Netanjahu akzeptiert Trumps Waffenstillstand – doch der Preis war hochNetanjahu akzeptiert Trumps Waffenstillstand – doch der Preis war hoch
„Monumentale Erfolge“ – aber fünf Tote kurz vor der Einigung
Israels Premierminister Benjamin Netanjahu hat am Dienstagmorgen öffentlich erklärt, dass Israel einem von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Waffenstillstand mit dem Iran zugestimmt hat. Die Entscheidung sei gefallen, nachdem Israel in der militärischen Operation „Rising Lion“ – so der offizielle Name – alle Kriegsziele erreicht habe. Doch der Zeitpunkt und die Umstände dieser Einigung werfen Fragen auf: Denn noch in der Stunde vor Trumps Verkündung schlugen iranische Raketen mindestens sechs Mal ein – fünf Menschen starben, mindestens zwanzig wurden verletzt.
Was nach außen wie ein sorgfältig geplanter diplomatischer Erfolg wirkt, war in Wahrheit ein Wettlauf gegen den nächsten Angriff. Und möglicherweise ein Deal unter Druck.
In der offiziellen Erklärung aus dem Büro des Premierministers heißt es selbstbewusst: „Im Verlauf der Operation 'Rising Lion' hat der Staat Israel monumentale historische Erfolge errungen und sich in eine Reihe mit den Großmächten der Welt gestellt.“ Eine Formulierung, die Stolz und Genugtuung transportiert – aber auch das Bestreben, Stärke nach innen und außen zu demonstrieren. Denn die innenpolitischen Spannungen sind groß, die Erwartungen der israelischen Bevölkerung nach den brutalen Angriffen aus Teheran noch größer.
Die Einigung mit dem Iran kam nicht direkt, sondern über den Umweg Katar zustande. Das Golfemirat fungierte als Vermittler zwischen den verfeindeten Parteien – ein diplomatischer Balanceakt, der ohne das aktive Eingreifen Washingtons kaum denkbar gewesen wäre. Trump selbst hatte Netanjahu nach Informationen der Jerusalem Post bereits am Montag kontaktiert. Wenige Stunden später saß Israels Sicherheitskabinett in einer nächtlichen Sitzung zusammen – danach verordnete Netanjahu seinen Ministern Funkstille.
Doch das Timing wurde zum Stolperstein. In den frühen Morgenstunden – noch bevor Trump seine Verkündung auf Truth Social veröffentlichte – schlug der Iran erneut zu. Innerhalb von sechzig Minuten detonierten mindestens sechs Raketen auf israelischem Boden. Die Opferzahlen sprechen für sich: Fünf Tote, mehr als zwanzig Verletzte. Ein Angriff inmitten von Friedensverhandlungen – oder präziser gesagt: ein Schlag, der den kommenden Waffenstillstand in letzter Minute ins Wanken bringen sollte.
Trump postete später in Großbuchstaben: „THE CEASEFIRE IS NOW IN EFFECT. PLEASE DO NOT VIOLATE IT!“ Eine Botschaft, die wirken sollte wie ein Befehlswort an beide Seiten – doch laut israelischen Regierungsquellen kam dieser Post nicht zum vereinbarten Zeitpunkt und auch nicht in der geplanten Form. Ein diplomatischer Patzer, der zu einer dramatischen Stunde beitrug, in der israelische Bürger in Bunkern Schutz suchten, während sich Politiker um Formulierungen stritten.
Netanjahu ließ keinen Zweifel daran, dass jede Verletzung des Waffenstillstands eine klare und harte Reaktion zur Folge haben werde. „Israel wird auf jeden künftigen Verstoß gegen die Vereinbarung mit aller Kraft reagieren“, heißt es in der Mitteilung.
Doch was bleibt am Ende dieser Vereinbarung? Ein Waffenstillstand, der unter dem Donner iranischer Raketen beginnt. Ein militärischer Erfolg, der teuer erkauft wurde – mit Menschenleben, mit Angst, mit geopolitischem Risiko. Und ein Premier, der sein Land an einem heiklen Scheideweg führt: zwischen notwendiger Zurückhaltung und dem Anspruch auf Wehrhaftigkeit.
Dass Israel überhaupt einem von Katar vermittelten Waffenstillstand mit einem Regime wie dem in Teheran zustimmt, zeigt, wie komplex die neue Lage ist. Es ist nicht mehr der klassische Nahostkonflikt, der in klaren Fronten verläuft. Es ist ein globaler Krafttest, bei dem Israel um jeden strategischen Vorteil kämpft – und zugleich ums eigene Selbstverständnis als demokratische Bastion im Mittleren Osten.
Der heutige Tag wird in Israel nicht als Tag des Friedens in Erinnerung bleiben, sondern als Mahnung: Dass selbst eine scheinbare Einigung nicht vor neuen Angriffen schützt. Und dass jeder Sieg einen Preis hat – manchmal einen zu hohen.
Autor: Redaktion
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Dienstag, 24 Juni 2025