Syrischer Präsident al-Sharaa bestätigt direkte Verhandlungen mit Israel – fordert Rückzug auf „Grenzen vom 8. Dezember“Syrischer Präsident al-Sharaa bestätigt direkte Verhandlungen mit Israel – fordert Rückzug auf „Grenzen vom 8. Dezember“
In einem aufsehenerregenden Interview mit der Washington Post erklärte Syriens Präsident Ahmed al-Sharaa, seine Regierung führe derzeit „direkte Verhandlungen“ mit Israel. Er betonte, dass ein Abkommen „in greifbarer Nähe“ sei – allerdings nur unter der Bedingung, dass Israel „zu den Grenzen vom 8. Dezember“ zurückkehre.
Mit diesem Datum bezieht sich al-Sharaa auf den Tag, an dem das Assad-Regime gestürzt wurde und Israel anschließend gezielte Luftangriffe gegen syrische Waffendepots und militärische Anlagen begann. Diese Operationen dienten laut Jerusalem dem Ziel, chemische Waffen, Raketenarsenale und Luftwaffenstützpunkte zu zerstören, die von den verbliebenen Assad-Truppen oder iranischen Milizen hätten übernommen werden können.
Neue syrische Linie – und amerikanische Unterstützung
Das Interview fiel in eine Phase intensiver diplomatischer Bewegung. Die USA versuchen derzeit, ein Sicherheitsabkommen zwischen Israel und Syrien zu vermitteln. Nach Angaben aus Damaskus sollen noch vor Jahresende mehrere militärische und sicherheitspolitische Vereinbarungen unterzeichnet werden – unabhängig davon, ob Syrien sich künftig den Abraham-Abkommen anschließt.
Al-Sharaa deutete an, dass US-Präsident Donald Trump diese Gespräche aktiv unterstütze. „Der Präsident der Vereinigten Staaten steht hinter uns. Er will, dass wir so schnell wie möglich eine Lösung finden“, sagte er. Nur wenige Tage zuvor war Sharaa im Weißen Haus empfangen worden – ein symbolischer Höhepunkt seiner neuen außenpolitischen Strategie, die auf internationale Anerkennung und die Stabilisierung Syriens nach Jahren des Krieges zielt.
Distanzierung von Iran und Hisbollah
In dem Gespräch hob der syrische Präsident hervor, dass er sich von Teheran und der libanesischen Hisbollah abgewandt habe – ein entscheidender Schritt, um Vertrauen in Jerusalem und Washington zu gewinnen. „Wir waren es, die die iranischen Milizen und die Hisbollah aus Syrien vertrieben haben“, betonte Sharaa. Zugleich warf er Israel „expansionistische Ambitionen“ vor und kritisierte die israelische Sicherheitszone im Süden des Landes: „Wenn sie den Süden besetzen, um den Golan zu schützen – werden sie dann in ein paar Jahren das Zentrum Syriens besetzen, um den Süden zu schützen?“
Kein Verzicht auf Souveränität
Auf die Frage nach einer möglichen Demilitarisierung Südsyriens antwortete Sharaa, die territoriale Kontrolle müsse in syrischer Hand bleiben. „Wer würde verhindern, dass Rebellen Israel angreifen, wenn keine syrischen Streitkräfte dort sind?“, fragte er. Damit machte er klar, dass Syrien zwar zu Kompromissen bereit sei, aber keine Einmischung in seine innere Sicherheit dulden werde.
Minderheiten und Wiederaufbau
Al-Sharaa wies Vorwürfe zurück, sein Regime unterdrücke religiöse Minderheiten. „In Syrien leben wir seit 1.400 Jahren in Koexistenz. Wir haben diese Vielfalt bewahrt und werden sie weiterhin bewahren“, sagte er. Den gegenwärtigen Zustand seines Landes verglich er mit den Jahren nach dem US-Bürgerkrieg: „Auch dort kehrte die Stabilität nicht nach einem Jahr zurück. Wir sind im Wiederaufbau, es gibt viele Probleme, aber es ist nicht das Ende der Geschichte.“
Zwischen Hoffnung und Skepsis
Al-Sharaas Aussagen markieren den deutlichsten Versuch seit dem Sturz Assads, eine diplomatische Öffnung gegenüber Israel zu wagen. Während in Washington von einem „historischen Moment“ gesprochen wird, herrscht in Jerusalem Zurückhaltung: Israel will konkrete Sicherheitsgarantien sehen, bevor über Rückzugsforderungen verhandelt wird.
Der syrische Präsident versucht, sich als moderater Nationalist zu präsentieren, der Syrien aus der Isolation führt. Ob ihm das gelingt, hängt nun nicht nur von Trump und Netanyahu ab – sondern davon, ob er tatsächlich hält, was er verspricht: ein Syrien ohne iranischen Einfluss und mit dem Willen zum Frieden.
Autor: Redaktion
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Donnerstag, 13 November 2025