Sie schleichen sich an den Tod heran – und entreißen ihm die KontrolleSie schleichen sich an den Tod heran – und entreißen ihm die Kontrolle
Mitten im Trümmermeer von Gaza, an der Grenze zum Libanon und sogar in Syrien agieren sie im Schatten – die S’P-Kräfte des israelischen Militärs. Sie entschärfen das, was andere nicht einmal berühren dürfen. Ihre Arbeit ist gefährlich, einsam, aber unverzichtbar.
Zwischen eingestürzten Häusern, verrauchten Korridoren und verdächtig stillen Straßen lauert eine Gefahr, die man nicht sieht, nicht hört – und die in Sekunden tötet. Wer sich in diese Räume wagt, braucht mehr als Mut. Er braucht jemanden, der das Unsichtbare erkennt: den S’Pnik. Er ist kein Held für die Kameras, aber einer, der ohne Zögern in den Tod blickt – um andere zu schützen. Mit scharfem Blick, ruhiger Hand und unerschütterlichem Vertrauen in die eigene Ausbildung rückt er dorthin vor, wo selbst Elitesoldaten einen Schritt zurück machen.
Die Spezialisten für Sprengstoffbeseitigung – im Hebräischen kurz „S’P“ für „Silik Pzatzim“ – sind Israels stille Lebensretter. Sie operieren in einem Bereich, der selbst für Soldaten der Eliteeinheiten tabu ist. Denn wenn irgendwo ein verdächtiger Gegenstand liegt, eine Leiche möglicherweise vermint ist oder ein Tunnelschacht im Boden gähnt, sind sie es, die entscheiden, ob jemand heimkehrt – oder nicht.
Im Nebel der Sprengfallen: Leben im Ausnahmezustand
Kaum eine Einheit der israelischen Armee ist so unbekannt wie präzise – und gleichzeitig so zentral für den Erfolg jeder Operation. Der Blick eines S’Pniks fällt nicht nur auf das Offensichtliche. Er scannt jede Bodenunebenheit, jede lose Steinplatte, jeden dunklen Schatten in einer Wandnische. Was für andere wie ein Stück Beton aussieht, ist für ihn vielleicht eine verkleidete Bombe, getarnt als Geröll. Und in einer Zeit, in der die Hamas ihre tödlichen Fallen mit immer raffinierteren Tarnungen versieht, wird der S’Pnik zur letzten Verteidigungslinie.
Ihre Ausbildung dauert Jahre. Sie lernen nicht nur, wie man Zünder erkennt oder Sprengladungen entschärft. Sie trainieren auch psychologische Standfestigkeit: jede Bewegung könnte die letzte sein. Jeder Einsatz birgt das Wissen: Der Feind hat auf dich gewartet. Trotzdem schreiten sie voran – für ihre Kameraden, für ihre Familien, für ein Land, das sich auf sie verlässt.
„Wir sind mit jedem Trupp, der operativ arbeitet, direkt verbunden“, erklärt einer der Kommandanten, Hauptmann N. „Wir sind diejenigen, die die Wege für unsere Kräfte sichern, die Explosionen verhindern, bevor sie geschehen. Unsere Verantwortung ist enorm.“ Der Satz fällt ruhig, ohne Pathos – als wäre es das Normalste der Welt.
Die stillen Helden des 7. Oktober
Als Terroristen am 7. Oktober Israels Grenzgemeinden überrannten, kämpften viele Einheiten in den Häusern, auf den Straßen, in den Kibbutzim. Doch eine der ersten Aufgaben nach dem Zurückdrängen der Angreifer bestand nicht darin, weiter vorzurücken – sondern aufzuräumen. Die Dörfer waren vermint, Gassen potenziell tödlich, selbst Spielplätze eine Gefahr. Und wieder waren es die S’Pnikim, die vorgingen. Sie gaben den Menschen ihr Zuhause zurück – Stein für Stein, Raum für Raum.
Ein interner Begriff innerhalb der Truppe nennt diese Wochen „die große S’P-Operation“. Hunderte improvisierte Sprengsätze, gefüllte Rucksäcke, Minen, Raketenteile – alles wurde gesichtet, analysiert, entschärft oder gesprengt. Ohne diese Arbeit hätte es keine Rückkehr der Bewohner gegeben. Ohne sie hätte die israelische Armee ihre geplanten Manöver in Gaza nie beginnen können.
Fronten überall: Gaza, Libanon, Syrien
Die Aufgaben der Einheit enden nicht am Zaun zu Gaza. Auch im Norden, an der Grenze zum Libanon, agieren sie, wenn die Hisbollah Raketen feuert, Gebiete vermint oder sich im Terrain verschanzt. Selbst tief in Syrien operierten S’P-Kräfte, wie neueste Aufnahmen zeigen. Dort sichern sie Waffenlager, neutralisieren improvisierte Sprengsätze – und zerstören, was gegen Israel gerichtet ist.
Die S’P-Kräfte gehören zur geheim operierenden Eliteeinheit Yahalom im Pionierkorps. Ihre Teams sind klein – meist zwei bis drei Personen –, aber ihr Einfluss ist immens. Ein Bataillon kommt nur so weit, wie seine S’Pnikim es ihm ermöglichen. Ohne sie wird kein Haus betreten, kein Tunnel geöffnet, kein Gelände gesichert.
„Sie sind der Faktor, der den Unterschied macht“, sagt Major D., ein weiterer Kommandant. „In jeder Operation, ob bei einer Geiselbefreiung oder einem Großangriff, hängt der Erfolg davon ab, ob der Raum sicher ist. Und das stellen unsere Leute sicher.“
In besonders sensiblen Missionen, etwa bei der Bergung toter Geiseln, sind es oft S’P-Kräfte, die als erste vorrücken. Sie sichern die Umgebung, untersuchen die Körper auf Sprengfallen – bevor sie weitergegeben werden können. Es sind Szenen voller Tragik und Konzentration. Keine Kameras, keine Interviews. Nur Arbeit.
Der Feind verändert seine Methoden ständig. Bomben werden in Kinderpuppen versteckt, unter Bodenfliesen, in den Trümmern eines zerstörten Gebäudes. Und doch bleiben die S’Pnikim wachsam. Ihre größte Waffe ist nicht ihr Roboter oder ihre Schutzkleidung – sondern das Wissen, das sie in unzähligen Stunden gelernt haben, das Bauchgefühl, das sie sich erarbeitet haben, die Ruhe, die sie sich bewahrt haben.
Sie fordern keine Anerkennung. Ihre Gesichter bleiben verborgen, ihre Namen anonym. Aber sie sind es, die Leben retten, lange bevor der Schuss fällt. Die S’P-Kräfte sind Israels letzte Verteidigungslinie gegen eine der perfidesten Waffen moderner Kriegsführung. Und sie tun es mit Stolz, Disziplin – und einer Entschlossenheit, die nicht in Medaillen gemessen werden kann.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Sonntag, 25 Mai 2025