Israels angeblicher Luftraumverstoß: Wie Bagdad den Iran-Krieg für Propaganda nutzt

Israels angeblicher Luftraumverstoß: Wie Bagdad den Iran-Krieg für Propaganda nutzt


Iraks Premier behauptet, Israel habe sein Territorium genutzt, um den Iran anzugreifen – doch hinter der Empörung steckt mehr als Sorge um Souveränität.

Israels angeblicher Luftraumverstoß: Wie Bagdad den Iran-Krieg für Propaganda nutzt

Im Nachklang des Zwölftagekriegs zwischen Israel und dem Iran rückt nun auch der Irak ins Rampenlicht der geopolitischen Debatte. Premierminister Mohammed Shia al-Sudani erklärte in einem Interview mit BBC Persian, Israel habe irakischen Luftraum verletzt und damit die territoriale Integrität des Landes missachtet. Zugleich stellte er klar: Selbst Irans Opposition habe in diesen Tagen zur Führung gehalten. Eine Behauptung, die ebenso durchschaubar wie beunruhigend ist.

Die Vorwürfe aus Bagdad sind keineswegs neu. Bereits während des Konflikts wurden in der Region Spekulationen laut, Israel habe zur Durchführung seiner Luftschläge gegen iranische Nuklear- und Raketenanlagen Zwischenstationen außerhalb der eigenen Landesgrenzen genutzt. Al-Sudani zufolge habe Israel das irakische Staatsgebiet als logistische Plattform missbraucht – eine Anschuldigung, die bislang weder belegt noch glaubwürdig widerlegt wurde. Doch warum erhebt Bagdad diese Vorwürfe gerade jetzt, Wochen nach dem Ende des Krieges?

Mehr als ein diplomatischer Protest

Laut dem Vorsitzenden des irakischen Parlamentsausschusses für Verteidigung und Sicherheit, Karim Aliwi al-Muhammadawi, hat die irakische Regierung beim UN-Sicherheitsrat Beschwerde eingereicht – ein symbolischer Schritt mit begrenzter Wirkung. Denn in der Praxis weiß auch Bagdad, dass es wenig tun kann gegen eine israelische Luftwaffe, die über Generationen hinweg für Operationen tief im feindlichen Territorium ausgebildet wurde.

Dass al-Sudani die angeblichen „Verletzungen“ betont, hat wohl vor allem innenpolitische Gründe. Angesichts wachsender Unzufriedenheit im eigenen Land und zunehmender iranischer Einflussnahme will er Handlungsfähigkeit demonstrieren – ohne die fragile Balance zwischen Teheran, Washington und den eigenen schiitischen Milizen zu gefährden. Und nicht zuletzt: Der Vorwurf gegen Israel lenkt ab vom eigenen Dilemma, keine moderne Luftabwehr zu besitzen – eine Folge geopolitischer Abhängigkeiten, nicht zuletzt von den USA.

Die iranische Regimeerzählung aus Bagdad

Besonders irritierend ist jedoch ein anderer Teil des Interviews. Al-Sudani erklärte wörtlich: „Selbst die Opposition stand während des Krieges zum Regime.“ Eine Behauptung, die angesichts der massiven Repressionen in der Islamischen Republik und der Festnahme von rund 700 mutmaßlich israelfreundlichen Iranern kaum glaubwürdig ist. Vielmehr scheint Bagdad die Sichtweise Teherans zu übernehmen – eine gefährliche Entwicklung.

Denn wer Irans Opposition pauschal als regimetreu darstellt, macht sich zum Sprachrohr eines Systems, das Kritiker inhaftiert, foltert oder hinrichtet. Dass der irakische Premier solche Narrative übernimmt, ist ein weiteres Signal für die wachsende ideologische Nähe zwischen Bagdad und Teheran – und ein Schlag ins Gesicht all jener Iraner, die für Freiheit, Frauenrechte und Demokratie kämpfen.

Symbolpolitik ohne Wirkung

Was bleibt, ist Symbolpolitik. Der Irak verurteilt Israel öffentlich, um sich bei Teheran als verlässlicher Partner zu präsentieren. Er erhebt Vorwürfe, ohne Beweise vorzulegen. Und er gibt sich zugleich als Opfer fehlender Verteidigungssysteme, während er genau jene Modernisierung unterlässt – oder unterlassen muss –, die ihn unabhängig machen würde.

Dass Israel sich zu den Vorwürfen nicht äußert, ist kein Schuldeingeständnis, sondern sicherheitspolitische Routine. Die Vergangenheit hat gezeigt: Wenn Israels Luftwaffe operiert, dann gezielt, effizient – und notfalls über Drittländer hinweg. Eine Souveränitätsverletzung? Möglicherweise. Doch im Kampf gegen ein Regime wie das iranische, das Israels Existenz offen infrage stellt, steht für Jerusalem das Überleben an erster Stelle.

Bagdads Vorwürfe sollten deshalb nicht nur auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft werden, sondern auch auf das politische Kalkül dahinter. Wer sich als moralische Instanz inszeniert, während er selbst autoritäre Regime deckt, verliert jede Glaubwürdigkeit. Die eigentliche Frage ist: Wer profitiert von der Empörung – und wer zahlt den Preis für die daraus entstehende Allianz?


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Khamenei.ir, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=157667179


Sonntag, 13 Juli 2025

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