Er ist zurück in der Heimat – Lior Rudaeff, der Beschützer von Nir YitzhakEr ist zurück in der Heimat – Lior Rudaeff, der Beschützer von Nir Yitzhak
Nach mehr als zwei Jahren Ungewissheit kehrte der Körper von Lior Rudaeff in der Nacht auf den 8. November nach Israel zurück. Ein Mann, der standhielt, als seine Welt in Flammen stand.
In der Nacht vom 7. auf den 8. November 2025 bestätigten die israelischen Streitkräfte, dass die am Freitagabend überführten Überreste zu Lior Rudaeff gehören – dem 61-jährigen Familienvater aus dem Kibbutz Nir Yitzhak, der am 7. Oktober 2023 im Kampf gegen Terroristen fiel. Nach forensischer Untersuchung im Institut von Abu Kabir wurde seine Identität zweifelsfrei festgestellt. Damit endet eine 763 Tage dauernde Ungewissheit, die seine Familie, sein Kibbutz und ganz Israel schwer belastet hat.
Ein Leben in Verantwortung
Lior Rudaeff wurde 1962 in Argentinien geboren und kam im Alter von sieben Jahren nach Israel. Er wuchs in Nir Yitzhak auf, gründete dort eine Familie mit seiner Frau Yaffa und zog vier Kinder groß. Beruflich arbeitete er als Mechaniker und Lastwagenfahrer – doch was ihn ausmachte, war sein jahrzehntelanges freiwilliges Engagement. Vierzig Jahre lang fuhr er ehrenamtlich Rettungswagen für die Region Eshkol und gehörte der Notfallgruppe seines Kibbutz an.
Er galt als jemand, der immer da war, wenn andere Hilfe brauchten – ruhig, besonnen, zuverlässig. Freunde nannten ihn „den Mann, der nie nein sagt“.
Der Tag, der alles veränderte
Am Morgen des 7. Oktober 2023 drangen Terroristen aus Gaza in Nir Yitzhak ein. Lior Rudaeff gehörte zu den ersten, die reagierten. Gemeinsam mit den anderen Mitgliedern der Sicherheitsgruppe stellte er sich dem Angriff entgegen – stundenlang, ohne Unterstützung von außen.
Während der Gefechte verloren mehrere seiner Kameraden ihr Leben. Als das Feuer endlich verstummte, war Lior verschwunden. Sein Handy wurde später in Gaza geortet, und die Hoffnung blieb, dass er als Geisel überlebt hatte. Erst im Mai 2024 musste seine Familie erfahren, dass er bereits am 7. Oktober gefallen war.
Zwei Jahre Hoffnung und Schmerz
Seit jenem Tag kämpfte die Familie unermüdlich für die Rückführung seines Körpers, um ihm eine Bestattung nach jüdischem Ritus zu ermöglichen. Nun, 763 Tage später, kehrte er heim. „Nach all den Nächten des Wartens ist unser Lior endlich wieder bei uns“, schrieb seine Familie. „Er kehrt in das Land zurück, das er verteidigte – und das ihn nie vergessen wird.“
In Nir Yitzhak versammelten sich am Samstag Hunderte Menschen, um seinem Sarg die letzte Ehre zu erweisen. Sie standen schweigend an der Straße, hielten Fahnen und Blumen. Der Eshkol-Regionalrat würdigte ihn als „Mann der Gemeinschaft, der mit Mut und Menschlichkeit handelte“.
Auch Argentiniens Botschafter in Israel, Axel Wahnish, erinnerte an ihn: „Er war einer von uns – ein Argentinier, der in Israel für Freiheit und Leben stand. Heute verneigt sich sein Geburtsland vor ihm.“
Ein Symbol des Durchhaltens
Lior Rudaeff war kein Soldat im Dienst, sondern ein Bürger, der Verantwortung übernahm, als das Unvorstellbare geschah. Seine Geschichte steht stellvertretend für Hunderte Männer und Frauen, die am 7. Oktober 2023 ihre Gemeinden verteidigten.
Noch immer werden fünf Tote im Gazastreifen festgehalten – Meny Godard, Hadar Goldin, Ran Gvili, Dror Or und Sudthisak Rinthalak. Für ihre Familien bleibt die Hoffnung, dass auch sie eines Tages heimkehren können.
Rudaeffs Rückkehr bringt keine Erlösung, aber sie gibt seiner Familie Gewissheit. Und sie erinnert ein ganzes Land daran, was Mut bedeutet: sich zu stellen, auch wenn niemand kommt.
Er ruht nun in Nir Yitzhak, dem Ort, den er bis zu seinem letzten Atemzug verteidigte. Seine Geschichte bleibt – als Teil jener leisen, unerschütterlichen Stärke, die Israel trägt.
Autor: Redaktion
Bild Quelle:
Samstag, 08 November 2025