Das unsichtbare Schlachtfeld unter Gaza – Israels unerledigte AufgabeDas unsichtbare Schlachtfeld unter Gaza – Israels unerledigte Aufgabe
Zwei Jahre Krieg, tausende Angriffe, Milliardeninvestitionen – und doch: Mehr als 60 Prozent der Hamas-Tunnel sind noch intakt. Was Israels Verteidigungsminister Israel Katz jetzt offenlegte, zeigt, dass der gefährlichste Teil des Feindes noch unter der Erde lauert.
Zwei Jahre nach Beginn des Gaza-Krieges kommt ans Licht, was viele Militärs seit Monaten ahnten: Der Untergrundkrieg ist noch längst nicht gewonnen. Verteidigungsminister Israel Katz teilte bei einem Treffen mit US-Vizepräsident J.D. Vance mit, dass über 60 Prozent der Tunnelanlagen der Hamas bisher nicht zerstört wurden. Diese Zahl ist erschütternd – nicht nur militärisch, sondern auch symbolisch. Denn sie offenbart, wie tief der Feind verwurzelt ist, buchstäblich unter den Füßen Israels.
Die verbliebenen Tunnel erstrecken sich auf beiden Seiten der sogenannten „gelben Linie“, also auch in Gebieten, die heute unter israelischer Kontrolle stehen. Katz bezeichnete deren Vernichtung als „gemeinsame Schlüsselaufgabe im Rahmen der Entmilitarisierung Gazas nach dem Trump-Plan“. Die israelische Armee arbeite „rund um die Uhr“ an der Ortung und Sprengung dieser Netzwerke – selbst jetzt, während der geltenden Waffenruhe.
Die Explosionen, die Anwohner in den letzten Tagen rund um das Grenzgebiet hören, stammen nicht von Angriffen, sondern von systematischer Sprengarbeit. Es sind die Echos eines Krieges, der unter der Erde weitergeht. Denn die Tunnel sind mehr als Betonröhren – sie sind das Rückgrat der Hamas, ihre Lebensadern für Waffen, Nachschub, Kämpfer und Geiseln.
Dass über 60 Prozent von ihnen überlebt haben, bedeutet, dass die Bedrohung weiterhin konkret ist. Aus einer dieser Tunnelverbindungen kamen in der vergangenen Woche die Terroristen, die bei Rafah zwei israelische Soldaten – Itay Ya’abetz und Yaniv Kula – töteten. Es war eine Erinnerung daran, dass dieser Krieg kein abgeschlossenes Kapitel ist, sondern ein anhaltender Kampf um Kontrolle und Sicherheit.
Die israelische Führung sieht die Tunnelzerstörung als entscheidenden Schritt, um die Bedingungen des Waffenstillstands nachhaltig zu sichern. Katz forderte, dass „alle Geiseln und Gefallenen zurückgebracht, sämtliche Tunnel beseitigt und die Waffen der Hamas konfisziert werden müssen, damit diese nie wieder ein Machtfaktor in Gaza wird“.
Doch das Ziel bleibt schwer zu erreichen. Schon vor sechs Monaten gaben Sicherheitskreise zu, dass lediglich rund 25 Prozent der Tunnel zerstört worden waren. Die Hamas hatte über Jahre hinweg ein unterirdisches Imperium errichtet – ein Geflecht aus Gängen, Werkstätten und Bunkern, das sich von Rafah bis Beit Hanun zieht. Viele dieser Anlagen liegen tief, sind mehrfach verstärkt und teils mit Strom, Belüftung und Kommunikationssystemen ausgestattet.
Hinzu kommt das ungelöste Problem der Schmuggelrouten zwischen Ägypten und dem Gazastreifen. Trotz Israels Weigerung, sich aus dem Philadelphi-Korridor zurückzuziehen, warnen Experten: Die bloße Kontrolle über den Grenzstreifen genügt nicht, um den unterirdischen Nachschub zu stoppen. Solange die Hamas imstande ist, Baumaterial, Sprengstoff und Waffen unterirdisch einzuschleusen, bleibt ihre militärische Infrastruktur regenerationsfähig.
Die Bilanz nach zwei Jahren Krieg ist also ambivalent: Israel hat die Hamas militärisch schwer getroffen, ihre Führungsstruktur dezimiert und ihre offene Präsenz im Norden Gazas weitgehend zerschlagen. Doch ihr Schattenstaat unter der Erde existiert weiter – verwoben mit der Landschaft, mit den Häusern, mit der Bevölkerung, die oft mitgeschwiegen hat.
Der Krieg der Tunnel ist ein Krieg ohne Bilder, ohne Frontlinie, ohne klare Siege. Er verlangt von Israel technische Präzision, Geduld und einen langen Atem – und er erinnert daran, dass selbst nach einer Feuerpause kein Frieden herrscht, solange der Feind sich im Boden verbirgt.
Die Tunnel von Gaza sind mehr als militärische Infrastruktur. Sie sind ein Symbol dafür, wie die Hamas sich der Welt entzieht: unsichtbar, doch allgegenwärtig. Israels Aufgabe ist es, dieses unsichtbare Reich Stück für Stück zu entwaffnen – nicht nur mit Sprengstoff, sondern mit strategischer Konsequenz. Denn jeder nicht zerstörte Tunnel ist eine offene Wunde im Körper des Landes.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF
Samstag, 25 Oktober 2025