„Kein Brot für Hamas“ – Reservisten und Aktivisten blockieren Grenzübergang zu Gaza„Kein Brot für Hamas“ – Reservisten und Aktivisten blockieren Grenzübergang zu Gaza
Einladung zur Revolte: Während Israels Soldaten im Kampf fallen, rollen Lkw mit Hilfsgütern für den Feind über die Grenze. Ein wachsender Teil der israelischen Gesellschaft sagt: Nicht in unserem Namen.
Am Mittwochmorgen verwandelte sich der Grenzübergang Kerem Shalom erneut in ein Symbol der innerisraelischen Zerreißprobe: Dutzende Aktivistinnen und Aktivisten blockierten die Zufahrtsstraße, legten sich buchstäblich quer – mit dem erklärten Ziel, die Lieferungen humanitärer Hilfen nach Gaza zu stoppen. Was früher als moralische Pflicht galt, wird nun von wütenden Reservisten als „nationale Selbstaufgabe“ verurteilt.
Die Protestierenden gehören zu den Bewegungen „Tzav 9“ und „Miluimnikim – Generation des Sieges“ – Namen, die längst zu Begriffen eines neuen, kompromisslosen Patriotismus geworden sind. Sie verstehen sich als Sprachrohr jener Israelis, die nicht länger bereit sind, hinzunehmen, dass während der Krieg gegen die Hamas tobt, täglich Dutzende Lastwagen mit Nahrungsmitteln, Wasser und Treibstoff in den Gazastreifen fahren – trotz der Entführung von noch immer 58 israelischen Geiseln.
„Das ist eine Ungeheuerlichkeit!“, ruft Reut Ben Chaim, eine der Organisatorinnen, in ein Megafon. „Wir füttern den Feind, während unsere Brüder in Gaza für unser Land ihr Leben lassen. Diese Lastwagen sind kein Akt der Humanität – sie sind Beihilfe zum Krieg gegen uns selbst.“ Ihre Stimme zittert vor Wut. Die Bilder von gefallenen Kameraden, die Nachrichten über verletzte Soldaten – all das steht in krassem Kontrast zu den durchgewunkenen Hilfstransporten, die sie als „Stärkung einer Terrororganisation“ empfinden.
Auch der Reservist Hauptmann Ashriel Machlev findet klare Worte: „Jeder dieser Lkw verlängert den Krieg. Jeder Sack Reis, jede Kanisterladung Benzin versorgt nicht etwa die Zivilbevölkerung – sondern die Hamas. Wir nennen das hier: humanitäre Munition.“ Und er kündigt an: „Wir kommen wieder. Jede Woche. Hunderte von Reservisten. Wir blockieren mit unseren Körpern, wenn nötig.“
Die Protestierenden betonen, dass sie nicht gegen humanitäre Prinzipien an sich kämpfen – sondern gegen deren Missbrauch. Solange Geiseln in Tunneln gefangen gehalten, Raketen aus Wohngebieten abgeschossen und Hamas-Kämpfer aus Vorräten der UN versorgt würden, dürfe es keine weitere „Normalität“ an den Grenzübergängen geben. Aus ihrer Sicht steht Israel vor einer moralischen Umkehr: Wer Hamas schwächen will, darf nicht gleichzeitig deren Nachschub sichern.
Ihre Kritik richtet sich nicht nur gegen die Hamas – sondern auch gegen die israelische Regierung. Die Wut vieler Reservisten speist sich aus einem Gefühl tiefer Entfremdung: Während sie an vorderster Front kämpfen, treffen politische Entscheidungsträger im sicheren Tel Aviv Vereinbarungen mit den Vereinigten Arabischen Emiraten, koordinieren Hilfslieferungen, lassen Lkws rollen – und betonen öffentlich, man könne „nicht garantieren, dass Hamas sich nicht bedient“.
Dieses Eingeständnis wirkt wie ein Schlag ins Gesicht für die Protestierenden. „Wir sollen weiterkämpfen, während unsere Feinde gestärkt werden – durch unsere eigenen Konvois?“, fragt ein Aktivist fassungslos. Und weiter: „Die Welt erwartet von uns, dass wir ‚moralisch‘ bleiben. Aber was ist moralisch daran, die eigene Bevölkerung zu verraten?“
Tatsächlich mehren sich Hinweise darauf, dass Hamas systematisch Hilfsgüter beschlagnahmt, um die eigene Macht zu sichern. Mehrere Videos zeigten bereits bewaffnete Männer, die Lebensmittel aus UN-Lieferungen in eigene Lagerhallen umladen. Der Vorwurf lautet: Ein Großteil der Hilfen kommt nie bei der notleidenden Bevölkerung an – sondern stärkt gezielt jene Strukturen, die Israel bekämpft.
Für viele in Israel ist das untragbar. Die moralische Rechnung geht nicht mehr auf. Die Vorstellung, dass dieselben Tunnel, in denen israelische Kinder als Geiseln gehalten werden, mit Treibstoff aus israelisch abgesegneten Lieferungen beleuchtet werden, treibt Angehörige an den Rand der Verzweiflung – und zum Protest.
Die Bewegung „Tzav 9“ wächst – auf den Straßen, aber auch in den sozialen Netzwerken. Ihre Botschaft ist radikal einfach: „Keine Hilfe ohne Rückgabe der Geiseln.“ Mit dieser Losung treffen sie einen Nerv. Viele Familien der Entführten fühlen sich allein gelassen – vom Kabinett, von der internationalen Gemeinschaft, von einem System, das diplomatische Gesten über das Leben der eigenen Bürger stellt.
Während die Regierung weiter auf internationale Bündnisse und moralische Überlegenheit setzt, rufen die Protestierenden zum Handeln auf. Für sie ist der Krieg nicht auf diplomatischer Ebene zu gewinnen – sondern auf der Straße, mit klarem Kurs, ohne falsche Rücksichten.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Screenshot
Mittwoch, 21 Mai 2025