Die neue Allianz des politischen Islam – wie Katar und die Türkei um Gaza kämpfen

Die neue Allianz des politischen Islam – wie Katar und die Türkei um Gaza kämpfen


Während in westlichen Hauptstädten von Wiederaufbau und Stabilität gesprochen wird, entsteht im Schatten ein ganz anderes Bündnis: Ankara und Doha, die beiden historischen Schutzmächte der Muslimbruderschaft, formieren sich zu einem neuen Machtblock – mit einem Ziel: den Einfluss auf Gaza zu behalten.

Die neue Allianz des politischen Islam – wie Katar und die Türkei um Gaza kämpfen

In den letzten Tagen haben sich die diplomatischen Fäden zwischen Katar, der Türkei und der Hamas merklich verdichtet. Offiziell geht es um „humanitäre Unterstützung“ und den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur im Gazastreifen. In Wahrheit jedoch verfolgt dieses Bündnis ein anderes Ziel: die Sicherung seiner ideologischen und politischen Macht nach dem Ende des Krieges.

Während Ägypten und Saudi-Arabien in Kairo mit Vertretern der Palästinensischen Autonomiebehörde über Verwaltungsstrukturen für die Zeit nach der Hamas verhandeln, treffen sich in Doha Vertreter Katars und der Türkei in enger Abstimmung mit der Hamas-Führung.

Am Mittwoch empfing der Emir von Katar, Tamim bin Hamad al-Thani, den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan zu Gesprächen über „den Wiederaufbau von Gaza“. Was in den offiziellen Mitteilungen als Routine-Treffen erschien, markiert in Wahrheit den Beginn eines strategischen Schulterschlusses: Beide Staaten – ideologisch geprägt durch die Muslimbruderschaft – wollen ihren Einfluss auf Gaza nicht verlieren.

Schon am Vortag trafen sich der türkische Außenminister Hakan Fidan, der Chef des türkischen Geheimdienstes İbrahim Kalın und die Hamas-Führung in Doha. Die Botschaft war unmissverständlich: Ankara will nicht nur vermitteln – Ankara will mitgestalten.

Für die Hamas ist das mehr als symbolisch. Katar liefert weiterhin finanzielle Rückendeckung, die Türkei verschafft politische Legitimität. Beide Staaten sehen sich als Schutzmächte einer islamistischen Ordnung, die sich der westlich-arabischen Allianz entgegenstellt.

Gegenüber dieser Achse des politischen Islam formiert sich der moderate sunnitische Block – angeführt von Riad, Kairo und Abu Dhabi. Ihr Ziel: Gaza unter eine pragmatische Verwaltung zu stellen, gestützt auf arabische Sicherheitskräfte und eine reformierte, aber nicht-islamistische palästinensische Verwaltung.

Sowohl Saudi-Arabien als auch die Vereinigten Arabischen Emirate wissen, dass eine Rückkehr der Hamas in politischer Form das gesamte regionale Gleichgewicht gefährden würde. Sie fürchten, dass Doha und Ankara die religiöse Karte erneut ausspielen – diesmal nicht mit Raketen, sondern mit Hilfsgeldern und diplomatischer Tarnung.

Deshalb wird in Riad offen über ein „arabisches Schutzmandat“ gesprochen, das Gaza von innen stabilisieren soll – ein Plan, der nur mit israelischer Zustimmung funktionieren kann.

Jerusalem beobachtet beide Seiten mit berechtigtem Misstrauen.
Die israelische Regierung lehnt jede Form von Hamas-Beteiligung ab – sei sie politisch, religiös oder zivil getarnt – und traut gleichzeitig der Palästinensischen Autonomiebehörde kaum zu, Kontrolle über Gaza zu übernehmen.

Israel erkennt genau, dass der eigentliche Konflikt nicht nur militärisch, sondern ideologisch geführt wird: zwischen einem politischen Islam, der die Zerstörung Israels als göttliche Pflicht versteht, und jenen arabischen Staaten, die eine friedliche Koexistenz mit Jerusalem längst als Realität akzeptieren.

Doch solange westliche Staaten weiterhin Doha und Ankara als „Vermittler“ behandeln, wird sich das Gleichgewicht kaum verschieben. Denn wer den Wiederaufbau von Gaza finanziert, entscheidet am Ende auch über dessen Zukunft – und über die Köpfe der kommenden Generation.

Die Auseinandersetzung um Gaza ist längst mehr als eine Frage territorialer Kontrolle. Sie ist ein Wettstreit um die Seele des Nahen Ostens.
Auf der einen Seite: der religiöse Populismus, der den Widerstand zur Doktrin erhebt.
Auf der anderen: Staaten, die erkannt haben, dass Wohlstand, Technologie und Frieden keine Feinde des Glaubens sind.

Für Israel ist klar: Es darf keine Rückkehr zu den alten Mustern geben. Wer Gaza „wiederaufbauen“ will, muss zuerst beweisen, dass er es nicht ideologisch unterwandern will.

Denn wer heute über den Zement für neue Schulen entscheidet, kann morgen schon über die Schulbücher bestimmen – und damit über das Denken einer neuen Generation.


Autor: Redaktion
Bild Quelle:


Freitag, 24 Oktober 2025

haOlam via paypal unterstützen


Hinweis: Sie benötigen kein PayPal-Konto. Klicken Sie im nächsten Schritt einfach auf „Mit Debit- oder Kreditkarte zahlen“, um per Lastschrift oder Kreditkarte zu unterstützen.
empfohlene Artikel
weitere Artikel von: Redaktion

haOlam.de – Gemeinsam in die Zukunft

Nach dem Tod des Herausgebers führen wir haOlam.de weiter. Für dieses umfangreiche Projekt suchen wir finanzielle Unterstützer sowie Anregungen und Hinweise zu technischen Fehlern während der laufenden Überarbeitung.

Kontakt: redaktion@haolam.de

Danke für eure Unterstützung!


meistgelesene Artikel der letzten 7 Tage