Nächtlicher Einsatz im Südlibanon – Israels Armee zerstört Hisbollah-Struktur und tötet mutmaßlichen KomplizenNächtlicher Einsatz im Südlibanon – Israels Armee zerstört Hisbollah-Struktur und tötet mutmaßlichen Komplizen
Bei einem nächtlichen Einsatz in der Grenzstadt Blida zerstörte die israelische Armee Terrorinfrastruktur der Hisbollah. Dabei kam ein libanesischer Gemeindemitarbeiter ums Leben – laut IDF, weil er sich verdächtig verhielt. Beirut spricht von einem Angriff auf die Souveränität. Der Vorfall zeigt, wie brüchig die Ruhe im Norden bleibt.
Kurz nach Mitternacht drangen israelische Spezialeinheiten mit mehreren gepanzerten Fahrzeugen in die südlibanesische Stadt Blida ein – rund einen Kilometer jenseits der Grenze. Ziel des Einsatzes war laut israelischer Armee ein Gebäude, das die Hisbollah unter ziviler Tarnung als logistische Basis für Terroraktivitäten genutzt hatte.
Während der Operation stießen die Soldaten auf einen Verdächtigen, der sich im Gemeindehaus aufhielt. Nach Angaben der IDF leiteten sie das standardisierte „Verdächtigen-Anhalteverfahren“ ein – eine Abfolge von Rufen, Warnschüssen und gezielter Sicherung. Als der Mann sich plötzlich bewegte und eine unmittelbare Bedrohung darstellte, eröffneten die Soldaten das Feuer. Der Getroffene – ein Mitarbeiter der Gemeinde namens Ibrahim Salameh – starb noch vor Ort.
Die Armee erklärte später, der Vorfall werde untersucht, wies jedoch darauf hin, dass das betreffende Gebäude „nachweislich von der Hisbollah zur Tarnung ihrer Operationen unter zivilem Deckmantel missbraucht“ worden sei. Damit füge sich das Geschehen in ein wiederkehrendes Muster ein: Die Terrororganisation integriere Waffenlager, Kommandozentren und Beobachtungsposten in zivil genutzte Strukturen – Schulen, Moscheen oder Verwaltungsgebäude – um Angriffe zu erschweren und internationale Empörung zu instrumentalisieren.
Seit der von den USA vermittelten Waffenruhe vom November 2024, die einen einjährigen Grenzkrieg beendete, häufen sich im Süden des Libanon Zwischenfälle. Die Vereinbarung verpflichtet beide Seiten, ihre Kräfte aus der Grenzzone abzuziehen und sie durch die libanesische Armee zu ersetzen. Israel hält nach eigenen Angaben nur noch fünf strategische Beobachtungspunkte, während die Hisbollah weiterhin in Dörfern präsent ist und Waffenlager sowie Tunnelnetzwerke instand hält.
Die israelische Armee meldete allein in den letzten Monaten über tausend kleinere Einsätze im Grenzgebiet und die Eliminierung von mehr als 300 Hisbollah-Mitgliedern. Dass die Organisation trotz interner Schwäche und internationalem Druck weiterhin agiert, zeigt, wie begrenzt die Kontrolle des libanesischen Staates ist.
Die libanesische Armee selbst reagierte in Blida erst, nachdem israelische Truppen sich bereits zurückgezogen hatten. Es kam zu keiner direkten Konfrontation. Präsident Joseph Aoun jedoch ordnete am Morgen an, „jede israelische Infiltration in den Süden entschieden zu beantworten“ – ein symbolischer Aufruf, der in Beirut mehr innenpolitische Wirkung entfalten soll als militärische.
Eine fragile Waffenruhe
Die Waffenruhe von 2024 beendete einen blutigen Abschnitt des Krieges, der nach dem 7. Oktober 2023 begann – als die Hamas Israel angriff und die Hisbollah sich kurz darauf mit täglichen Raketenangriffen beteiligte. Über 60.000 israelische Zivilisten mussten aus dem Norden evakuiert werden, ganze Dörfer standen unter Dauerbeschuss.
Erst massiver Druck aus Washington führte zu einer beiderseitigen Vereinbarung: Rückzug der Hisbollah hinter den Litani-Fluss, Rückkehr der libanesischen Armee und verstärkte UNIFIL-Präsenz. Doch während Israel seine Verpflichtungen weitgehend erfüllte, blieb der Libanon seiner Aufgabe schuldig. Die Hisbollah nutzt die Nachkriegsruhe, um sich neu zu formieren, Waffen zu verlagern und ihre politische Dominanz auszubauen.
Zielgerichtete Operation – kein „Einmarsch“
Die israelische Armee betont, dass der nächtliche Einsatz in Blida kein Bruch der Waffenruhe, sondern ein begrenzter Eingriff gegen aktive Terrorinfrastruktur gewesen sei. Ein militärischer Sprecher erklärte: „Unsere Kräfte handelten präzise, um eine unmittelbare Bedrohung zu beseitigen. Es gab keine Gefechte mit der libanesischen Armee und keine Absicht, Territorium zu halten.“
Tatsächlich begann die Operation mit gezielten Schlägen aus der Luft auf einen Raketenwerfer und einen Tunnelzugang nahe der Ortschaft Mahmoudiyeh – Strukturen, die laut IDF eindeutig der Hisbollah gehörten. Erst danach rückten Bodentruppen in das Stadtgebiet von Blida vor, um Daten, Kommunikationsgeräte und Beweismaterial zu sichern.
Dass dabei ein Mann ums Leben kam, der offenbar im Gebäude übernachtete, zeigt die Tragik asymmetrischer Kriegsführung: Die Terrororganisation, die ihre Infrastruktur hinter zivilen Fassaden versteckt, bringt die eigene Bevölkerung in Lebensgefahr – und nutzt jeden Zwischenfall, um Israel international zu diskreditieren.
Beiruts Empörung – und die Realität dahinter
Premierminister Nawaf Salam bezeichnete den Einsatz als „offenen Angriff auf die Institutionen und Souveränität des Libanon“. Auch internationale Medien griffen diese Formulierung auf, ohne auf die entscheidende Frage einzugehen: Warum befand sich überhaupt Hisbollah-Militärtechnik in einem Gemeindegebäude?
Die Antwort liegt in der jahrzehntelangen politischen Schwäche des libanesischen Staates. Die Regierung in Beirut ist seit Jahren unfähig, die Hisbollah zu entwaffnen oder ihre Aktivitäten zu kontrollieren. Obwohl Präsident Aoun offiziell die US-Forderung unterstützt, „alle Waffen unter staatliche Kontrolle zu bringen“, fehlt der politische Wille – und die militärische Macht.
US-Gesandte Morgan Ortagus, die Beirut Anfang der Woche besuchte, drängte die libanesische Führung, endlich mit der Umsetzung eines Entwaffnungsplans zu beginnen. Washington erkennt: Solange die Hisbollah als Staat im Staat agiert, ist jeder Waffenstillstand nur eine Pause zwischen zwei Kriegen.
Israels Dilemma
Für Israel bleibt der Norden ein Pulverfass. Jede Nacht kann ein Angriff, jede Woche eine Provokation folgen. Die Armee versucht, das Gleichgewicht zwischen Wachsamkeit und Eskalationsvermeidung zu halten – doch solange die Hisbollah ihre Positionen ausbaut, bleibt ein erneuter Konflikt nur eine Frage der Zeit.
Der Tod eines libanesischen Zivilisten ist tragisch. Doch die Verantwortung liegt bei jenen, die ihre Waffen neben Amtszimmern, Schulhöfen und Moscheen verstecken. Israel kann sich keinen Irrtum leisten, wenn es um die Sicherheit seiner Bürger geht. Und wer unter der Flagge der Hisbollah Schutz sucht, riskiert, Teil ihres Krieges zu werden.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: IDF
Donnerstag, 30 Oktober 2025