Kurs auf Gaza – bereitet sich Israel auf eine vollständige Bodenoffensive vor?

Kurs auf Gaza – bereitet sich Israel auf eine vollständige Bodenoffensive vor?


Einberufung zum Krisengespräch im Büro des Premierministers: Während der politische Druck wächst, ganz Gaza zu besetzen, will die Armeeführung andere Wege gehen – aus Sorge um Geiseln und über eine Million Zivilisten.

Kurs auf Gaza – bereitet sich Israel auf eine vollständige Bodenoffensive vor?

Die Zeichen mehren sich: Israel steht möglicherweise kurz vor einer entscheidenden Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen. Premierminister Benjamin Netanjahu hat für Dienstag ein sicherheitspolitisches Spitzentreffen einberufen. Mit am Tisch: Generalstabschef Herzi Halevi, der oberste Einsatzleiter der Armee und Vertraute aus dem inneren sicherheitspolitischen Zirkel. Thema des Treffens: Soll die israelische Armee (ZAHAL) nun den Befehl zur vollständigen Einnahme Gazas erhalten?

Obwohl es bisher keine offizielle Anweisung zum „Vollbesatzungsbefehl“ gibt, deuten Aussagen aus dem Büro des Premierministers bereits an, dass „die Entscheidung gefallen“ sei. Doch diese Entwicklung spaltet das sicherheitspolitische Establishment Israels. Während Netanjahu und Teile der politischen Führung den vollständigen Vormarsch nach Gaza befürworten, stemmt sich die Armeeführung bislang gegen diesen Schritt – nicht aus ideologischen Gründen, sondern aus strategischer und humanitärer Verantwortung.

Denn ein solches Vorhaben hätte dramatische Konsequenzen – für die Region, die israelische Gesellschaft und nicht zuletzt für die über hundert Geiseln, die sich mutmaßlich noch in den Händen der Hamas befinden. Genau das ist eines der Hauptargumente der militärischen Führung: In den bislang noch nicht betretenen Gebieten befinden sich dichte Bevölkerungszentren mit teils über einer Million Zivilisten sowie eine unbekannte Anzahl Geiseln. Eine umfassende Invasion würde also zwangsläufig nicht nur ein humanitäres Desaster nach sich ziehen, sondern auch das Leben der Entführten massiv gefährden.

Generalstabschef Halevi wird Netanjahu stattdessen Alternativen präsentieren: eine Kombination aus Belagerung, Einkesselung strategischer Zonen und punktuellen Präzisionsoperationen, die das Ziel verfolgen, die Hamas sukzessive zu zermürben – ohne die Kontrolle über das gesamte Territorium zu übernehmen.

Tatsächlich hat die Armee in den vergangenen 22 Monaten des Krieges stets Abstand von einer vollständigen Besetzung der Küstenenklave genommen. Die Gründe: fehlende Klarheit über eine Nachkriegsordnung, logistische Schwierigkeiten, internationale Risiken und die Ungewissheit darüber, wie mit einer Millionenbevölkerung auf engstem Raum umgegangen werden soll. Wer kontrolliert Gaza nach dem Sturm? Wer verwaltet, versorgt, sichert?

Die Frontlinie verläuft heute nicht mehr nur zwischen Israel und der Hamas, sondern auch innerhalb Israels – zwischen Regierung und Militär. Netanjahu scheint entschlossen, den symbolträchtigen „Sieg“ über die Hamas durchzusetzen. Doch zu welchem Preis?

Die Familien der Geiseln schlagen längst Alarm. Für sie ist ein Großangriff auf Gaza ein „Todesurteil“ für ihre Angehörigen. In einer emotionalen Erklärung warfen sie dem Premierminister vor, „die Entführten und ganz Israel in den Abgrund zu führen“. Die Angst der Angehörigen ist nachvollziehbar, besonders angesichts der von der Hamas veröffentlichten grausamen Videos, die israelische Geiseln in entwürdigenden und gesundheitlich bedrohlichen Zuständen zeigen. Netanjahu selbst sprach von „Nazi-ähnlichen Zuständen“ und warf der Hamas vor, gezielte psychologische Kriegsführung zu betreiben, um Israels Willen zu brechen.

Doch genau diese Brutalität scheint Netanjahu in seiner Entschlossenheit zu bestärken. „Wir werden nicht zerbrechen“, sagte er am Montagabend, „im Gegenteil – ich bin entschlossener denn je, unsere Söhne zu befreien, die Hamas zu vernichten und sicherzustellen, dass Gaza nie wieder eine Bedrohung für Israel darstellen kann.“

Ob sich diese Entschlossenheit auch in einem konkreten Befehl zur Eroberung niederschlägt, bleibt abzuwarten. Klar ist: Die Uhr tickt. Das heutige Treffen im Büro des Premierministers könnte zum Wendepunkt in diesem langen, zermürbenden Krieg werden.


Autor: Redaktion
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Dienstag, 05 August 2025

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