Der unsichtbare Krieg: Wie elektronische Kriegsführung moderne Schlachten entscheidet

Der unsichtbare Krieg: Wie elektronische Kriegsführung moderne Schlachten entscheidet


Was einst als Schutzmaßnahme für Kampfjets begann, bestimmt heute den Verlauf ganzer Militäroperationen. Elektronische Kriegsführung ist kein Nebenschauplatz mehr – sie ist das Zentrum moderner Kriegsführung zu Land, zu Wasser und in der Luft.

Der unsichtbare Krieg: Wie elektronische Kriegsführung moderne Schlachten entscheidet

Wer heute Kriege gewinnen will, braucht nicht nur Panzer, Raketen oder Drohnen. Er braucht die Fähigkeit, die Realität seiner Gegner zu manipulieren. In einem Zeitalter, in dem alles miteinander vernetzt ist, entscheidet nicht mehr nur Feuerkraft – sondern, wer Kontrolle über das elektromagnetische Spektrum hat. Elektronische Kriegsführung (Electronic Warfare, kurz EW) ist zur entscheidenden Waffe geworden. Sie tarnt, täuscht, lähmt, zerstört – und das oft, ohne dass ein einziger Schuss fällt.

Was einst als Schutzschild für Piloten gegen Radarerfassung und Boden-Luft-Raketen gedacht war, hat sich in einen strategischen Schlüssel verwandelt, der militärische Erfolge oder Misserfolge bestimmt. Moderne EW-Systeme verändern, wie Schlachten geführt werden. Sie verschieben die Grenzen des Schlachtfelds – von sichtbaren Frontlinien in den unsichtbaren Raum zwischen Sendern, Sensoren, Netzwerken und Algorithmen.

Aus Tarnung wird Täuschung – aus Technik wird Taktik

Die Entwicklung ist rasant. Während frühere Systeme gegnerisches Radar lediglich störten oder blockierten, erschaffen heutige Plattformen ganze virtuelle Armeen. Ein einzelner Jet kann sich auf feindlichen Bildschirmen in eine Staffel verwandeln. Bodenradars werden mit Phantomzielen überschwemmt. Der Feind sieht, was er sehen soll – nicht, was wirklich da ist.

Standoff-Störflugzeuge wie die amerikanische EA-18G Growler oder modifizierte Transporter wie der C-390 rollen eine neue Art von Angriff aus, noch bevor der erste Bombenschacht geöffnet wird. Sie zerstören keine Sensoren – sie machen sie nutzlos. Das Ziel: maximale Verwirrung, minimale Reaktion, völlige Kontrolle.

Elektronische Dominanz – nicht nur in der Luft

Diese Art von Kriegsführung beschränkt sich längst nicht mehr auf den Himmel. Bodeneinheiten setzen auf GPS-Jamming, um gegnerische Raketen ins Leere fliegen zu lassen. Kommunikationsverbindungen werden gekapert, Soldaten ins Nichts geführt. Auf See nutzen moderne Kriegsschiffe leistungsfähige EW-Systeme, um sich unsichtbar zu machen – oder um gegnerische Raketen in die Irre zu leiten.

Die israelische Marine etwa investiert seit Jahren gezielt in diese Technologie – nicht nur zur Verteidigung, sondern zur aktiven Gestaltungsfähigkeit in komplexen, urbanen Seekampfumgebungen. Die Fähigkeit, gleichzeitig zu stören, zu schützen und zu beobachten, wird zum entscheidenden Faktor im Seekrieg der Zukunft.

Die neue Waffe: Kombination aus EW und Cyber

Was diese Entwicklung so gefährlich – und revolutionär – macht, ist die Kombination aus EW und Cyberoperationen. Moderne Systeme können nicht nur stören, sondern Daten in feindliche Systeme einspeisen. Sie erzeugen „Realitäten“, die auf digitalem Nebel basieren. Sensoren werden zur Schwachstelle. Radarsysteme, die eigentlich schützen sollen, werden zu Einfallstoren für Desinformation.

China etwa meldete kürzlich die Entwicklung eines „elektromagnetischen Ruhezonen“-Konzepts – eines künstlich geschaffenen Bereichs, in dem feindliche Kommunikation zusammenbricht, während die eigenen Systeme störungsfrei arbeiten. Noch existiert das nur in Computersimulationen. Aber die Botschaft ist klar: Die nächste Kriegsführung wird ein Spiel der Illusionen.

Israel hat im realen Einsatz bereits bewiesen, wie wirkungsvoll solche Fähigkeiten sein können. Bei der Operation „Rising Lion“ gegen iranische Infrastruktur wurde nicht nur mit Bomben angegriffen, sondern mit gezielten elektronischen Manövern ganze Luftabwehrzonen ausgeschaltet – in Sekunden. Auch ein EMP-Projekt Teherans, das auf einen Angriff auf Israels elektronische Infrastruktur zielte, soll dabei laut Washington Post gezielt zerstört worden sein.

Europas Widerspruch: Kritik an Israel – und Kaufrausch bei israelischer Technologie

Während europäische Politiker Israel für seine Gaza-Operationen kritisieren und sogar seine Teilnahme an Rüstungsmessen blockieren – wie beim Pariser Salon im Juni – steigen gleichzeitig die Exporte israelischer Technologie nach Europa massiv an. Laut dem israelischen Verteidigungsministerium entfielen 2024 über 54 % aller Rüstungsexporte auf europäische Abnehmer, darunter 8 % allein auf den Bereich EW.

Das zeigt: Die strategische Bedeutung elektronischer Kriegsführung ist angekommen – auch wenn sie politisch gern ignoriert oder moralisch aufgeladen diskutiert wird. Denn der Bedarf ist da. Russland setzt in der Ukraine zunehmend auf elektronische Störsysteme, die westliche Präzisionswaffen neutralisieren sollen. Gleichzeitig entwickelt die NATO Gegenmaßnahmen, vernetzte Sensorik, lernfähige KI-Systeme. Der Wettlauf ist längst eröffnet.

Der unsichtbare Kampf entscheidet das Sichtbare

Elektronische Kriegsführung verändert nicht nur Taktiken. Sie verändert die Kriegslogik selbst. Wer die digitale Wahrnehmung des Gegners verzerren kann, verändert sein Verhalten, seine Entscheidungen, seine Reaktionen. Es geht nicht mehr nur darum, einen Gegner zu besiegen. Es geht darum, ihm den Überblick zu nehmen, seine Entscheidungen zu verzerren – und ihn letztlich zu überlisten.

In dieser neuen Realität braucht es keine Feuerkraft, um Macht zu demonstrieren. Es reicht, dem Gegner die Augen zu nehmen.

Und vielleicht ist genau das die gefährlichste Waffe unserer Zeit.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: IAI"s Scorpius system


Samstag, 09 August 2025

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