Sukkot 2025: Israels zerbrechlicher Schutz und das Vertrauen, das bleibtSukkot 2025: Israels zerbrechlicher Schutz und das Vertrauen, das bleibt
Die Geschichte des Laubhüttenfestes zeigt, dass wir auf unserem ungewissen Weg Zuversicht brauchen. Während die Welt auf diplomatische Gipfel blickt, bauen Israelis Laubhütten – fragile Räume aus Zweigen und Glauben. Inmitten von Angst, Krieg und Verhandlungen erinnert Sukkot daran, dass Vertrauen stärker sein kann als jede Mauer.
Das Laubhüttenfest, hebräisch Sukkot, gehört zu den drei biblischen Wallfahrtsfesten des Judentums. Es erinnert an die vierzigjährige Wanderung des Volkes Israel durch die Wüste nach dem Auszug aus Ägypten – eine Zeit, in der die Menschen keinen festen Wohnsitz, keine Mauern und keine Sicherheit kannten.
Gott befahl den Israeliten, einfache Hütten zu errichten, um sich daran zu erinnern, dass ihr Schutz nicht von menschlicher Stärke, sondern von göttlicher Fürsorge abhängt: „Ich ließ die Kinder Israels in Hütten wohnen, als ich sie aus Ägypten führte“ (Levitikus 23,43). Seitdem errichten Juden in aller Welt jedes Jahr eine Sukka – eine einfache, offene Hütte, deren Dach den Blick zum Himmel freilässt.
Diese symbolische Offenheit ist bis heute zentral: Man soll den Himmel sehen können, die Sterne durch das Laub erkennen – und damit spüren, dass Sicherheit nicht in Abgeschlossenheit liegt, sondern in Verbundenheit mit dem, was größer ist als man selbst.
Israel feiert Sukkot 2025 nicht im Frieden. Im Süden wird noch immer gekämpft, im Norden drohen neue Fronten, und in Ägypten verhandeln Delegierte über Bedingungen, die das Land zutiefst spalten. Doch in jeder Hütte liegt dieselbe Botschaft: Der wahre Schutz Israels ist nie politisch, nie taktisch, nie militärisch allein.
Die Sukka steht auf wackeligen Beinen, und gerade das macht sie wahrhaftig. Sie lehrt, dass Sicherheit nicht bedeutet, Mauern zu errichten, sondern Werte zu bewahren. Wer in einer Sukka sitzt, spürt das Licht, den Wind, die Unsicherheit – und dennoch Geborgenheit. Diese paradoxe Erfahrung, die dem modernen Menschen fremd geworden ist, ist das Herz des jüdischen Glaubens: die Bereitschaft, inmitten von Unsicherheit zu leben, ohne die Hoffnung aufzugeben.
Die Tora nennt Sukkot ausdrücklich das „Fest der Freude“. Das scheint widersinnig in einem Land, in dem Familien noch immer auf Nachricht von verschleppten Angehörigen warten. Doch gerade hier zeigt sich die Kraft des jüdischen Geistes: Freude ist kein Gefühl, sondern eine Entscheidung. Sie entsteht nicht, weil alles gut ist, sondern weil das Volk Israels gelernt hat, auch im Sturm zu singen.
In Jerusalem feiern Kinder in bunt geschmückten Hütten, Soldaten stellen kleine Sukkot an Checkpoints auf, und selbst in Krankenhäusern hängen Palmblätter über improvisierten Dachgestellen. Diese Bilder erzählen mehr über Israel als jede Schlagzeile: Es ist ein Volk, das lebt, weil es glaubt.
Sukkot ist die jährliche Erinnerung daran, dass Stabilität eine Illusion ist. Kein Mensch kann sich selbst retten, keine Nation ist unverwundbar. Israel, das sich täglich gegen Raketen und Verleumdungen verteidigt, weiß das besser als jede andere Gesellschaft.
Doch aus dieser Erkenntnis wächst keine Resignation, sondern Verantwortung. Wer weiß, dass das Dach über ihm wackelt, lernt, das Leben zu achten. Wer spürt, dass Sicherheit nicht garantiert ist, versteht, wie wertvoll Freiheit ist. So wird Sukkot zur geistigen Gegenwehr gegen die moderne Arroganz, alles kontrollieren zu können – politisch, technisch, militärisch oder medial.
Sukkot 2025 fällt in eine Zeit globaler Unruhe, aber für Israel ist es mehr als ein Ritual. Es ist ein stilles Bekenntnis: Wir bleiben hier. Wir bauen, auch wenn das Dach nicht hält. Wir feiern, auch wenn der Himmel droht. Wir vertrauen, weil wir wissen, dass kein Feind, keine Regierung und kein Abkommen die Seele Israels zerbrechen kann.
Und vielleicht, während die Verhandler in Scharm el-Scheich um Bedingungen ringen, gibt eine einfache Sukka in Jerusalem die Antwort, die keine Diplomatie bieten kann: Frieden entsteht nicht durch Vereinbarungen, sondern durch das Bewusstsein, dass jeder Mensch – und jedes Volk – in einer Hütte lebt, die nur durch Glauben standhält.
Autor:
Bild Quelle: Von Zachi Evenor - Flickr: https://www.flickr.com/photos/zachievenor/21246640264, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=43902432
Montag, 06 Oktober 2025