25 Jahre Schweigen beendet: Israels historisches Treffen mit Syriens Außenminister in Paris25 Jahre Schweigen beendet: Israels historisches Treffen mit Syriens Außenminister in Paris
Vier Stunden lang saßen sich Israelis und Syrer in Paris gegenüber – erstmals seit einem Vierteljahrhundert. Vermittelt durch Trumps Sondergesandten soll das Gespräch Spannungen entschärfen, die zuletzt erneut in einem Feuerball kulminierten. Jetzt spricht man wieder – ausgerechnet inmitten von Umbrüchen.
Es war ein Treffen, das niemand kommen sah – und doch war es lange vorbereitet. In einem Pariser Salon, fernab der Schlagzeilen, traf am Donnerstag erstmals seit 25 Jahren ein israelischer Minister offiziell mit einem syrischen Amtskollegen zusammen. Israels Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der neue syrische Außenminister Assad Hassan al-Shibani saßen sich vier Stunden lang gegenüber – moderiert von Tom Barrack, Sondergesandter des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.
Man muss zurück ins Jahr 2000 blicken, um einen ähnlich hochrangigen Dialog zu finden: Damals versuchte US-Präsident Bill Clinton, mit Ehud Barak und Farouk al-Sharaa einen Friedensvertrag zwischen Israel und Syrien zu erzielen. Der Versuch scheiterte. Seither herrschte diplomatisches Schweigen – bis jetzt.
Der Moment der Wiederannäherung
Der Kontext dieses Treffens ist ebenso explosiv wie dringlich: Die schweren Unruhen in der drusischen Stadt al-Suwaida in Süd-Syrien hatten vergangene Woche beinahe zu einem offenen Konflikt mit Israel geführt. Nachdem die neue syrische Regierung versuchte, durch paramilitärische Truppen Ordnung zu schaffen, und Israel wiederum Luftangriffe auf Stellungen in Damaskus flog, schien die Lage zu kippen.
Genau diesen „Brandherd“ galt es zu löschen. Laut israelischen Regierungsquellen ging es in Paris vor allem darum, „einen Sicherheitsrahmen zu entwickeln, der weitere militärische Reibung verhindert“. Mehr noch: Man wolle, so ein hochrangiger israelischer Beamter, „das Momentum für politische Öffnungen nutzen – nicht nur an der Grenze, sondern auch darüber hinaus“.
Tom Barrack, der US-Gesandte, bestätigte die zentralen Ziele des Treffens auf der Plattform X (vormals Twitter): „Es ging um Dialog, Deeskalation und Vertrauen. Und genau das haben wir erreicht.“ Ob es bei dieser Selbstvergewisserung bleibt, wird sich in den kommenden Wochen zeigen.
Von Baku bis Paris: Die geheimen Vorverhandlungen
Was sich nun öffentlich Bahn bricht, wurde monatelang hinter den Kulissen vorbereitet. Nach dem faktischen Zusammenbruch des Assad-Regimes hatten sich neue Machtzentren in Syrien etabliert – mit Rückhalt aus Ankara. Israel wiederum suchte das Gespräch mit der türkischen Regierung, um militärische Zusammenstöße in Süd-Syrien zu vermeiden. Ein direkter Draht zwischen der israelischen Armee und den türkischen Streitkräften wurde eingerichtet, um mögliche Konfrontationen im syrischen Luftraum frühzeitig zu entschärfen.
Im Zuge dieser Kontakte kam es laut israelischen Angaben zu ersten Treffen zwischen dem nationalen Sicherheitsberater Zachi Hanegbi und dem neuen syrischen Außenminister Shibani – zunächst in Aserbaidschans Hauptstadt Baku, weit entfernt vom öffentlichen Radar. Schließlich, als Trumps Gesandter Barrack seine diplomatische Initiative intensivierte, trat auch Ron Dermer persönlich in den Dialog ein.
In Jerusalem gilt Dermer nicht nur als enger Vertrauter Netanjahus, sondern auch als direkter Draht zur Trump-Administration, die nach wie vor erheblichen Einfluss im Nahen Osten ausübt. Die israelische Einschätzung: Wenn Syrien tatsächlich zur Annäherung bereit ist, dann nur unter klaren amerikanischen Sicherheits- und Wirtschaftsangeboten. Genau das ist jetzt Dermers Aufgabe.
Was diese Annäherung bedeuten könnte
Die symbolische Dimension der Begegnung ist kaum zu überschätzen. Nach jahrelanger Feindschaft, blutigen Stellvertreterkriegen und ideologischer Erstarrung haben sich zwei verfeindete Staaten zum ersten Mal seit einem Vierteljahrhundert in einem Raum zusammengesetzt, miteinander gesprochen, zugehört – und das unter den Augen eines US-Vermittlers.
Natürlich ist noch nichts entschieden. Doch allein die Tatsache, dass Syrien unter seiner neuen Führung – nach dem Sturz Assads – überhaupt bereit ist, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, zeigt, wie tiefgreifend sich die tektonischen Platten im Nahen Osten verschieben.
In Israel wird das Treffen nicht als politischer Durchbruch, sondern als sicherheitspolitischer Meilenstein gewertet. Doch die Hoffnung, dass daraus auch politische Schritte folgen könnten, ist greifbar. „Das Gesprächsklima war ernsthaft und respektvoll“, sagte ein israelischer Teilnehmer. „Wir haben erkannt, dass wir eine gemeinsame Verantwortung tragen – für Stabilität und für Menschenleben.“
Der Weg bleibt lang – aber er ist offen
Die Reaktion aus Damaskus fiel bislang zurückhaltend aus. Offizielle Statements blieben aus, doch der Außenminister Syriens soll sich laut israelischen Angaben offen für weitere Gespräche gezeigt haben. Vertrauen sei jedoch nicht über Nacht herzustellen. Es werde konkrete „vertrauensbildende Maßnahmen“ brauchen – auf beiden Seiten.
Und doch: Die Tatsache, dass dieses Gespräch überhaupt stattgefunden hat, ist ein politisches Erdbeben. Nach Jahrzehnten der Funkstille, nach zahllosen Scharmützeln und der völligen Entfremdung scheint erstmals wieder ein Gesprächsfaden aufgenommen worden zu sein – und vielleicht sogar ein dünner Draht der Hoffnung auf etwas, das man im Nahen Osten fast vergessen hatte: Normalität.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: By Presidency of the Syrian Arab Republic - Presidency of the Syrian Arab Republic, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=168234900
Freitag, 25 Juli 2025