Hisbollah will weiterkämpfen – auch ohne Krieg

Hisbollah will weiterkämpfen – auch ohne Krieg


Selbst wenn Israel sich zurückzieht: Die Terrororganisation Hisbollah klammert sich an ihre Waffen. Der Libanon steht vor dem inneren Zusammenbruch – und die Welt schaut weg.

Hisbollah will weiterkämpfen – auch ohne Krieg

Die Hisbollah ist nicht bereit, ihre Waffen niederzulegen. Nicht einmal dann, wenn Israel sich vollständig aus dem Süden des Libanon zurückziehen sollte. Das berichtet der saudische Sender Al-Hadath mit Verweis auf hochrangige Quellen im libanesischen Parlament. Was sich andeutet, ist eine gefährliche Eskalation ohne Eskalation: eine fortdauernde militärische Bedrohung Israels unter dem Deckmantel eines scheinbaren Waffenstillstands – und ein libanesischer Staat, der sich nicht mehr zu helfen weiß.

Denn es geht längst nicht mehr nur um einen Rückzug der israelischen Armee oder um diplomatische Vermittlung. Es geht um eine Grundsatzfrage: Wer hat im Libanon das Gewaltmonopol? Und die Antwort lautet – nicht der Staat. Die Hisbollah duldet keine Kontrolle, sie duldet keinen Kompromiss. Und sie duldet erst recht keinen Frieden, der ihre Rolle als bewaffneter Akteur infrage stellt.

Die Logik des bewaffneten Widerstands – auch ohne Besatzung

Seit dem Ende des Iran-Kriegs und dem vorläufigen Schweigen an der Nordfront wird hinter den Kulissen weiterverhandelt. Die USA schicken Gesandte, Frankreich sondiert still, und auch die israelische Regierung zeigt sich bereit, Bedingungen für einen Abzug aus Teilen des Südlibanon zu prüfen – vorausgesetzt, es entsteht echte Sicherheit. Doch genau das verweigert die Hisbollah kategorisch.

Laut Walla hat Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah dem Parlamentssprecher Nabih Berri klargemacht: Selbst wenn Israel abzieht, werde seine Organisation die Waffen nicht aus der Hand geben. Kein Verzicht, kein Rückzug, keine Integration in die regulären Streitkräfte. Und das aus einem simplen Grund: Ohne Waffen verliert die Hisbollah ihre Existenzberechtigung – und ihre Macht.

Die Führung in Beirut ist in einer ausweglosen Lage. Berri, selbst langjähriger Weggefährte der Hisbollah, erklärte dem US-Gesandten Thomas Barak, er könne nicht garantieren, dass die Miliz sich bis Jahresende nördlich des Litani-Flusses zurückziehe – eine der zentralen Forderungen der Resolution 1701 des UN-Sicherheitsrats. Es ist ein Offenbarungseid. Der Staat Libanon hat längst kapituliert.

Der Waffenstillstand als Fassade

Während internationale Diplomaten bemüht sind, den Eindruck von Fortschritt zu vermitteln, spricht die Realität eine andere Sprache. Die israelische Luftwaffe fliegt weiterhin präzise Schläge gegen Waffenlager und Aufmarschstellungen der Hisbollah. Doch ein umfassender Gegenschlag bleibt aus – noch. Denn Israel, das im Vorjahr militärisch klare Überlegenheit demonstrierte, verfolgt derzeit eine Strategie der Eindämmung. Doch wie lange kann Zurückhaltung ein Schutzschild sein, wenn der Gegner offen erklärt, niemals zu entwaffnen?

Die libanesische Regierung sendet widersprüchliche Signale. Einerseits ruft sie zur Stärkung des Gewaltmonopols auf – andererseits ließ sie kürzlich mehrere Männer frei, die mit Waffen öffentlich paradierten. Der libanesische Sicherheitsapparat wirkt zahnlos, oft sogar teilnahmslos. Die pro-iranische Parteinahme vieler Medien und Behörden macht eine neutrale Politik fast unmöglich. Und die Bevölkerung – wirtschaftlich zerrüttet, politisch desillusioniert – schaut schweigend zu.

Wer schweigt, stärkt die Milizen

Die internationale Gemeinschaft – allen voran die UN – hat über Jahre dabei zugesehen, wie sich die Hisbollah vom „Widerstand“ zur Schattenarmee des Iran verwandelte. Mit schwerer Artillerie, Tausenden Raketen und inzwischen sogar Drohnenschwärmen stellt die Organisation nicht nur Israel, sondern auch die libanesische Demokratie infrage. Die UN-Resolution 1701, die 2006 nach dem Libanonkrieg verabschiedet wurde, bleibt bis heute de facto folgenlos. Die entmilitarisierte Zone südlich des Litani-Flusses ist eine Farce.

Dass ausgerechnet Hisbollah-nahe Medien wie Al-Akhbar nun die Notwendigkeit von „Dialog“ betonen, zeigt: Die Organisation fühlt sich sicher. Warum auch nicht? Die USA betonen, man wolle „niemanden zu etwas zwingen“, Frankreich vermeidet offene Konfrontation, und der Iran hält sich bedeckt – wissend, dass sein Stellvertreter im Libanon stabil verankert ist.

Der US-Sondergesandte Barak erklärte zwar bei seinem Besuch in Beirut, dass „nur der Staat Waffen besitzen sollte“. Doch was bedeutet das, wenn niemand bereit ist, diese Einsicht durchzusetzen?

Israel kann sich auf libanesische Versprechen nicht verlassen

Für Israel ist die Botschaft klar: Solange die Hisbollah bewaffnet bleibt, bleibt auch der Süden des Libanon eine Bedrohung – unabhängig von einem formellen Waffenstillstand. Ein Rückzug ohne Sicherheitsgarantien ist keine Option. Die Vorstellung, dass Frieden allein durch Gespräche mit Beirut oder durch Appelle an die UN erreichbar ist, hat sich als Illusion erwiesen.

Die einzige Sprache, die die Hisbollah versteht, ist die der militärischen Abschreckung. Doch diese Abschreckung verliert an Wirkung, wenn sie nicht glaubhaft verteidigt wird – außenpolitisch wie innenpolitisch. Israels Regierung wird sich daher nicht auf leere Worte verlassen können. Sollte die Hisbollah den Süden weiter aufrüsten, könnte der nächste Schlag unausweichlich sein.

Denn wer seine Waffen nicht abgibt, bereitet den nächsten Krieg vor – unabhängig davon, ob er ihn provoziert oder nur abwartet.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: Von Tasnim News Agency, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=154816128


Donnerstag, 24 Juli 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.

Alle Felder müssen ausgefüllt werden


Ich versichere, nichts rechtlich und/oder moralisch Verwerfliches geäußert zu haben! Ich bin mir bewusst, das meine IP Adresse gespeichert wird!

 

empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion

haOlam.de – Gemeinsam in die Zukunft

Nach dem Tod des Herausgebers führen wir haOlam.de weiter. Für dieses umfangreiche Projekt suchen wir finanzielle Unterstützer sowie Anregungen und Hinweise zu technischen Fehlern während der laufenden Überarbeitung.

Kontakt: redaktion@haolam.de

Danke für eure Unterstützung!


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage