Ein Abschied voller Schmerz: Israel nimmt Abschied von Idan Shitrit ShitviEin Abschied voller Schmerz: Israel nimmt Abschied von Idan Shitrit Shitvi
Ein Sohn, ein Bruder, ein Freund – das Leben des 28-jährigen Idan Shitrit Shitvi, der am 7. Oktober 2023 von Terroristen verschleppt und ermordet wurde, fand fast zwei Jahre später seine letzte Ruhe. Tausende begleiteten ihn auf seinem letzten Weg.
Fast 700 Tage nach seiner Entführung von dem Nova-Festival ist Idan Shitri Shitvi nun heimgekehrt – nicht lebend, sondern als Opfer eines Verbrechens, das sich tief in das kollektive Gedächtnis Israels eingebrannt hat. Die Beisetzung in Kfar Ma’as wurde zu einem nationalen Moment der Trauer. Menschen aus allen Teilen des Landes kamen, um ihn zu ehren, und überall leuchteten israelische Fahnen neben den gelben Bannern, die seit dem 7. Oktober das Symbol für die Hoffnung auf Rückkehr der Verschleppten sind.

Es war nicht nur ein Begräbnis, sondern auch eine erschütternde Begegnung mit der Wirklichkeit: Nach fast zwei Jahren des Hoffens, Bangens, Suchens und Kämpfens blieb am Ende nur die Gewissheit des Verlusts. Seine Mutter Dallit sprach von der unzertrennlichen Verbindung zu ihrem Sohn, von den Gesprächen auf der Veranda, von dem morgendlichen Anruf „Imma, ma kore?“ – kleine, alltägliche Gesten, die nach seiner Ermordung zu schmerzhaften Erinnerungen wurden. Sie bat ihn um Vergebung: dass sie ihn diesmal nicht habe beschützen können.
Auch seine Schwester Hila sprach mit gebrochener Stimme. Sie erinnerte sich an den letzten Abend, an dem sie ihn umarmte – ungewöhnlich für ihn, aber wie sich herausstellen sollte, der letzte Augenblick, den sie gemeinsam hatten. Ihr Zeugnis machte deutlich, wie das persönliche Leid in den 696 Tagen des Wartens zu einem unaufhörlichen Trauma wurde: Schlaflose Nächte, Hungerstreiks, Proteste, das verzweifelte Ringen um ein Lebenszeichen – und am Ende die bittere Gewissheit.
Die Reden am Grab zeichneten das Bild eines jungen Mannes, dessen Leben gerade erst Fahrt aufgenommen hatte: ein Student an der Reichman-Universität, ein Fotograf, ein sensibler und empathischer Mensch, der – wie viele der Opfer des 7. Oktober – nicht aus politischen Schlagworten, sondern aus echten Lebensgeschichten besteht. Seine Freundin Stav Levy sprach von der Unmöglichkeit, sich von ihm zu lösen, und von der Qual, nur erahnen zu können, was er in seinen letzten Momenten ertragen musste.
Die Beisetzung wurde auch zum Spiegel der israelischen Gesellschaft: der Kampf um die Vermissten, die unermüdlichen Demonstrationen der Familien, das Drängen auf politische und militärische Antworten – all das fand in den Reden und in der Stille der Menge seinen Ausdruck. Dass Knessetsprecher Amir Ohana und Vertreter des Büros des Premierministers Kränze niederlegten, unterstrich die nationale Dimension dieses Abschieds. Doch die Worte der Familie machten klar: Vor aller Politik steht ein menschlicher Schmerz, der sich nicht mit Zahlen oder Erklärungen bemessen lässt.
Idan Shitrit Shitvi wurde 28 Jahre alt. Für seine Familie bleibt er der Sohn, der Bruder, der Liebende, der in ihren Herzen weiterlebt. Für Israel bleibt er einer von Hunderten, die am 7. Oktober Opfer des Hasses wurden – und zugleich Symbol für die ungebrochene Verpflichtung, ihre Namen niemals vergessen zu lassen.
Autor: Bernd Geiger
Bild Quelle:
Dienstag, 02 September 2025