Waffenruhe unter Druck: IDF tötet fünf Verdächtige in Sajaiya – Hamas droht mit „neuer Phase des Widerstands“

Waffenruhe unter Druck: IDF tötet fünf Verdächtige in Sajaiya – Hamas droht mit „neuer Phase des Widerstands“


Nur einen Tag nach der Rückkehr der letzten lebenden Geiseln nach Israel ist die Waffenruhe in Gaza erstmals gebrochen worden. Fünf Palästinenser kamen ums Leben, nachdem sie sich trotz Warnschüssen israelischen Truppen näherten. Hamas spricht von einem „Verstoß gegen das Abkommen“ – doch ihre eigenen Worte deuten auf etwas anderes hin: den nächsten Machtkampf um die Zukunft des Gazastreifens.

Waffenruhe unter Druck: IDF tötet fünf Verdächtige in Sajaiya – Hamas droht mit „neuer Phase des Widerstands“

Am Dienstagmorgen ist die fragile Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas erstmals ernsthaft auf die Probe gestellt worden. Nach Angaben der israelischen Armee (IDF) wurden in Sajaiya, einem dicht besiedelten Viertel im Osten von Gaza-Stadt, fünf Verdächtige getötet, die sich den israelischen Kräften trotz mehrfacher Warnungen genähert hatten.

Ein Sprecher der Armee erklärte, die Männer hätten den sogenannten „gelben Streifen“ überquert – jene demilitarisierte Sicherheitslinie, die nach dem jüngsten Abkommen unter Vermittlung von US-Präsident Donald Trump festgelegt wurde. Zunächst seien Warnschüsse aus der Luft abgegeben worden. Als die Verdächtigen jedoch weiter auf die israelischen Stellungen zugingen, habe ein Panzer das Feuer eröffnet und sie getroffen.

Die palästinensische Seite meldete hingegen, bei den Getöteten habe es sich um Zivilisten gehandelt, die „nach dem Rechten sehen wollten“ und ihre zerstörten Häuser überprüfen wollten. Hamas-Sprecher Hazem Qassem bezeichnete den Vorfall als „eindeutigen Bruch der Waffenruhe“ und warf Israel vor, „das Blut unschuldiger Bewohner zu vergießen“.

Die israelische Armee weist diesen Vorwurf entschieden zurück. „Jeder Versuch, sich israelischen Positionen zu nähern, wird als potenzielle Bedrohung behandelt, solange Hamas weiterhin bewaffnete Zellen in denselben Gebieten operieren lässt“, hieß es aus Armeekreisen. Der Zwischenfall ereignete sich nur wenige Stunden, nachdem Israel die letzten lebenden Geiseln aus dem Gazastreifen zurückgeführt hatte – ein Moment nationaler Erleichterung, der nun von neuer Unsicherheit überschattet wird.

Für Israel ist die Lage heikel. Jede bewaffnete Bewegung in der Nähe seiner Einheiten könnte eine Falle oder ein Angriff sein – eine Erfahrung, die sich in den vergangenen Monaten dutzendfach wiederholt hat. Für die Hamas dagegen bietet jeder Zwischenfall Gelegenheit, das Narrativ der „israelischen Aggression“ neu zu beleben.

Besonders aufschlussreich waren die Worte des Hamas-Sprechers im anschließenden Interview mit N12: Qassem stellte klar, dass seine Organisation nicht vorhat, ihre Waffen abzugeben. „Wir müssen uns nicht an israelische Begriffe oder Definitionen zum Thema Waffen halten“, sagte er. „Es gibt viele andere Wege, national zu handeln. Das ist einer der Schwerpunkte unseres nächsten Kampfes.“

Diese Aussage zeigt, dass die Waffenruhe für Hamas weniger als Ende der Feindseligkeiten zu verstehen ist, sondern als taktische Pause. Während die Organisation in öffentlichen Erklärungen von „nationaler Einheit“ und „technokratischer Verwaltung“ spricht, betont sie zugleich ihr „Recht auf Widerstand“ – eine Formel, die im Sprachgebrauch der Hamas weiterhin bewaffnete Aktionen einschließt.

Qassem äußerte sich zudem zu möglichen Verwaltungsabkommen für die Nachkriegszeit: „Wir haben kein Problem mit administrativen Regelungen im Gazastreifen, solange sie national abgestimmt sind“, sagte er. In Kairo sei ein Modell diskutiert worden, dem zufolge ein „technokratisches Komitee“ die Verwaltung übernehmen könnte – ein Vorschlag, der Israels Ziel einer entmilitarisierten Übergangsverwaltung entgegenkommt, den Hamas aber offenbar zu ihren Bedingungen auslegen will.

Auch gegenüber der Palästinensischen Autonomiebehörde gab sich der Hamas-Sprecher überraschend versöhnlich. „Trotz all unserer Kritik erkennen wir sie als nationale Adresse an“, erklärte er. „Wir sind bereit, ein neues Kapitel aufzuschlagen – wenn die Behörde ehrlich ist und gemeinsam mit den politischen Kräften in Gaza eine neue Grundlage schafft.“

Diese Äußerungen sind taktisch zu verstehen. Während Hamas öffentlich über „Versöhnung“ spricht, festigt sie zugleich ihre militärischen Strukturen und nutzt die relative Ruhe, um ihre Kontrolle im Gazastreifen zu sichern – teils mit Gewalt, teils durch symbolische Auftritte. Der Vorfall in Sajaiya verdeutlicht, wie dünn der Faden ist, an dem die Waffenruhe hängt: Ein einziger Fehltritt, eine Bewegung in der falschen Zone, kann genügen, um die Front erneut zu entzünden.

Die israelische Seite steht nun vor der Herausforderung, militärische Wachsamkeit mit politischer Zurückhaltung zu verbinden. Die Vereinbarungen mit den USA und Ägypten sehen klare Pufferzonen vor, deren Einhaltung über die Stabilität der nächsten Wochen entscheidet. Sollte Hamas diese Grenzen weiter austesten oder gezielt Zivilisten in die Sperrzonen schicken, könnte das die Waffenruhe binnen Tagen zum Einsturz bringen.


Autor: Redaktion
Bild Quelle:


Dienstag, 14 Oktober 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.
empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion

haOlam.de – Gemeinsam in die Zukunft

Nach dem Tod des Herausgebers führen wir haOlam.de weiter. Für dieses umfangreiche Projekt suchen wir finanzielle Unterstützer sowie Anregungen und Hinweise zu technischen Fehlern während der laufenden Überarbeitung.

Kontakt: redaktion@haolam.de

Danke für eure Unterstützung!


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage