Kushner in Jerusalem – Amerikas Druck auf Israel wächstKushner in Jerusalem – Amerikas Druck auf Israel wächst
Donald Trumps Schwiegersohn Jared Kushner traf Premierminister Netanjahu zu Gesprächen über das Ende des Gaza-Krieges. Im Zentrum steht eine heikle Forderung aus Washington: den eingeschlossenen Hamas-Terroristen in Rafah einen „sicheren Abzug“ zu gewähren.
Jared Kushner, Sondergesandter und Schwiegersohn des US-Präsidenten Donald Trump, traf am Sonntag in Jerusalem ein, um mit Premierminister Benjamin Netanjahu über den amerikanischen Plan zum Ende des Gaza-Krieges zu beraten. Mit ihm soll in den kommenden Tagen auch der Unternehmer und US-Gesandte Steve Witkoff zu den Gesprächen stoßen. Es ist bereits das zweite Treffen zwischen den drei Männern binnen eines Monats – ein Hinweis darauf, dass Washington den diplomatischen Druck deutlich erhöht.
Im Zentrum der Gespräche steht ein Thema, das in Israel auf breite Ablehnung stößt: die Frage, wie mit den rund zweihundert Hamas-Kämpfern verfahren werden soll, die noch immer in den Tunneln unter Rafah eingeschlossen sind. Während Israel darauf beharrt, dass kein einziger von ihnen die Tunnel lebend verlassen darf, signalisieren die Vereinigten Staaten zunehmend Ungeduld.
Nach Informationen aus israelischen Regierungskreisen drängen amerikanische Diplomaten darauf, eine „humanitäre Lösung“ zu finden – ein diplomatisches Synonym für freien Abzug. Mehrere hochrangige israelische Beamte bestätigten gegenüber The Jerusalem Post, dass Washington nach der Rückgabe der Leiche des gefallenen Offiziers Hadar Goldin die „Bedingungen für eine Lösung“ schaffen wolle.
Ein israelischer Regierungsvertreter formulierte es offen: „Nach außen hin erklärt jeder, dass Israel den Terroristen keinen freien Weg gewährt – aber hinter verschlossenen Türen weiß man: Wenn der Druck aus Washington groß genug wird, wird man nachgeben müssen.“
Diese Einschätzung deckt sich mit Äußerungen amerikanischer Offizieller, die in den letzten Tagen deutlich gemacht haben, dass sie eine rasche Beendigung der Situation in Rafah wünschen. „Wir glauben, dass diese Kämpfer nach der Übergabe Goldins freies Geleit erhalten sollten“, zitierte ein US-Medium einen Regierungsvertreter.
Für Israel bedeutet diese Position ein gefährliches politisches Dilemma. Nach Jahren des Krieges gegen die Hamas, nach Tausenden Opfern und der systematischen Zerstörung des Tunnelsystems, wäre ein „sicherer Abzug“ für Terroristen nicht nur ein moralischer Widerspruch, sondern auch ein Rückschlag für die Abschreckungskraft des Landes.
Netanjahu weiß, dass er innenpolitisch keine Zugeständnisse machen kann, ohne massiven Widerstand zu riskieren – sowohl aus der Koalition als auch aus der Armee. Gleichzeitig hat Israel seit dem Ende der direkten Kämpfe in Gaza ein starkes Interesse daran, die strategische Allianz mit den USA zu bewahren, die als Garantin des Waffenstillstands und der künftigen regionalen Stabilität gilt.
Die Rolle Kushners ist dabei alles andere als symbolisch. Als Architekt der „Abraham-Abkommen“ und enger Vertrauter Trumps pflegt er seit Jahren direkte Kommunikationskanäle sowohl zu Jerusalem als auch zu arabischen Hauptstädten. Sein erneutes Auftreten in der Region signalisiert, dass Washington – trotz inneramerikanischer Debatten – eine klare Linie verfolgt: den Gaza-Krieg politisch beenden, bevor er sich erneut entzündet.
Doch in Israel wächst die Skepsis, ob dieser Kurs realistisch ist. „Es gibt keine humanitäre Lösung für Terror“, sagte ein ranghoher Offizier im Verteidigungsministerium. „Wer diesen Leuten den Weg freimacht, sendet eine Botschaft an jede Terrororganisation der Welt: Versteckt euch lange genug, und ihr werdet am Ende freigelassen.“
Ob Netanjahu dieser Logik standhält, wird sich in den kommenden Tagen zeigen. Kushners Gespräche sind Teil eines größeren amerikanischen Plans, der sowohl Ägypten als auch die Türkei in die Nachkriegsordnung von Gaza einbinden soll – ein Schritt, der in Israel auf entschiedenen Widerstand stößt.
Hinter verschlossenen Türen steht Netanjahu damit vor einer doppelten Herausforderung: die amerikanische Loyalität zu bewahren, ohne israelische Prinzipien preiszugeben. Der Ausgang dieser Gespräche wird nicht nur über die Zukunft der Hamas-Terroristen in Rafah entscheiden, sondern auch über das Verhältnis zwischen Jerusalem und Washington – und über das Bild Israels als Staat, der trotz internationaler Isolation auf seinem moralischen Fundament beharrt.
Autor: Redaktion
Bild Quelle: GPO
Montag, 10 November 2025