Verteilung von Lebensmitteln in Gaza endet in Gewalt und RücktrittVerteilung von Lebensmitteln in Gaza endet in Gewalt und Rücktritt
Tausende stürmten Verteilzentren, Hilfskräfte flohen – nun wendet sich selbst der Gründer der US-nahen Stiftung von dem Projekt ab.
Was als koordinierte Hilfsaktion begann, endete im Chaos: In Rafah im Süden des Gazastreifens haben am Dienstag Tausende Palästinenser Hilfsverteilzentren gestürmt, die von der Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betrieben werden – einer Initiative, die von den USA und Israel unterstützt wird. Der Auslöser: Hunger, Verzweiflung, aber auch ein wachsender Machtkampf zwischen Hilfsorganisationen und der Terrororganisation Hamas.
Die Lage vor Ort eskalierte, als Menschenmengen in die Verteilbereiche eindrangen. Es kam zu Zusammenstößen unter den Wartenden, Schüsse fielen. Die israelische Armee teilte mit, sie habe außerhalb der Zentren Warnschüsse abgegeben, um die Kontrolle wiederzuerlangen. In den Zentren selbst sei nicht geschossen worden. Die amerikanischen Helfer, so die Berichte, verließen das Gelände fluchtartig.
Das Ziel der GHF war es, mit einem neuen, abgesicherten Modell Nahrungsmittelhilfe direkt an Bedürftige zu liefern – ohne Einflussnahme der Hamas, mit biometrischen Kontrollen, organisiert und nachvollziehbar. Dass genau dieses Modell nun unter Druck steht, macht die Reaktionen der Stiftung deutlich. In einer Erklärung warf die Organisation der Hamas vor, gezielt gegen die Verteilung vorzugehen und Palästinenser an der Annahme der Hilfsgüter zu hindern.
„Es ist offensichtlich, dass Hamas sich durch dieses neue Verteilmodell bedroht fühlt und alles daran setzt, es zum Scheitern zu bringen“, heißt es in dem Statement der Organisation. Die GHF verurteilte zugleich die Drohungen gegen ihre Mitarbeiter und andere humanitäre Organisationen, die an der Versorgung beteiligt sind. Sicherheit für Zivilisten und Helfer sei „nicht verhandelbar“.
Tatsächlich sind die Herausforderungen für Hilfsorganisationen im Gazastreifen massiv. Die GHF hat nach eigenen Angaben allein in dieser Woche 388 LKW mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gebracht. Doch immer wieder wird die Arbeit durch Hamas behindert – sei es durch Gewalt, Einschüchterung oder gezielte Störung der logistischen Abläufe. Der jüngste Vorfall scheint dabei kein Einzelfall, sondern Teil eines systematischen Vorgehens.
Für die Stiftung selbst hat das Konsequenzen. Jake Wood, Gründer und bisheriger Direktor der GHF, trat am Montag überraschend zurück. In seiner Erklärung nannte er als Grund, dass das Projekt unter den derzeitigen Umständen nicht mehr im Einklang mit den humanitären Grundprinzipien von Menschlichkeit, Unabhängigkeit und Neutralität stehe.
Wood forderte in seinem Rücktritt eine Lösung, die über reine Hilfslieferungen hinausgeht: Die Freilassung aller Geiseln, ein Ende der Kämpfe und eine Würdigung der Würde aller Menschen in der Region. Nachfolger wird vorerst John Acree, der als Interimsdirektor die Arbeit fortführen soll – unter schwierigen Bedingungen.
Auch auf UN-Ebene wurde der Vorfall registriert. UN-Sprecher Stephane Dujarric nannte die Szenen in einem Interview mit Reuters „herzzerreißend“. Gleichzeitig betonte er, dass ein massiver Ausbau der humanitären Hilfe notwendig sei, um eine Hungersnot zu verhindern. Die operative Verantwortung liege bei den Staaten – und bei den Kräften vor Ort, die sichere Verteilungen ermöglichen müssten.
Die Realität jedoch zeigt ein anderes Bild: In einer Region, in der Terrorgruppen wie Hamas bewusst Chaos fördern und jede Form organisierter Hilfe als Bedrohung für ihre Kontrolle betrachten, wird jede Lieferung zur politischen Angelegenheit. Die Verteilung von Nahrungsmitteln wird zur Frontlinie eines ideologischen und strukturellen Machtkampfs.
Ob das neue Modell der GHF unter diesen Umständen eine Zukunft hat, ist ungewiss. Sicher ist nur: Solange Hunger, Terror und politische Interessen aufeinanderprallen, bleibt echte Hilfe ein riskantes Unterfangen.
Autor: Redaktion
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Dienstag, 27 Mai 2025