Netanyahus Kurswechsel bei der Geiselfrage: Risiko oder strategische Notwendigkeit?

Netanyahus Kurswechsel bei der Geiselfrage: Risiko oder strategische Notwendigkeit?


Israels Premier zeigt Härte gegenüber Hamas – doch hinter den Kulissen wächst der Druck. Zwischen internationalem Erwartungsmanagement und der Mahnung der eigenen Sicherheitsdienste steht Benjamin Netanyahu vor einer Entscheidung, die über Krieg und Frieden hinausreicht.

Netanyahus Kurswechsel bei der Geiselfrage: Risiko oder strategische Notwendigkeit?

Die Frage nach dem Schicksal der israelischen Geiseln, die seit Monaten in den Tunneln und Verstecken der Hamas festgehalten werden, lastet wie ein bleierner Schatten auf Israel. Nach der jüngsten Antwort der Terrororganisation auf die Vermittlungsversuche mehrerer Staaten verbreitet Netanyahus Umfeld den Eindruck, die Vorschläge seien längst überholt. Offiziell spricht man in Jerusalem nur noch von einer vollständigen Eroberung Gazas – nicht mehr von einem Teilabkommen. Doch dieser demonstrative Tonfall verdeckt eine unübersehbare Nervosität.

Denn anders als es die öffentlichen Verlautbarungen vermuten lassen, prüfen die israelischen Verhandlungsdelegationen sehr wohl, was Hamas tatsächlich angeboten hat. Insider, die die Details kennen, sprechen von einer „realen Grundlage“ für eine mögliche Vereinbarung. Ein hochrangiger Sicherheitsvertreter sagte es offen: „Wenn man will, gibt es nun eine deutlich stärkere Chance für einen Deal nach dem Witkoff-Format.“

Zwischen Strategie und Zynismus

Warum also die starre Haltung des Premiers? Netanyahu hat in den vergangenen Monaten seine Linie radikal geändert. Wo früher über Teilabkommen nachgedacht wurde, setzt er nun auf die Maximalforderung: Entweder eine Gesamtlösung – oder den militärischen Durchmarsch. Drei Motive treiben ihn dabei an.

Erstens der Druck auf Hamas: Die israelische Armee hat mit ihren Vorstößen tief ins Herz von Gaza eine neue Realität geschaffen. Die Terrororganisation ist angeschlagen, und in Netanyahus Augen darf dieser Moment nicht mit einem „kleinen Kompromiss“ verspielt werden. Zweitens die internationale Dimension: Präsident Donald Trump, Israels engster Verbündeter, hat deutlich gemacht, dass er ein Ende des Krieges sehen will – und zwar in einer Form, die als entscheidend gilt, nicht als Etappe. Drittens die Überzeugung, dass Hamas nach einem Teilaustausch die letzten Geiseln niemals freilassen würde, womit Israel letztlich gezwungen wäre, später erneut in Gaza einzumarschieren.

Die Warnung der Sicherheitsdienste

Doch gerade hier liegt das Risiko, das hochrangige israelische Militärs und Geheimdienstoffiziere benennen: Niemand kann garantieren, dass ein großflächiger Vorstoß wirklich zur Kapitulation der Hamas führt. Niemand weiß, wie sich die Lage nach einer weiteren Eskalation entwickeln würde – weder in Gaza noch international. Und niemand kann versprechen, dass am Ende tatsächlich ein umfassendes Abkommen steht. „Es ist ein schweres Glücksspiel“, so die nüchterne Einschätzung eines Sicherheitsexperten.

Für die Familien der Geiseln bedeutet dieses Zögern einen Albtraum. Während die Politik über strategische Chancen und historische Momente spricht, zählt für sie jeder Tag. Jede Entscheidung, die eine Einigung verzögert, kann Leben kosten.

Die Entscheidung des Premiers

Netanyahu muss nun wählen: Setzt er alles auf die Karte einer umfassenden Eroberung – mit ungewissem Ausgang und hohem Blutzoll – oder öffnet er die Tür für ein Abkommen, das zumindest einen Teil der Geiseln retten könnte, auch wenn es aus seiner Sicht politisch unvollkommen wäre?

Die Antwort auf diese Frage entscheidet nicht nur über den weiteren Verlauf des Krieges. Sie wird auch bestimmen, wie Israels Geschichte über diesen Moment urteilen wird – ob als Zeit der entschlossenen Klarheit oder als Phase, in der Machtkalkül das Menschliche in den Hintergrund drängte.


Autor: Redaktion
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Mittwoch, 20 August 2025

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