Todesurteil im Schatten der Hizbollah – Libanon verurteilt Täter im Mordfall Seán RooneyTodesurteil im Schatten der Hizbollah – Libanon verurteilt Täter im Mordfall Seán Rooney
Erstmals seit zwanzig Jahren verhängt der Libanon ein Todesurteil – doch der Hauptangeklagte ist auf freiem Fuß, die UN stehen unter Druck, und der Terrorverdacht gegen die Hizbollah bleibt unausgesprochen.
Beirut hat geurteilt – aber nicht abgeschlossen. Fast drei Jahre nach dem brutalen Mord an dem irischen UN-Soldaten Seán Rooney hat ein libanesisches Militärgericht ein Todesurteil gegen den mutmaßlichen Täter verhängt. Mohammad Ayyad soll im Dezember 2022 das Feuer auf den 24-jährigen UNIFIL-Soldaten eröffnet haben, als dieser mit einem Konvoi auf dem Weg zum Flughafen Beirut durch das Dorf al-Aqbiya fuhr – einem Gebiet, das als Hochburg der schiitischen Terrororganisation Hizbollah bekannt ist.
Das Urteil ist historisch: Sollte es vollstreckt werden, wäre es das erste Todesurteil seit über zwanzig Jahren, das im Libanon tatsächlich zur Anwendung kommt. Doch ein bitterer Beigeschmack bleibt: Ayyad war zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung nicht im Gerichtssaal – und auch nicht in Haft. Er war zuvor auf Kaution freigelassen worden und wird nun international gesucht. Die verhängte Geldstrafe in Höhe von 100 Millionen libanesischen Pfund wirkt da fast zynisch.
Rooney wurde im Dienst für die Vereinten Nationen getötet. UNIFIL – die UN-Truppe zur Überwachung der Waffenruhe zwischen Israel und dem Libanon – steht seitdem selbst unter massiver Kritik. Die irische Regierung fordert seit Langem eine vollständige Aufklärung der Tat. Besonders schwer wiegt der Vorwurf von Rooneys Mutter Natasha, die kürzlich vor einem Gericht das Recht zugesprochen bekam, die Vereinten Nationen auf Schadensersatz zu verklagen. Ihr Vorwurf: Die UN hätte Rooneys Einheit in jener Nacht im Stich gelassen. Obwohl nahegelegene UN-Stützpunkte hätten eingreifen können, sei kein Rettungstrupp entsandt worden – offenbar in der Annahme, dass sich andere Kräfte der Lage annehmen würden.
Irlands Verteidigungsminister Simon Harris kommentierte das Urteil zurückhaltend: Er begrüße die Verurteilung des Haupttäters, teile aber die Enttäuschung der Familie über die auffallend milden Urteile für weitere Mitangeklagte. Wie viele Personen insgesamt beteiligt waren und welche Verbindungen zur Hizbollah bestehen, bleibt bis heute unklar. Zwar hatte die Terrororganisation kurz nach dem Mord einen Verdächtigen an die Behörden übergeben – ob es sich dabei um Ayyad handelte, ist ebenso ungewiss wie die Frage, ob der Angriff in direkter Verbindung zur Hizbollah stand. Die Organisation bestreitet jegliche Verantwortung.
Doch viele in Irland – und darüber hinaus – sehen das anders. Die Route, die Rooneys Konvoi nahm, führte durch ein Gebiet, das nachweislich unter Hizbollah-Kontrolle steht. Der Angriff war organisiert, gezielt und brutal. Dass es sich um einen Zufall oder eine spontane Eskalation gehandelt haben soll, glaubt kaum jemand. Für Israel ist der Fall ein weiteres Indiz dafür, wie eng die Strukturen der UNIFIL mit denen einer faktischen Hizbollah-Herrschaft im Südlibanon verwoben sind – und wie wenig Kontrolle der libanesische Staat über sein eigenes Territorium tatsächlich noch hat.
Das Todesurteil gegen Ayyad – so symbolträchtig es auch sein mag – bleibt letztlich ein Einzelfall. Der wahre Skandal ist nicht nur der Mord an einem jungen Friedenssoldaten, sondern die systemische Schwäche eines internationalen Einsatzes, der seit Jahren weder Frieden sichert noch Terror eindämmt. Und der sich – wie im Fall Seán Rooney – vor Gericht verantworten muss.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: Symbolbild
Mittwoch, 30 Juli 2025