Gantz scheitert schon am Auftreten – Opposition verspottet Rettungsplan für GeiselnGantz scheitert schon am Auftreten – Opposition verspottet Rettungsplan für Geiseln
Benny Gantz wollte Größe zeigen. Doch sein Vorschlag, eine befristete Einheitsregierung zu bilden, löste vor allem Hohn aus. Gegner sehen darin weniger einen Plan als einen letzten Rettungsversuch eines Politikers, der schon zu oft schwankte.
Benny Gantz, der frühere Generalstabschef und Verteidigungsminister, trat am Samstagabend vor die Kameras, als wolle er eine nationale Notwendigkeit ausrufen. Seine Botschaft: Israel könne die Geiseln nicht befreien und das Land nicht stabilisieren, solange die Opposition draußen bleibe. Er schlug vor, dass Opposition und Regierung gemeinsam für sechs Monate regieren, um drei zentrale Ziele abzuarbeiten: eine Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln, ein neues Wehrdienstgesetz für alle Bürger Israels und einen fixen Termin für Neuwahlen im Frühjahr 2026.
Die Reaktionen waren verheerend. Avigdor Lieberman spottete, Gantz wirke „erschöpft und verängstigt“ – ein Mann, der versuche, „auf dem Rücken der sensibelsten Themen noch einmal mitzufahren“. Im Likud hieß es, man halte die Ankündigung nicht einmal für erwähnenswert. Noch deutlicher war Itamar Ben-Gvir, der Gantz mit der Behauptung brüsk zurückwies: „Wir haben im Iran Erfolge erzielt ohne Gantz, wir haben gegen die Hisbollah Erfolge erzielt ohne Gantz. Auch in Gaza erreichen wir nur dann etwas, wenn er nicht dabei ist.“
Doch auch die Opposition ließ ihn fallen. Yair Lapid reagierte kalt: „Wenn es um die Geiseln und einen Wahltermin geht, reicht ein fünfzehnminütiges Telefonat. Niemand muss dafür in Netanyahus Kabinett einziehen. Schon gar nicht jemand, den Netanyahu zweimal ausgenutzt hat.“ Gilad Kariv von der Arbeitspartei ergänzte, wer die Geiseln retten wolle, müsse mit den Bürgern kämpfen, nicht mit dem Premier taktieren.
Gantz wehrte sich mit der Argumentation, man könne nicht gleichzeitig behaupten, das Schicksal der Geiseln sei die wichtigste Aufgabe des Landes, und dann politische Kräfte brachliegen lassen. Er wolle zeigen, dass wirklich „alles versucht“ worden sei. Doch seine Worte wirkten kraftlos, fast flehend.
Sein Problem ist nicht nur die Gegenwart, sondern die Vergangenheit. Gantz hat eine Geschichte gebrochener Versprechen und gescheiterter Allianzen. Schon 2020 versprach er Wählern, nie mit Netanyahu eine Regierung zu bilden – und tat es wenige Wochen später doch. Es war der Anfang vom Ende seiner Glaubwürdigkeit. Auch 2021 trat er erneut in eine Regierung Netanyahus ein, die im Chaos endete. Viele Israelis verziehen ihm diese Kehrtwenden nie. Das Bild eines Mannes, der große Reden hält und dann einknickt, haftet an ihm bis heute.
Jetzt, im Jahr 2025, versucht er es wieder. Doch statt Stärke zeigt sich Schwäche. Seine Idee einer „Regierung der Geiselbefreiung“ hätte Schlagkraft haben können – wäre sie mit Autorität, klarem Timing und einer entschlossenen Führungskraft präsentiert worden. Stattdessen wirkte sie wie eine Verzweiflungstat.
Denn die Realität ist klar: Netanyahu teilt seine Macht nicht, solange er nicht gezwungen wird. Lapid sieht keinen Grund, sich noch einmal auf Gantz einzulassen. Und die rechten Partner der Regierung wollen ihn kategorisch draußen halten. Gantz steht also mit einem Plan da, den niemand will – und mit einer Botschaft, die ihn politisch noch schwächer wirken lässt.
Die israelische Politik ist im Ausnahmezustand. Das Land steckt mitten im Krieg, die Gesellschaft ist erschüttert, und die Geisel-Frage bleibt eine offene Wunde. Doch selbst in dieser Lage gelingt es nicht, die Reihen zu schließen. Gantz hat versucht, die Lücke zu füllen – und ist erneut gescheitert.
Es bleibt der Eindruck eines Politikers, der einst als Hoffnungsträger galt, heute aber nur noch als Getriebener wirkt. Sein Auftritt wollte Entschlossenheit zeigen, doch am Ende offenbarte er vor allem Ratlosigkeit. Und während Netanyahu seine Macht behauptet, Lapid das Heft nicht aus der Hand geben will und die rechten Hardliner jede Zusammenarbeit verweigern, verliert Gantz den letzten Rest an Glaubwürdigkeit.
Was bleibt, ist die bittere Erkenntnis: In einem Moment, in dem Israel Einheit und Führung braucht, scheitert einer, der genau das versprochen hatte – an sich selbst.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Sonntag, 24 August 2025