Syrien öffnet sich den USA – aber nicht Israel

Syrien öffnet sich den USA – aber nicht Israel


Nach seinem historischen Besuch im Weißen Haus hat Syriens Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa unmissverständlich klargemacht, dass er derzeit keine Normalisierung mit Israel anstrebt.

Syrien öffnet sich den USA – aber nicht Israel

Während US-Präsident Donald Trump ihn als „Führer mit der Kraft, Syrien erfolgreich zu machen“ lobte, zeigte sich der neue Machthaber entschlossen, den politischen Kurs seines Landes nur schrittweise zu ändern – und dabei die Golanhöhen zum Prüfstein seiner Außenpolitik zu machen.

Eine überraschende Annäherung an Washington

Der Empfang al-Scharaas in Washington ist ein diplomatisches Novum. Nie zuvor hatte ein syrischer Staatschef das Weiße Haus betreten. Nach Jahrzehnten der Feindschaft und Sanktionen versucht die Trump-Regierung, Syrien wieder in die westliche Ordnung einzubinden. Als Zeichen des Entgegenkommens wurden die US-Sanktionen gegen Damaskus um weitere sechs Monate ausgesetzt.

Zudem trat Syrien der von den USA geführten internationalen Koalition gegen den sogenannten Islamischen Staat bei – allerdings nur auf politischer Ebene. Laut Informationsminister Hamza al-Mustafa habe Damaskus „eine politische Kooperationsvereinbarung“ unterzeichnet, die „keine militärischen Komponenten“ enthalte. Es ist der erste Schritt einer vorsichtigen Öffnung, die zeigen soll: Syrien will Stabilität, aber keine totale Unterordnung.

Al-Scharaa bleibt hart gegenüber Israel

Im Interview mit Fox News machte al-Scharaa deutlich, dass seine Regierung keine direkten Verhandlungen mit Israel führen werde – zumindest nicht, solange die Golanhöhen unter israelischer Kontrolle bleiben. „Syrien hat eine Grenze zu Israel, und Israel besetzt seit 1967 syrisches Territorium. Unter diesen Umständen gibt es keine Grundlage für Gespräche“, sagte er.

Zugleich zeigte er sich offen für US-Vermittlung. Präsident Trump, der bereits 2020 die Abraham-Abkommen zwischen Israel und mehreren arabischen Staaten initiiert hatte, hatte gehofft, auch Syrien zu einer Normalisierung zu bewegen. Doch al-Scharaa stellte klar: „Unsere Bedingungen sind andere als die der Golfstaaten. Wir leben direkt neben Israel – und wir haben Krieg erlebt.“

Vom Dschihadisten zum Partner Washingtons

Die Biografie al-Scharaas macht den Kurswechsel umso erstaunlicher. Noch vor einem Jahr galt er als Terrorist auf US-Fahndungslisten. Als Anführer der radikalislamischen Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) führte er den Kampf gegen das Assad-Regime – und zeitweise gegen amerikanische Truppen im Irak. Im Dezember 2024 gelang es ihm, mit Unterstützung einer Rebellenallianz die jahrzehntelange Herrschaft der Assad-Familie zu beenden.

Seit Anfang 2025 regiert al-Scharaa als Übergangspräsident. Seine Regierung bemüht sich, Syrien politisch zu stabilisieren, internationale Anerkennung zu gewinnen und den Einfluss des Iran zu begrenzen – ein Ziel, das Washington ausdrücklich unterstützt.

Washingtons strategische Interessen

Die USA verfolgen mit der vorsichtigen Annäherung an Damaskus ein klares Ziel: den iranischen Einfluss in Syrien und damit entlang Israels Nordgrenze zurückzudrängen. Unter Assad war Syrien ein fester Bestandteil der iranischen Achse, die über den Libanon bis zum Mittelmeer reichte. Die neue Übergangsregierung unter al-Scharaa könnte – trotz ihres islamistischen Hintergrunds – eine Brücke zur Eindämmung Teherans werden.

Trump betonte nach dem Treffen, Syrien solle „ein stabiles, sicheres Land werden, das die Region nicht länger destabilisiert“. Dafür stellte Washington wirtschaftliche Hilfen und technische Kooperation in Aussicht.

Zwischen Hoffnung und Misstrauen

Die internationale Gemeinschaft beobachtet die Entwicklungen mit gemischten Gefühlen. Einerseits scheint Syrien nach Jahren des Bürgerkriegs einen politischen Neuanfang zu wagen. Andererseits sind die Machtstrukturen im Land noch fragil, und die Loyalität vieler Milizen ungewiss. Menschenrechtsorganisationen warnen, dass al-Scharaas Übergangsregierung bisher wenig unternommen habe, um Minderheiten zu schützen oder rechtliche Reformen einzuleiten.

In Israel verfolgt man die Entwicklungen mit Skepsis. Jerusalem befürchtet, dass der neue syrische Machthaber die Annäherung an die USA taktisch nutzt, um internationale Legitimität zu gewinnen, ohne die Feindseligkeit gegenüber Israel tatsächlich aufzugeben. Israels Regierung bleibt überzeugt, dass militärische Präsenz in der Pufferzone an den Golanhöhen notwendig ist, solange Damaskus nicht klar Frieden anstrebt.

Al-Scharaa selbst scheint sich dieser Realität bewusst zu sein. Seine Worte gegenüber Washington – „Wir müssen mit den USA eine Vereinbarung über den IS treffen“ – zeigen, dass er den Kampf gegen Terrorismus zur diplomatischen Währung macht. Doch solange er Israels Existenz nicht anerkennt, bleibt jede Vision eines echten Friedens in weiter Ferne.


Autor: Redaktion
Bild Quelle: By US Government and Syrian Government - [https://sana.sy/es/local/2277759/, Public Domain, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=178299734


Samstag, 15 November 2025

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