Ermittlungen gegen schwerkranke Regierungsgegnerin wegen Mordplänen an NetanyahuErmittlungen gegen schwerkranke Regierungsgegnerin wegen Mordplänen an Netanyahu
Eine 70-jährige Frau, aktiv in regierungskritischen Protesten, steht nun wegen des Vorwurfs der Planung eines Terrorakts vor Gericht. Der Fall wirft Fragen auf über Grenzen der Meinungsäußerung, politische Radikalisierung – und juristische Verhältnismäßigkeit.
Die israelische Staatsanwaltschaft hat am Donnerstag Anklage gegen eine 70-jährige Frau erhoben, die zu den bekannten Gesichtern der Protestbewegung gegen die Regierung Netanyahu zählt. Der Vorwurf ist schwerwiegend: Planung eines politischen Attentats auf den amtierenden Ministerpräsidenten. Die Angeklagte soll laut Anklageschrift versucht haben, Mitstreiter für die Ermordung Benjamin Netanyahus zu gewinnen – mit dem erklärten Ziel, im letzten Abschnitt ihres Lebens „ein Zeichen für den Staat Israel“ zu setzen.
Die Frau, deren Gesundheitszustand nach Angaben ihres Umfelds ernst ist, habe demnach entschieden, ihr verbleibendes Leben für das zu opfern, was sie als Rettung des Landes versteht. Juristisch wird dies als „Versuch zur Verabredung eines Terroranschlags“ gewertet – ein Delikt mit hohem Strafmaß.
Zwischen Realität und Radikalisierung
Konkret wirft die Anklage der Frau vor, sie habe sich Ende Juni mit einem weiteren Protestteilnehmer getroffen und diesen gebeten, ihr beim Erwerb einer Panzerabwehrrakete des Typs RPG zu helfen, mit der sie den Premierminister töten wollte. Als der Mann sich weigerte und versuchte, sie von der Idee abzubringen, soll sie ihn erneut kontaktiert und ihn zusätzlich um Hilfe bei der Sammlung sensibler Informationen gebeten haben – etwa zu den Bewegungsprofilen Netanyahus oder Details seiner Sicherheitsvorkehrungen.
Ein bemerkenswertes Detail aus dem Anklagetext: Bei den Treffen soll sie darauf geachtet haben, dass keine Handys im Raum waren – offenbar aus Sorge vor Abhörmaßnahmen. Als der Mitstreiter erkannte, dass sie trotz wiederholter Warnungen an ihren Plänen festhielt, wandte er sich an einen Anwalt, der schließlich die Behörden informierte.
„Keine konkrete Gefahr“ oder „ernsthafte Absicht“?
Aus dem Umfeld der Beschuldigten werden Zweifel am tatsächlichen Gefahrenpotenzial laut. Freunde und Unterstützer sprechen von einer überzogenen Reaktion der Justiz. „Das war eine übertriebene, bittere Äußerung in einer privaten Unterhaltung“, sagt ein enger Vertrauter. „Sie hatte weder Zugang zu Waffen noch konkrete Schritte unternommen. Kein Vergleich zu Yigal Amir, dem Mörder von Premierminister Rabin.“
Auch betonen ihre Unterstützer, dass sie nie bewaffnet war, keine Waffen beschafft und keinerlei Observationsmaßnahmen vorgenommen habe. Dennoch: Die Anklage steht – und mit ihr auch die Frage, wie radikal sich Teile der israelischen Gesellschaft mittlerweile gegenüberstehen.
Reaktion der Öffentlichkeit: Schweigen oder Polarisierung
Bemerkenswert ist die bislang verhaltene öffentliche Reaktion. Während politisch rechte Stimmen den Fall als Beweis für eine gefährliche Radikalisierung der Protestbewegung gegen die Regierung sehen, wird in liberaleren Kreisen eher über das Verhältnis von Meinungsfreiheit, staatlicher Repression und psychischer Ausnahmesituation diskutiert.
Ein Hintergrundaspekt, der nicht verschwiegen werden darf: Die Beschuldigte ist unheilbar krank – laut Anklageschrift ein zentrales Motiv für ihren angeblichen Entschluss, ihr Leben bewusst „zu opfern“. Der Fall berührt also auch ethisch brisante Fragen: Wie ernst sind verbale Eskalationen zu nehmen, wenn sie in einem verzweifelten gesundheitlichen Zustand geäußert werden? Und wo beginnt tatsächliche Gefährdung?
Politische Signale zwischen den Zeilen
Die israelische Staatsanwaltschaft verfolgt eine harte Linie. Die Haft soll bis zum Prozessbeginn aufrechterhalten werden, der Vorwurf bleibt: Planung eines Terroranschlags. Es ist ein seltenes, aber aufsehenerregendes Verfahren – nicht nur wegen des Alters und Gesundheitszustands der Angeklagten, sondern auch, weil es mitten in einem politischen Klima stattfindet, das von beispielloser gesellschaftlicher Spaltung geprägt ist.
Die Frage, die viele in Israel derzeit bewegt, lautet daher weniger, ob diese Frau ein tatsächliches Attentat geplant hat – sondern was es über das Land aussagt, wenn solche Fantasien überhaupt Raum gewinnen.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Donnerstag, 24 Juli 2025