – und was er über Israels neue Sicherheitsdoktrin verrät

Während die Welt noch immer über die Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober sprach und sich das israelische Militär auf die Wiederherstellung der Kontrolle im Süden konzentrierte, wurde an der Nordgrenze längst Geschichte geschrieben. Fernab der Schlagzeilen, ohne Livebilder oder öffentliche Aufmerksamkeit, begann ein Einsatz, der zu einem Wendepunkt für Israels Sicherheitsstrategie gegenüber der Hisbollah wurde: Makhreshet HaKesef – der „Silberne Pflug“.

Noch während Israel unter Schock stand, rief das Nordkommando seine erfahrensten Ingenieuroffiziere zusammen. Auf Karten, ausgebreitet auf Tischen in einem Kommandozentrum, markierten sie über hundert dicht bewachsene Abschnitte entlang der libanesischen Grenze. Orte, die seit Jahren als perfektes Versteck für Waffenlager, Beobachtungsposten und Tunnel dienten – strategische Nester des Terrors, sorgsam gepflegt und erweitert von der Hisbollah. „Wir müssen alles offenlegen, sofort“, sagte ein Kommandant. Es war kein Vorschlag, sondern ein Befehl.

Was folgte, war ein nahezu einjähriger Einsatz – unter höchster Geheimhaltung. Mit rund 300 schweren Maschinen, darunter gepanzerte Bagger, Bulldozer und spezielle Erdbewegungsfahrzeuge, räumte die Armee 120 Kilometer Grenzgebiet frei. Nicht nur auf israelischer Seite – sondern auch mehrere hundert Meter tief hinein auf libanesisches Territorium. Der nördliche Boden wurde umgepflügt wie nie zuvor, im wahrsten Sinne des Wortes.

Die neue Doktrin: Präsenz schlägt Technik

Der 7. Oktober war ein Schock – nicht nur wegen der Gewalt, sondern weil Israels Vertrauen in technologische Sicherheitssysteme wie Zäune, Drohnen und Sensoren erschüttert wurde. Die neue Lehre: Wer nur auf Hightech setzt, verliert das Terrain. Deshalb kehrte die IDF zu einer alten, aber vernachlässigten Wahrheit zurück: Physische Präsenz. Kontrolliertes Gelände. Sichtlinien. Und Feuerkraft.

Während die Armeeführung noch überlegte, ob der Süden oder der Norden priorisiert werden sollte, hatte das Nordkommando längst gehandelt. Das Ziel: dem Feind buchstäblich den Boden unter den Füßen wegzuziehen – und jede Deckung, jedes Versteck, jede unterirdische Infrastruktur zu vernichten.

Was die Ingenieure in den monatelangen Arbeiten unter dem dichten Gebüsch entdeckten, war ein Abbild jahrelanger Vorbereitung auf einen Großangriff. Nicht nur Lagerhallen, nicht nur Waffen. Sondern ganze unterirdische Bunkerkomplexe, Kommandozentralen, Aufenthaltsräume für Terroristen. Tarnnetze, Beobachtungsstationen, Tunnelzugänge – eine Terrorinfrastruktur auf mehreren Ebenen.

Nahe dem Ort Sasa wurde ein Tunnel entdeckt, der tief unter dem Boden verlief – der erste und bisher einzige Tunnel, den die Hisbollah im aktuellen Krieg tatsächlich unter dem Grenzverlauf gegraben hatte. Er war noch nicht einsatzbereit, aber vollständig geplant. Es war ein Beweis dafür, wie ernst die schiitische Terrororganisation ihre Vorbereitungen nahm – und wie knapp ein Albtraum wie der 7. Oktober auch im Norden hätte Realität werden können.

Nicht nur Militär: Ziviltechnik im Einsatz gegen Terror

Auffällig: Nicht nur militärische Fahrzeuge wurden eingesetzt. Auch zivile Maschinen halfen dabei, das Terrain zu öffnen. In Israel ist das kein Zufall, sondern Strategie. Der Krieg gegen die Tunnel und Bunker der Hisbollah ist auch ein technischer Wettlauf. Und die zivile Expertise im Bauwesen, bei Erdarbeiten oder in der Geologie wurde integriert wie nie zuvor.

Wo in Syrien heute einfache Gräben Panzerfahrten verhindern sollen, ging Israel im Libanon andere Wege. Es reichte nicht, Sperren zu errichten. Der Feind war bereits tief eingegraben. Die Antwort: alles offenlegen. Flächen, die einst undurchdringlich waren, sind nun freies Terrain. Dort, wo sich einst Kämpfer unter Bäumen und Felsen bewegten, stehen jetzt israelische Beobachtungsposten – mit freiem Schussfeld.

Warum das alles mehr ist als ein technischer Erfolg

„Sicherheit ist nicht nur ein Gefühl“, sagt der leitende Ingenieuroffizier des Nordkommandos in einem seltenen Interview. „Sicherheit ist, wenn du das Gelände kontrollierst – Tag und Nacht.“ Der 7. Oktober habe gezeigt, dass man keine Warnzeit erwarten dürfe. Wenn der Feind kommt, dann kommt er vorbereitet. Die einzige Antwort sei, ihm die Vorbereitung zu nehmen.

Diese Philosophie steckt hinter dem „Silbernen Pflug“ – einem Codewort, das nüchtern klingt, aber eine neue Ära einleitet. Es geht nicht mehr nur um Verteidigung. Es geht um präventive Kontrolle. Nicht um Reaktion – sondern um Initiative. Nicht um Mauerbau – sondern um aktives Terrain-Management.

Der Einsatz mag beendet sein, das Gelände bereinigt, die Bulldozer stehen wieder in den Depots. Doch der wahre Erfolg liegt tiefer: In der Veränderung der Denkweise. Israels Armee zeigt, dass sie gelernt hat – nicht nur aus eigenen Fehlern, sondern aus den Plänen des Feindes. Wer das Gelände kontrolliert, kontrolliert den Kampf.

Die Bewohner des Nordens kehren langsam zurück. Nicht mit Illusionen – aber mit dem Wissen, dass ihr Zuhause nicht nur durch Technik geschützt ist, sondern durch Arbeit, Strategie und Klarheit. Die Bilder von Bulldozern mögen nicht heroisch wirken – aber sie erzählen die Geschichte eines stillen Sieges: eines Sieges über den Schattenkrieg unter der Erde.


Autor: Redaktion
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Samstag, 17 Mai 2025

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