Israel greift durch – und schaut gleichzeitig nach Washington

Israel greift durch – und schaut gleichzeitig nach Washington


Die Offensive in Gaza erreicht eine neue Eskalationsstufe. Doch das letzte Wort hat nicht Jerusalem – sondern die US-Regierung.

Israel greift durch – und schaut gleichzeitig nach Washington

Während fünf Divisionen der israelischen Armee mit voller Wucht durch den Gazastreifen manövrieren, richtet sich der Blick der Generäle und Politiker gen Westen: nach Washington. Denn was in den kommenden Tagen geschieht – ob ein groß angelegter Vorstoß bis zur völligen Einkesselung Gazas oder doch ein abrupter Stopp durch einen Geisel-Deal – entscheidet sich nicht allein in Jerusalem.

Was sich aber jetzt schon sagen lässt: So entschlossen, so massiv und so systematisch hat das israelische Militär seit mehr als einem Jahr nicht mehr operiert. Die Kampfintensität steigt – und mit ihr die Opferzahlen. Die Armee rückt nicht nur vor, sie will abschließen, vollenden – und gleichzeitig Zeichen setzen. Für die Feinde im Innern. Für die Verbündeten im Ausland. Für die Menschen in Israel, die seit Monaten auf ein Ende des Albtraums hoffen.

Guerillakrieg in Trümmern

Der Brennpunkt heißt derzeit Schudschaija, ein dicht besiedelter Stadtteil im Osten von Gaza-Stadt. Dort hat die IDF (Israelische Verteidigungsstreitkräfte) ihre Einsätze stark intensiviert – nicht zum ersten Mal. Doch diesmal ist etwas anders: Die Art der Kämpfe, die sich dort abspielen, hat sich verändert. Statt geplanter Hinterhalte und taktisch koordinierter Gefechte begegnen die Soldaten vereinzelten, fast chaotisch agierenden Terrorzellen. Die Angriffe wirken unkoordiniert – Guerillakrieg pur.

Palästinensische Kämpfer tauchen plötzlich aus Tunneln auf, feuern Panzerabwehrwaffen, verschwinden wieder. Immer wieder kommt es zu einzelnen, punktuellen Begegnungen mit bewaffneten Gruppen – nicht mehr zu klassischen Frontlinien. Die Kommandostruktur der Hamas scheint zerschlagen. Doch genau das macht den Kampf nicht leichter, sondern gefährlicher: Wer keinen zentralen Befehl erwartet, handelt willkürlich.

Blutiger Preis der Offensive

Die Intensivierung hat einen Preis. In wenigen Stunden meldete das Militär gleich mehrere Zwischenfälle mit Verwundeten und Toten. Der 19-jährige Panzersoldat Yaniv Michalowitz aus Rechovot fiel in einem Feuergefecht im Norden des Streifens. Bei einem Evakuierungsversuch wurden mehrere weitere Soldaten durch einen zweiten Angriff verletzt. Stunden später geriet ein D9-Bulldozer in Schudschaija auf eine Sprengfalle – erneut Verletzte.

Doch trotz dieser Verluste bleibt die israelische Armee im Vorwärtsgang. Insgesamt sind mittlerweile 15 Brigade-Kampfgruppen im Einsatz – ein gewaltiges Kontingent, das den Gazastreifen faktisch in mehrere isolierte Zonen aufteilt. Im Norden drängen Einheiten der Divisionen 98 und 162 in die Stadtteile vor. Im Süden operieren Division 143 in Rafah und Division 36 in Khan Younis. Die Division 99 agiert rund um Jabalia und Beit Lahia.

Ziel ist klar: vollständige Kontrolle. Die Stadt Gaza soll eingekesselt, die verbliebenen Hamas-Stellungen ausgeschaltet, der Terror zerschlagen werden. Gleichzeitig versucht die Armee, humanitäre Hilfslieferungen zu organisieren und zu schützen – ein Balanceakt, der zunehmend gelingt, auch wenn Hamas versucht, genau das zu sabotieren. Immer häufiger geraten Lebensmittel- und Hilfsgüter in die Hände lokaler Clans, nicht der Terroristen. Ein schmerzhafter, aber vielleicht entscheidender Wandel.

Schlüsselfrage in Washington

Doch so durchschlagend und konsequent die militärische Logik erscheint – sie ist nicht autark. Denn parallel zur Offensive laufen intensive Gespräche über eine Geiselvereinbarung. Und je mehr Erfolge das Militär am Boden erzielt, desto stärker wächst der Druck, die Lage diplomatisch zu nutzen.

Im Zentrum dieser Bemühungen steht Khalil al-Hayya, einer der radikalsten Führer der Hamas, der sich in Katar verschanzt hat. Israel hat Washington und Doha gebeten, Druck auf ihn auszuüben – in der Hoffnung, Bewegung in die Verhandlungen zu bringen.

Derweil liegt auf dem Tisch des israelischen Sicherheitskabinetts ein ganzer Maßnahmenkatalog für die nächsten Tage. Doch ob diese Pläne umgesetzt werden, hängt nicht nur von der militärischen Lage ab. Es hängt vor allem von der Haltung der Vereinigten Staaten ab.

Denn dort – in Washington – fällt die Entscheidung: Kommt es zu einem Abkommen? Oder gibt es grünes Licht für die finale Phase einer militärischen Operation, wie sie der Gazastreifen seit dem 7. Oktober nicht mehr erlebt hat?

Entscheidungstage

Die kommenden Tage könnten über Krieg oder Waffenstillstand entscheiden. Über weitere Gefallene oder endlich Heimkehrende. Über Zerstörung – oder die Chance auf einen neuen politischen Moment.

Was die israelische Armee nun leistet, ist militärisch bemerkenswert. Was das politische System braucht, ist Klarheit. Denn auf halbem Weg kann man diesen Kampf nicht führen. Und nicht beenden.


Autor: Redaktion
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Donnerstag, 03 Juli 2025

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