Die Illusion von Abrüstung: Warum Israel weiß, dass Hamas bald wieder zuschlagen wirdDie Illusion von Abrüstung: Warum Israel weiß, dass Hamas bald wieder zuschlagen wird
Ein amerikanisch-palästinensischer Unterhändler beschreibt den „Tag danach“ in Gaza – Hamas soll ihre schweren Waffen abgeben und in neue Sicherheitsstrukturen integriert werden. Für Israel klingt das nicht nach Frieden, sondern nach einem Countdown bis zum nächsten Krieg.
In Washington nennt man es „einen politischen Neuanfang“. In Jerusalem nennt man es beim Namen: eine gefährliche Illusion.
Der palästinensisch-amerikanische Unterhändler Bishara Bahbah hat in einem Interview mit dem saudischen Sender Al-Arabiya skizziert, wie der Gazastreifen künftig aussehen könnte. Seine Aussagen sind in den diplomatischen Kreisen der USA mit leiser Hoffnung aufgenommen worden – in Israel dagegen mit wachsender Sorge.
Bahbah sprach von „Integration“ und „Verantwortung“, von einem Hamas-Anteil an den künftigen Sicherheitskräften, und von einer „kontrollierten Entwaffnung“. Doch wer die Worte genauer liest, erkennt: Hamas gibt nicht ihre Macht ab, sie verändert nur ihre Uniform.
Nach Bahbahs Modell soll die Terrororganisation nur jene Waffen abgeben, die als „schwer“ gelten – also Waffen, die „mehr als fünf Menschen gleichzeitig töten können“. Diese Definition, offenbar aus einem Gespräch im Weißen Haus übernommen, klingt technokratisch, ist aber sicherheitspolitisch absurd.
Denn Hamas hat gelernt, mit einfachsten Mitteln tödliche Präzision zu erzielen. Raketen sind ersetzbar. Eine Bewegung, die in Tunneln operiert, Sprengsätze baut und Panzerabwehrwaffen wie Werkzeuge behandelt, braucht keine Artillerie, um Israel anzugreifen.
Was auf den ersten Blick nach Abrüstung klingt, ist in Wahrheit eine Modernisierung ihrer Überlebensstrategie.
Noch bedenklicher ist der zweite Teil des Plans: die Amnestie für Hamas-Funktionäre. Wer seine „schweren Waffen“ abgibt, soll weder von Israel noch international verfolgt werden – und darf wahlweise im Gazastreifen bleiben oder ihn unter US-Garantie verlassen.
Das ist kein Friedensangebot. Das ist ein diplomatischer Freifahrtschein für jene, die am 7. Oktober 2023 die Ermordung, Folter und Entführung israelischer Zivilisten organisiert haben.
In Israel erinnert man sich gut daran, wohin solche Vereinbarungen führen. Die PLO in den 1990er Jahren, die Hisbollah im Libanon, jetzt Hamas in Gaza – jedes Mal, wenn die Weltgemeinschaft versuchte, Terror durch politische Integration zu zähmen, kam er gestärkt zurück.
Die Hamas ist keine politische Partei mit militärischem Flügel, sondern ein militärischer Apparat mit politischem Vorwand. Ihre Ideologie kennt keinen Waffenstillstand, nur Atempausen. Wenn Bahbah also sagt, dass Hamas sich „unter Aufsicht“ in die Sicherheitskräfte einfügen könnte, hört man in Jerusalem nur eines: In einem Jahr stehen dieselben Männer wieder an der Front – diesmal mit offizieller Uniform und internationaler Deckung.
Hamas selbst gibt keinen Anlass zu Optimismus. Sprecher Hazem Qassem sagte fast zeitgleich im Interview mit Al-Arabiya: „Wir müssen uns nicht an israelische Definitionen von Waffen halten. Es gibt viele andere Wege, national zu handeln.“
Diese Worte sind keine Floskel. Sie bedeuten: Hamas wird Wege finden, ihre Bewaffnung fortzuführen – technisch, organisatorisch, ideologisch.
Israel weiß, wie diese Geschichte endet, weil es sie schon kennt. Nach jeder Phase internationaler Beschwichtigung, nach jedem Versuch, Hamas einzubinden, kam der nächste Angriff. Erst auf die Grenzdörfer, dann auf Tel Aviv, dann auf den Süden. Nichts in der Struktur dieser Bewegung deutet auf Einsicht, alles auf Vorbereitung hin.
Was in Washington als „politischer Kompromiss“ gilt, wirkt in Israel wie ein Minenfeld, das gerade neu verlegt wird.
Die Idee, Terroristen mit Verwaltungsaufgaben zu betrauen, mag in Diplomatenbüros vernünftig klingen. Auf israelischem Boden bedeutet sie, dass in einem Jahr dieselben Kämpfer, die jetzt „demobilisiert“ werden, wieder im Namen einer neuen „nationalen Behörde“ operieren – mit denselben Zielen, denselben Symbolen und derselben Ideologie.
Die Waffenruhe hat das Blut gestoppt, nicht den Hass.
Und solange Hamas unter welchem Namen auch immer weiter existiert, weiß Israel, dass die Ruhe in Gaza keine Zukunft hat – nur eine Pause.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Dienstag, 14 Oktober 2025